BNE und Change Management

Bildung für nachhaltige Entwicklung in Zeiten von Lehrermangel und Coronakrise scheint schon fast eine Provokation. Was denn noch alles? Für den BLLV bleibt es dennoch ein Topthema, denn unser Planet wird nicht beachtet. Die Frage ist nur, wie gelingt es, Bildung für nachhaltige Entwicklung in unseren Schulen tatsächlich auch umzusetzen?

Die Coronakrise hat gezeigt, dass gesellschaftliche Veränderungen schneller und radikaler möglich sind als wir uns vorstellen konnten, wenn die Bedrohung nur groß genug ist. Und sie hat gezeigt, dass Schulen in Krisensituationen mancher Unkenrufe zum Trotz sehr flexibel arbeiten können und kreativ mit noch vor kurzer Zeit undenkbaren Herausforderungen fertig werden. Dahinter steht größtes Engagement der Lehrerinnen und Lehrer und ein starkes Gefühl der Verantwortung gegenüber unserer Gesellschaft.

Und dennoch erleben wir immer wieder die Diskrepanz zwischen der Einsicht in die Notwendigkeit von Veränderung und  tatsächlichem Handeln. Besonders gravierend ist das in der Frage der Klimaerwärmung und den Fragen nachhaltiger Entwicklung. Wenn Schulen sich auf den Weg machen, Bildung für nachhaltige Entwicklung ernst zu nehmen und in der Praxis umzusetzen, tauchen zahllose Probleme auf und regen sich viele Widerstände. In diesem Sinne scheitern immer wieder viele wohlgemeinte politische Initiativen. Warum das so ist und wie man dies im Kontext der Schule überwinden kann, schildert Susanne Seefried in folgendem Artikel.

Warum nachhaltiges Denken und Handeln immer mit (Organisations-)Psychologie zu tun hat

von Susanne Seefried

Die folgende stichpunktartige Zusammenfassung zentraler Aspekte psychologischer Hintergründe, die zur erfolgreichen Umsetzung von BNE an Schulen Berücksichtigung finden sollten, kann lediglich eine erste Orientierung bei der Implementierung neuer Strukturen und Prozesse geben.

  • Wenn etwas trotz vieler Anstrengungen nicht gut genug funktioniert und passt - dann höre damit auf und versuche etwas anderes!
  • Repariere nicht, was nicht kaputt ist!
  • Finde heraus, was gut funktioniert und passt - und tu mehr davon

    Grundprinzipien der Lösungsfokussierung nach Steve de Shazer

Es ist immens wichtig, bei aller Begeisterung für BNE und die zeitnahe Umsetzung von kreativen Ideen nicht zu vergessen, dass Schule als Organisation ebenso wie die Menschen, die in ihr arbeiten, stets und weiterhin bestimmten psychologischen „Gesetzen“ unterworfen sind: Systeme sind häufig träge, Menschen sind Gewohnheitstiere – um nur vorab einen grundsätzlichen psychologischen Erfahrungswert zu benennen, der auch gut wissenschaftlich erforscht ist. Nur wenn wir fundierte Erkenntnisse aus der (Organisations-)Psychologie berücksichtigen, anstatt uns von reinem Enthusiasmus und Sorge um den Planeten lenken zu lassen, haben wir gute Chancen, nicht die Fehler zu begehen, die in so vielen Change-Management-Prozessen vorher schon anderen passiert sind.

1. Die Notwendigkeit, bewährte Konstrukte aus dem Change Management auch in Schulen zu berücksichtigen

BNE ermöglicht es allen Menschen, die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt und nachfolgende Generationen zu verstehen und verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen.

Change-Management ist die systematische Planung, Steuerung und Kontrolle von Veränderungen in Organisationen. Neben formalen Aspekten der Planung berücksichtigen Change-Management-Prozesse zunehmend "weiche" Faktoren der Veränderung (Verbesserung interner Kommunikation, Umgang mit Widerständen, Steigerung der Motivation etc.) http://www.wirtschaftslexikon24.com/d/change-management/change-management.htm (Stand: 24.05.2020) .Wenn BNE in Schulen stattfinden soll, dann müssen wir jede einzelne Schule wie ein kleines Unternehmen ansehen, das sich einem Wandel unterziehen will (oder soll). Dabei ist es wichtig, zwischen „will“ oder „soll“ zu unterscheiden, denn Menschen wandeln sich deutlich lieber, wenn sie für sich selbst die Notwendigkeit des Wandels verstanden haben, als wenn ihnen Wandel quasi „von oben verordnet“ wird. Um allerdings die „Mitarbeiter“ einer Schule dort abzuholen, wo sie sich gerade befinden, muss eine Führungskraft/der Schulleiter entsprechende Kompetenzen haben bzw. diese erwerben. Sinnvoll ist es auch, sich entsprechende Experten ins (Schul-)Haus zu holen, die den Prozess ggf. begleiten können.

