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Kampf gegen Lehrermangel auf falscher Basis Startseite
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Neue KMK-Prognose zum Lehrkräftebedarf erneut massiv schöngerechnet

158.000 Lehrkräfte fehlen bis 2035, analysiert Bildungsforscher Prof. Dr. Klaus Klemm, die KMK spricht von lediglich 24.000. Wenn das Schönrechnen nicht endlich endet, ist der Kampf gegen den Lehrermangel zum Scheitern verurteilt.

Schon im Januar 2022 hat der Verband Bildung und Erziehung (VBE), Dachverband des BLLV, der Kultusministerkonferenz auf die Finger schauen lassen, weil deren Prognosen zu Lehrkräftebedarf und Lehrkräfteangebot in den kommenden Jahren wenig realistisch schienen. Die Expertise von Bildungsforscher Prof. Dr. Klaus Klemm ergab dann für 2030 auch eine fast sechsmal höhere Differenz zwischen Bedarf und Verfügbarkeit an Lehrkräften als die KMK behauptet hatte: 81.000! "Wenn die Politik nicht sofort handelt, billigt sie tatenlos, dass wir auf eine Katastrophe zusteuern", sagte BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann.

Grund genug um die am 14. März von der KMK daraufhin neu berechneten Zahlen nun ebenfalls unter die Lupe zu nehmen. Die Differenz fällt leider ähnlich drastisch aus, denn die Zahlen sind erneut weit von der Realität entfernt, wie Klaus Klemm auch diesmal feststellt: Die KMK kommt bis 2035 auf 23.800 fehlende Lehrkräfte, die Expertise des Bildungsökonomen auf 158.700. Vor allem seien die Annahmen der KMK zu Studierendenzahlen für Lehrämter sowie Schulabsolventinnen und –Absolventen durch die jüngsten Entwicklungen nicht gedeckt, so die Expertise. Die KMK rechnet mit 100.000 zur Verfügung stehenden Lehrkräften, die es schlicht nicht geben wird.

Falsche Zahlen, falsche Maßnahmen…

Entsprechend verärgert äußert sich der VBE-Vorsitzende Udo Beckmann: „Es ist im mehrfachen Sinne fatal und nicht hinnehmbar, wenn sich die Politik angesichts kaum kalkulierbarer und nicht einberechneter Mehrbedarfe, wie sie aktuell etwa die Auswirkungen der Flüchtlingsbewegungen und Pandemie erfordern, seriöser Berechnungen auf Basis bekannter Parameter verschließt und den immensen Handlungsdruck hierdurch wiederholt kaschiert.“

Denn klar ist: Wer mit falschen Zahlen hantiert, kann keine richtigen Maßnahmen treffen. Und die sind angesichts der dramatischen Lage an den Schulen in diesen Tagen unerlässlich. Die Politik steuert zudem auf einen sich selbst verstärkenden Effekt hinzu, wenn die Lehrkräfte durch den kontinuierlichen Personalmangel immer weiter überlastet werden. „Die Zeiten der Schönrechnerei und das weitere Verschleppen dringend gebotener umfänglicher Maßnahmen zur Lehrkräftegewinnung und -bindung sind vorbei“, stellt Beckmann daher klar. „Die Politik kann sich nicht mehr aus der Verantwortung stehlen und sagen, sie hätte es nicht besser gewusst.“

Jetzt endlich handeln!

Der VBE und seine Landesverbände fordern daher eine voll ausfinanzierte bundesweite Fachkräfteoffensive, verbesserte Lehramtsausbildung, Angleichung der Bezahlung, Ressourcen für Ganztag, Inklusion und Integration, mehr Multiprofessionalität, Qualitätssicherung bei Seiteneinsteigern, keine Erhöhung von Klassenteilern, Anreizsysteme insbesondere in ländlichen Regionen und eben auch methodisch abgestimmte, transparente Bedarfsberechnungen.

Und das muss jetzt schnell gehen: „Stand die Uhr vor der Pandemie noch auf kurz vor zwölf, ist es jetzt bereits 5 nach zwölf!“, stellt Udo Beckmann klar.

» Pressemitteilung des VBE