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Bildung heißt: sensibel reagieren, Ängste aufgreifen, bedächtig bleiben

Eine Serie von Bombendrohungen an Schulen verunsichert Bayern. BLLV-Präsidentin Fleischmann rät zu Besonnenheit und Vertrauen in Sicherheitskräfte. Wichtig sei gute Kommunikation und keinesfalls vorschnelle Schlüsse mit Blick auf die Weltlage zu ziehen.

Wie sollen alle an Schule Beteiligten mit Bombendrohungen umgehen, die mehrfach an bayerischen Schulen eingegangen sind? Diese Frage haben Medienvertreter vielfach an den BLLV gerichtet. Präsidentin Simone Fleischmann appelliert zur Besonnenheit: „Es geht um Vertrauen in die Einsatzkräfte – wir haben eine gute Zusammenarbeit mit der Polizei vor Ort“, stellt Fleischmann gegenüber Radio Arabella klar. Es gebe für Evakuierungen ganz konkrete Handlungsleitfäden, die in Kooperation mit den Behörden erarbeitet werden, erläutert Fleischmann gegenüber Vertretern regionaler Radiostationen in Bayern. Auf deren Basis werden dann an Schulen, ähnlich wie bei Feueralarm-Übungen, eben auch Evakuierungen im Fall von Bedrohungslagen mit den Schülerinnen und Schülern geübt.

Die BLLV-Präsidentin ist sich bewusst, dass die krisengeprägte Weltlage besonders zu Ängsten führt, auch bei Eltern und Lehrkräften: "Das macht Kindern Angst, das macht auch uns Angst. Und gerade in solchen Situationen müssen wir dann zusammenstehen, mit Bedacht und in Ruhe handeln und den Kindern viel Sicherheit vermitteln", sagt Fleischmann. Sie warnt indes eindringlich davor, schnelle Schlüsse zu ziehen: „Keine Schnellschüsse, keine Rückschlüsse auf kriegerische Auseinandersetzungen auf der Welt“, appelliert die BLLV-Präsidentin, die vor allem in den sozialen Netzwerken voreilige Zusammenhänge hergestellt sieht, die nicht belegt sind. Gerade Lehrkräfte und Eltern seien jetzt gefordert, bedächtig mit Kindern und Jugendlichen umzugehen, sagt Simone Fleischmann:

Bildung bedeutet intensiven Dialog statt einfacher Hypothesen

„An uns Erwachsenen als Lehrkräften und Eltern ist es, mit den Schülerinnen und Schülern jetzt sensibel zu diskutieren. Es geht nicht darum, ganz schnell jemanden ausfindig zu machen, der Schuld ist. Wir sind in einer sehr sensiblen Situation und die muss sehr, sehr bedächtig mit Schülerinnen und Schülern besprochen werden: Ängste aufgreifen, alles diskutieren – aber sich keinesfalls hinreißen lassen zu schnellen Erklärungsmustern, die scheinbar ganz einfach sind.“

Denn das sei das Wesen von Bildung. Dies gilt es gerade jetzt, Kindern und Jugendlichen zu vermitteln, sagt Fleischmann: „Bildung heißt sensibel darauf reagieren, viele Dinge in Erwägung ziehen, sich intensiv in den Dialog begeben – und nicht einfach vermeintlich eins und eins zusammenzuzählen und zu sagen ‘Ach, das könnte doch jetzt mal so gewesen sein.‘“ Stattdessen gelte es auch im Nachgang, Fake News gemeinsam mit den Schülern als solche zu enttarnen: "Wir müssen die Kinder fragen, wie sie sich informieren. Deswegen ist es auch ganz wichtig, dass wir all die politischen Spannungen in der Welt sehr professionell in die Mitte des Unterrichts stellen, mit den Schülern reden und sagen: 'Hey, pass mal auf, was hast du gerade gesagt? Woher weißt du das? Wo hast du das gehört? Wo steht das? Kannst du dieser Quelle denn vertrauen?' Denn Lehrerin sein bedeutet eben, mit Schülerinnen und Schüler tief in Bildungsprozesse zu gehen. Das ist jetzt sehr, sehr wichtig!"

Professionell begleiten statt panisch überreagieren

Entscheidend sei dabei gerade auch die Kommunikation mit den Eltern. Die Schulen stünden hier sowohl im engen Austausch mit den Behörden und in der Folge mit Eltern. Für die Erwachsenen sei dabei vor allem eins wichtig: „Wir müssen alle miteinander Ruhe bewahren und resilient sein“, meint Simone Fleischmann. Die eigene Verunsicherung solle möglichst nicht auf die Kinder übertragen werden. „Es nützt jetzt nichts, hysterisch zu reagieren“, stellt die BLLV-Präsidentin klar. „Die Welt ist ein Stück weit aus den Fugen geraten und wir müssen da alle miteinander durch. Dabei geht es jetzt um die Professionalität der Schule und die Professionalität der Zusammenarbeit mit der Polizei vor Ort. Und da nehmen wir auch die Eltern mit.“

Dennoch gibt es Kinder, die mit solchen Situationen schwer oder gar nicht zurechtkommen. "Es ist ganz wichtig dafür zu sorgen, dass diejenigen Kinder, die große Ängste haben, durch Beratungsfachkräfte, Schulpsychologen oder Beratungslehrer individuell betreut werden", sagt Simone Fleischmann. Das gelte insbesondere für Kinder und Jugendliche, die bereits erlittene Traumata in die Schule mitbringen: "Wir haben auch Kinder an unseren Schulen, die sich beim Klang einer Sirene sehr schnell an ganz schlimme Situationen zurückerinnern, bevor sie geflüchtet sind. Das ist dann nochmal eine ganz andere Dimension von Angst bei solchen Flashbacks. Bei Kindern, die aus Kriegsgebieten geflüchtet sind, setzt das völlig andere psychische Mechanismen in Gang. Für solche Kinder brauchen wir ganz besonders viel Unterstützung", betont die BLLV-Präsidentin.

Auf die Frage, wie sie es einschätzt, wenn Eltern ihre Kinder nun vorsorglich nicht in die Schule schicken wollen, sagt Fleischmann: „Ich würde allen Eltern raten, sehr sensibel zu reagieren. Natürlich hat man Ängste. Es ist aber besser, diese mit den anderen Eltern und mit der Schule zu besprechen und dann gemeinsam zu überlegen, was jetzt zu tun ist. Ich glaube, das ist besser als in die Haltung zu verfallen: ‘Ich lasse mein Kind jetzt nicht mehr in die Welt hinaus.‘“



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