Der Schulleitung kommt beim Wandel zu einer nachhaltigen Schule wesentliche Bedeutung zu, doch alleine kann die SL einen solchen Veränderungsprozess nicht bewältigen. Den Entwicklungsprozess hin zu einer veränderten Schulkultur wird eine sog. Steuergruppe übernehmen, welche die Infrastruktur für Veränderung bietet und die Projekte/Prozesse leitet. Auch die Dokumentation erfolgt über die Steuergruppe. Voraussetzungen für die Arbeit von Steuergruppen sind nach Rolff (Rolff, Hans-Günter: „Steuergruppen und interne Begleitung“, in: Claus G. Buhren; Hans-Günter Rolff (Hrsg.): Handbuch Schulentwicklung und Schulentwicklungsberatung, 2. neu ausgestattete Auflage, Weinheim 2018).

  • Klare Definition des Auftrags des Kollegiums
  • Freiwilligkeit der Mitarbeit
  • Repräsentanz der wichtigsten Gruppierungen (auch Schüler- und Elternvertreter; bei der Wahl der Lehrkräfte auf ein gutes Mischungsverhältnis achten, auch Skeptiker und Aktivisten miteinbeziehen; Schulleitung
  • Transparenz der Arbeit gegenüber dem Kollegium und anderen beteiligten Gruppen
  • Übernahme von Verantwortung durch alle Beteiligten geklärtes Verhältnis zur Schulleitung

Um Veränderung erfolgreich zu initiieren und zu begleiten, sollte das „Pinguin-Prinzip“ (Phasenmodell der Gefühle und Sechs Gelingensfaktoren beschrieben in: Kantelberg, Katja/Speidel, Valentina: Change-Management an Schulen. Erfolgreich führen in Veränderungsprozessen. Köln, 2017) in change-management-Prozessen von den oben genannten Führungskräften berücksichtigt werden:

  • Gefühl der Dringlichkeit erzeugen (z.B. Bedeutung unserer Arbeit für die Nachhaltigkeitsbildung unterstreichen, unseren Einfluss auf das Verhalten zukünftiger Generationen hervorheben, etc. à verschiedene Strategien denkbar)
  • Koalitionen schaffen (z.B. in der Steuergruppe für klare Aufgabenverteilung sorgen; Personen einbeziehen, an die man vielleicht im ersten Moment nicht gleich gedacht hat, wie z.B. Schülersprecher)
  • Klare Visionen entwickeln (z.B. Erarbeiten eines klaren Schulprofils „Wir denken nicht nur nachhaltig, wir handeln auch entsprechend.“)
  • die Vision (mit-)teilen (z.B. in einer Lehrerkonferenz anhand von Metaphern und Bildern, ggf. auch von Schülern gestaltet, die sich z.B. mit Fridays-for-future einsetzen und die Veränderung in der Schule unbedingt mittragen wollen)
  • Menschen zum Entfernen von Hindernissen bevollmächtigen (Ressourcen freimachen, z.B. Stundenpläne der Steuergruppen aufeinander abstimmen lassen, Anrechnungsstunden vergeben, etc.)
  • kurzfristige „Gewinne“ der Veränderung sichern (Erfolge klar operationalisieren und ihr Eintreten realistisch machen, d.h. z.B. ein erstes kleines Projekt angehen, das mit Sicherheit einen Erfolg einbringen wird)
  • Konsolidieren und weitermachen (in jeder Lehrerkonferenz und bei jedem Treffen mit bestimmten Gremien sollte der Punkt „Status unseres Schulentwicklungsprozesses ‚nachhaltige Schule’“ auf der Agenda stehen)
  • Änderung festigen (Zwischenerfolge feiern und damit dafür sorgen, dass die Motivation, weiterzumachen, auch wirklich erhalten bleibt)
  • Führungspersonal und allen, die sich in das Wagnis von langfristigen (!) Veränderungsprozessen begeben, muss klar sein, dass die Emotionen der am Wandel Beteiligten nicht einfach vernachlässigt werden dürfen. Typischerweise durchlaufen Menschen, die mit einem Wandel konfrontiert sind, folgende Phasen:
  • Sorge („Was kommt da auf mich zu?“, „Soll ich jetzt etwa auch noch Umwelterziehung mit den Kindern machen?“, „Bedeutet das noch mehr Arbeit für mich?“)
  • Schock (über reale Veränderungen der Gegebenheiten, die dann von mir verlangt werden; Angst des Nicht-Zurechtkommens)
  • Verneinung (das „Früher“ wird beschönigt und Gründe für die Ablehnung werden gesucht)
  • rationale und emotionale Akzeptanz (Erkenntnis, dass man die Veränderung akzeptieren muss)
  • Frustration und Trauer (wenn klar ist, dass die Veränderung nicht verhindert werden kann)
  • Öffnung (es nimmt der Gedanke Überhand, dass der Prozess womöglich positive Konsequenzen haben könnte; Neugier und vielleicht sogar Enthusiasmus bezüglich der eigenen Möglichkeiten machen sich breit)
  • Integration/Selbstvertrauen (die Veränderung wurde verinnerlicht und zur Routine, die neu erworbenen Kompetenzen werden bewusst genutzt)

