Eine menschenleere Straßen in Ayacucho
Eine menschenleere Straßen in Ayacucho
Hilferuf aus Peru Startseite

Das BLLV-Kinderhaus in Zeiten von Corona

"Man hört keine Kinder mehr. Das ist dann die traurigste Stille, die man sich vorstellen kann", schreibt Mariela Molinari vom Kinderhaus in Ayacucho in ihrem Brief an den BLLV.

Liebe Freunde in Deutschland,

leider erleben wir hier in Peru in der Coronakrise ganz furchtbare Zeiten. Wir sind eine geteilte Gesellschaft. Viele bedürftige und arme Menschen in Peru finden sich in blanker Verzweiflung. Es fehlt überall: Ärzte, Krankenhäuser, Essen, Hilfe für die Schulen. Über 45 Tage wütet die Pandemie nun hier. Es herrscht Ausnahmezustand in unserem Land. Von abends 6:00 Uhr bis morgens 6:00 Uhr gilt Ausgehverbot. Aber auch darüber hinaus sind die Straßen wie leergefegt. Verstöße werden von der Polizei und dem Militär drastisch bestraft. Es herrscht in vielen Teilen des Landes Angst und es kommt die Erinnerung an den Bürgerkrieg auf, da überall Militär präsent ist.

Für die arme Bevölkerung Perus ist es ein furchtbarer Zustand. Viele sind wegen der Fehl- und Mangelernährung physisch geschwächt und besonders anfällig. Viele leider unter chronischen Erkrankungen und können sich keinerlei ärztliche Behandlung leisten. Die Lebensumstände in den Elendsvierteln sind kaum vorstellbar. An Hygiene ist gar nicht zu denken, wenn es kein fließendes Wasser und keine funktionierende Kanalisation gibt.

Familien auf der Flucht vor dem Hunger

Viele Tausende von Menschen in Lima und anderen großen Städten haben sich auf tagelange Fußmärsche auf Straßen und Autobahnen zurück in ihre Dörfer begeben, in der Hoffnung, dort Hilfe zu finden. Öffentliche Transportmittel dürfen nicht mehr fahren. Die Menschen schlafen an den Straßenrändern und flehen die vorbeifahrenden Autos um Hilfe an. Auch die Korruption greift wieder um sich. Essenspakete der öffentlichen Hand verschwinden in undurchsichtigen Kanälen und erreichen nie die Bedürftigen.

Die Not ist auch deshalb groß, weil die arme Bevölkerung kaum noch Möglichkeiten hat, Geld zu verdienen. Die meisten Marktstände, wenn sie nicht gerade Lebensmittel verkaufen, sind geschlossen. Ambulante Händler dürfen nicht verkaufen. Die Arbeit vieler Unternehmen ist eingestellt. Als Tagelöhner findet man keinen Auftrag mehr. Eine Folge davon ist natürlich auch die Zunahme von Gewalt. Die Kriminalität nimmt zu, die Lieferwägen mit Nahrungsmitteln für die Armen werden geplündert.

Und die Kinder und Jugendlichen? Sie leben eingesperrt. Sie dürfen nicht auf die Straße, nicht auf Spielplätze oder in die Parks. Die Schulen sind geschlossen, digitaler Unterricht bleibt ein Wunschtraum für die Kinder in Armut. Die Gewalt in den Familien nimmt zu.

Auf den Straßen ist es still geworden, das pulsierende Leben ist erloschen. Für mich ist das eine der ganz furchtbaren Erlebnisse. Man hört keine Kinder mehr. Das ist dann die traurigste Stille, die man sich vorstellen kann.

Essenspakte aus dem Kinderhaus

Unser Kinderhaus in Ayacucho ist seit sechs Wochen geschlossen. Dennoch sind wir nicht untätig. Die BLLV-Kinderhilfe hat uns 17.000 € für Soforthilfe zur Verfügung gestellt. Das ist eine erste große Hilfe. Mit diesem Geld stellen wir gerade Lebensmittelpakete für die bedürftigen Familien zusammen. Die Pakete enthalten Reis, Zucker, mehrere Flaschen Trinkwasser, Linsen, Quinoa, Öl, Bohnen, Salz und Cereal. Sie sollen für zehn Tage für eine Familie mit 4 bis 6 Personen ausreichen.

In den letzten Jahren haben wir eine detaillierte Liste mit bedürftigen Familien zusammengestellt, aus denen die Kinder, die im Kinderhaus betreut sind, stammen. Das hilft uns nun dabei, sehr zielgerecht diese Essenspakete zu verteilen. Aus Angst vor Überfällen müssen wir dies sehr vorsichtig machen. Unsere Mitarbeiter haben eine Sondergenehmigung und verteilen gleichzeitig immer nur drei bis vier Essenspakete, um nicht aufzufallen.

Darüber hinaus haben wir kurze Radioclips über Hygienemaßnahmen und Sicherheitsvorkehrungen gemacht, die wir über den lokalen Radiosender verbreiten. Unsere Bäckerei backt Brote, die wir zum Teil verkaufen und zum Teil an die bedürftigen Familien verschenken.

Liebe Freunde in Deutschland, ich weiß auch ihr habt viele Probleme, um mit dieser schwierigen Situation umzugehen. Dennoch glaube ich, dass ihr dank einer menschlichen Sozialpolitik, dank verantwortungsvoller Politiker und dank staatliche Unterstützung der Bedürftigen in dieser globalen Krise Vorbild für viele Länder seid. Leider erleben wir hier in Peru eine ganz andere Politik und eine ganz andere Realität.

Liebe Freunde in Deutschland, ich grüße euch sehr herzlich und danke Euch sehr für eure Unterstützung. Sie ist alles andere als selbstverständlich.

Herzliche Grüße.
Bitte vergesst uns nicht.


Wenn Sie helfen möchten:

BLLV-Kinderhilfe
Stadtsparkasse München
IBAN DE77 7015 0000 0907 1441 41
Verwendungszweck: Peru Essenspakete

Direkt online ist dies hier möglich: » BLLV Spendenformular

Herzlichen Dank!


Mehr zum Thema

BLLV-Kinderhilfe in Peru: Kinderhaus Casadeni

Artikel über das Kinderhaus: Das Coronavirus trifft auf eine der ärmsten Regionen der Welt



Mehr zum Thema

Themen:
Corona