Es braucht Menschen mit Wissen und Können im Bereich des Leaderships, die verstehen, wie Wandel funktioniert und wie sie diesen erfolgreich lenken können.

 

Um dem Klimawandel und den daraus resultierenden Folgen Einhalt zu gebieten, muss jetzt ein grundlegendes Umdenken stattfinden, das mit dem Einsatz von change-management-Experten (oder denen, die es werden wollen...) einhergeht. Dazu ist gegebenenfalls auch Hilfe von außen notwendig, da viele Schulleiter in diesem Bereich keine oder nur wenige Kenntnisse haben bzw. selbst mit einem größeren Veränderungsprozess allein gelassen werden.

Es braucht dabei verschiedene Rollen im Prozess, die von Mitarbeitern in der Regel genannt werden, damit sie „im Boot“ bleiben: Ziel- und Aufgabenmanager, Visionär, Problemlöser, Coach und authentisches Vorbild.

Es ist natürlich unumgänglich, darüber nachzudenken, dass Menschen mit Führungsqualitäten in einem Prozess über ein hohes Maß an emotionaler Intelligenz verfügen müssen.

Change management beschäftigt sich aber nicht nur mit den Faktoren, die für ein Gelingen von Wandel hilfreich und notwendig sind, sondern gerade auch mit den Widerständen, die Wandel unmöglich machen:

  • Generelles Ablehnen des zunächst Fremden, z.B. wenn Wandel von neuen Personen oder Personen mit neuen Ideen in Erscheinung treten.
  • Reaktanz, d.h. der generelle Hang von Menschen, auf Freiheitseinschränkungen mit Widerstand zu reagieren, z.B. wenn neue Prinzipien von BNE als Beschränkung verstanden werden, nicht als großartige neue Möglichkeit.
  • Kommunikative Missverständnisse bei der Vermittlung neuer Thesen oder Ideen (vgl. Vier-Seiten-Modell der Kommunikation nach Schulz von Thun).
  • Viele weitere Formen von Widerstand auf individuell menschlicher Ebene wie Trägheit, Unwissen, schlechte Erfahrungen, etc.

Widerstände an sich wären noch nichts Schlimmes, wenn man offen und ehrlich damit umgehen würde; leider passiert dies oft nicht und die Widerstände formieren sich dann „passiv“ und verhindern häufig den Erfolg jedes Projekts.

Es braucht in jedem Moment des Wandels erfolgreiche Kommunikation, um so Widerstände zu vermeiden oder zu überwinden.

Alle Beteiligten müssen mit einbezogen werden in den Prozess des Wandels, d.h. Partizipation ist unbedingt erwünscht.

Es existieren verschiedene Gelingensmodelle zur Steuerung von Veränderungsprozessen, z.B. das Modell der Sechs Gelingensfaktoren:

  • Wertschätzung (z.B. vorhandener Potentiale und vorhandener Chancen durch die Mitglieder der SL/der Steuergruppe)
  • Commitment (alle müssen sich mit dem Vorhaben auseinandersetzen und es sich zu eigen machen, niemand darf vergessen werden)
  • Reflexion (Prozesse verlaufen niemals geradlinig, d.h. man probiert aus, geht neue Wege, erlebt Erfolge, aber macht auch Fehler)
  • Kommunikation (mit all ihren Facetten, z.B. wann, wie, wer mit wem, etc.)
  • Beteiligung (weil Veränderung ein kollektiver Problemlösungsprozess ist)
  • Struktur (als Grundlage für jedes Entwicklungsvorhaben)

Es ist ein Trugschluss, zu glauben, BNE an Schulen könnte allein dadurch erfolgreich sein, dass sich ein paar engagierte „Ökos“ zusammentun und „ein nettes Projekt zum Umweltschutz“ machen. Change management ist ein komplexer Prozess, für den es Experten, gute Leader und jede Menge (auch humane) Ressourcen braucht. Hieraus ist auch erklärbar, warum an sich schöne Projekte an Schulen keine langfristigen Folgen gezeitigt haben.

2. BNE und die Notwendigkeit, sich mit motivationalen Prozessen und daraus resultierenden Schwierigkeiten auseinanderzusetzen

Für Menschen generell ist die Gegenwart bedeutsamer als die Zukunft (durch Gehirnscans auch nachgewiesen), weshalb sie auch weniger motiviert sind, Dinge zu tun, von denen sie erst in der Zukunft profitieren können. Eine Belohnung später ist weniger wertvoll als eine Belohnung im Hier und Jetzt.

Menschen gehen davon aus, dass globale Veränderungen sie selbst nicht negativ treffen werden bzw. dass andere deutlicher getroffen werden, kurz: Sie sind in Bezug auf ihr eigenes Leben optimistischer als in Bezug auf das der anderen (sog. unrealistischer Optimismus.“

Ähnlich wie bei Verkehrsunfällen gehen Menschen im Sinne des „Zuschauereffektes“ davon aus, dass sie selbst nicht Ersthelfer sein müssen: Auch beim Klimawandel wird schon jemand anders die Gefahr abwenden (z.B. Politiker oder Wirtschaftsgrößen).

Ob Menschen selbst handeln oder nicht, das hängt auch stark von der Bezugsgruppe bzw. dem sozialen Umfeld ab. Es erfolgt eine starke Orientierung an der Peer Group, die sogar in eine Art Gruppenzwang übergehen kann. Das Motto lautet: Lieber gruppenkonform verhalten als anecken.

Was kann man also tun?

  • Soziale Normen ändern, damit sich Menschen in Zukunft an „besseren“ Normen orientieren.
  • Die Politik kann verändertes Verhalten belohnen, das klimafreundliche Verhalten muss mit Erleichterungen einhergehen.
  • Es muss Vorbilder geben, die ein Lernen am Modell erlauben.
  • Menschen müssen ein Gefühl von kollektiver Wirksamkeit entwickeln, d.h. daran glauben, dass sie selbst etwas verändern können. Leider sieht man die unmittelbare Wirkung von z.B. dem Verzicht auf Flugreisen nicht, was demotivierend wirken kann. Da kann es hilfreich sein, sich Gruppen anzuschließen, die das Gefühl der Wirksamkeit erhöhen (Beispiel:…

3. BNE und die Notwendigkeit zu verstehen, wie sich Menschen in Krisen verhalten (vgl. auch Corona-Krise)

  1. VERLEUGNUNG ODER ABLEHNUNG
    Sie ignorieren die Gefahr und blenden sie einfach aus.
     
  2. ÜBERLEGEN UND ZÖGERN
    Sie versuchen sie zuerst einmal zu verstehen, um die richtige Lösung zu finden – und schieben Entscheidungen auf.
     
  3. OPERATIVE HEKTIK:
    Sie probieren Lösungen aus, ändern die Meinungen und Orientierung.
     
  4. SIMPLIZIFIEREN:
    Sie konzentrieren sich auf einzelne Faktoren der Krisen-Situation – und übersehen Wesentliches.
     
  5. MUSTERTRANSFER:
    Sie bewerten die Krisen-Situation emotional (Emotionale Intelligenz) und suchen nach Bewertungs-und Verhaltensmustern aus ihrer Erfahrung, die sie anwenden können.

4. BNE und die Notwendigkeit, Empathie als Grundlage des aktuellen und zukünftigen menschlichen Miteinanders zu sehen

BNE ermöglicht es allen Menschen, die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt und nachfolgende Generationen auch emotional (!) zu verstehen und verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen.

Meines Erachtens ist damit BNE ein Synonym für „Welt-Empathie“: Kognitive, emotionale und soziale Empathie, d.h. die Fähigkeit, sich sowohl verstandes- als auch gefühlsmäßig in andere Menschen, aber auch ganze Gruppen hineinzuversetzen und ihre Gefühle und Bedürfnisse nachempfinden zu können. à Bisher: „Klassische“ Empathie: Wenn ich mich lediglich in eine aktuelle Situation eines Menschen einfinden muss, z.B. Bilder von hungernden Kindern in Afrika sehe und dann wird bei mir Empathie ausgelöst, d.h. über etwas, das aktuell tatsächlich gerade irgendwo auf der Welt geschieht oder das ich mir aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen (Bilder, Berichte, etc. sowie Wissen, was „Hunger“ bedeutet) zumindest größtenteils vorstellen und nachfühlen kann.

ABER: Wenn wir BNE nachhaltig in die Köpfe und Herzen der Menschen bringen wollen, müssen wir zunächst überprüfen, ob die Menschen überhaupt in der Lage sind, Empathie für zukünftige Generationen (zeitliche Dimension von Empathie!) aufzubringen. Das erfordert viel mehr Übung und Schwingungsfähigkeit.

UND: Wenn wir dann auch noch schaffen wollen, dass Menschen sich in Tiere, Bäume, Blumen, etc. hineinversetzen („über-menschliche“ Dimension) können, dann ist das ein großer Kraftakt!

Empathie erfordert Mut und Wollen, Empathie ist in den meisten Fällen nicht sehr bequem, zumindest nicht für uns Erwachsene.

Anders ist es (zum Glück!!!) bei Kindern: Die meisten Kinder bringen die grundsätzliche Fähigkeit zu Empathie mit auf diese Welt. Ob es dazu wissenschaftliche Studien gibt, das weiß ich nicht. Jedenfalls habe ich bisher lediglich sehr traumatisierte Kinder erlebt, die aufgrund ihrer eigenen schmerzlichen Erfahrungen nicht mehr in der Lage waren, Empathie mit anderen zu empfinden. Kinder fühlen normalerweise mit allem mit – sie umarmen Bäume und sorgen sich um einen Käfer, der nicht mehr aus der Wohnung findet. Sie finden es erschreckend, wenn sie zum ersten Mal hören, dass in Versuchslaboren Mäuse gequält und Affen eingesperrt sind. Kindern muss man nicht erklären, dass das für diese Tiere schrecklich sein muss. Wir Erwachsenen rechtfertigen das alles mit „Es ist notwendig, damit die Forschung vorangetrieben werden kann.“ Das alles mag ja so sein. Aber wir drücken dann auch oft weg, dass wir auch mal in der Lage waren, das Leid der Tiere noch zu fühlen.

Empathie ist für uns Erwachsene häufig anstrengend und die daraus resultierenden Emotionen schwer auszuhalten; wir müssten nämlich zugeben, dass wir im hier und jetzt bereits Verbrechen an zukünftigen Generationen begehen.

BNE hat also mit Empathie zu tun und mit der Selbsterkenntnis, dass wir uns heute gegenüber späteren Generationen (Menschen, Tieren, Pflanzen etc.) ethisch und moralisch nicht richtig verhalten, denn wenn wir über unser Verhalten länger nachdenken (kognitive Empathie) und dann hinfühlen (emotionale Empathie), erst dann wird uns klar, dass wir Schmerz empfinden (sollten).

Unsere aktuelle Konsumgesellschaft mit ihren vielen narzisstischen Facetten hat viele von uns jedoch abgestumpft; der Leistungsgedanke regiert die Welt.

Kurz: Wir müssen uns selbst als Erwachsene wieder rückbesinnen auf die gesunde und ehrliche Wahrnehmung von Gefühlen. Und in der Folge ist es notwendig, dass wir aus dieser Empathie heraus entsprechende Handlungen ableiten. Empathie ohne Handeln ist wie eine Motivation ohne daraus resultierende Handlung. Wenn ich also behaupte, ich empfände Empathie, tue dann aber nichts, dann ist das meines Erachtens keine wirkliche Empathie, bestenfalls kognitive Empathie, bei der ich stets immer noch das eigene Ego und womöglich die eigene Bequemlichkeit in den Vordergrund stelle.

Positive Seite: Wenn Kinder natürlicherweise Empathie mitbringen und diese von Anfang an auch gefordert und gefördert wird, weil diese Kindern vorgelebt und Kinder ausreichend „gesehen“ werden, dann sollten wir dieses Konzept von Kindesbeinen an fördern. Was bringt es, wenn die GS-Lehrer diese Fähigkeiten bei Kindern durch Lernen mit allen Sinnen fördern, mit Kindern in den Wald gehen, sie zum ganzheitlichen Lernen animieren, wenn dann am GYM langfristig häufig bestenfalls die kognitive Empathie gefördert wird? à Wir könnten aus jungen Kindern empathiefähige Erwachsene machen, die dann ihr Handeln auch moralisch hinterfragen, weil sie mit anderen mitfühlen können...

Absolute Notwendigkeit der Förderung von Empathie in allen Schularten bis ins Erwachsenenalter!

Lauer, Thomas: Change Management: Grundlagen und Erfolgsfaktoren. Heidelberg, 2010.