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Wie Gespräche gelingen können Service

Elterngespräche: Die innere Einstellung entscheidet

Elterngespräche sind immer wieder eine Herausforderung. Wie man als Lehrkraft die Eltern sinnbildlich ins Boot holt, konstruktive Lösungen findet und Konflikte vermeidet, erläutert Iris Christina Steinmeier. Die Fachlehrerin und Lehrertrainerin leitet das Seminar „Konstruktive Elterngespräche“ der BLLV-Akademie.

Die Beziehung zwischen Eltern und Lehrern ist oft beiderseits von Vorurteilen belastet. Wie schafft man es dennoch, einen wertschätzenden Umgang herzustellen?

Steinmeier: Indem wir als Lehrer und Lehrerinnen auf die Bedürfnisse der Eltern eingehen. Eltern wünschen sich nur das Beste für Ihr Kind. Beide Seiten, Eltern und Lehrer, sollten sich als Schulgemeinschaft verstehen, die eine möglichst positive Entwicklung aller Kinder erreichen möchten und für dieses Ziel gut zusammenarbeiten.

Das heißt, ich muss als Lehrkraft zunächst einmal meine innere Haltung den Eltern gegenüber überprüfen.

Steinmeier:
Durchaus. Ich sollte mich fragen, was die Ursache für meine Vorbehalte im konkreten Fall sind. Oft sind das versteckte Ängste, die von eigenen Erfahrungen herrühren können. Oder Lehrer sorgen sich, sie hätten Fehler gemacht, wenn Eltern mit ihnen sprechen wollen, nach dem Motto „Du lieber Himmel, was wollen die denn von mir?“. Hegt die Lehrkraft oder ein Elternteil Vorbehalte, führt das automatisch zu einer Kommunikationssperre.

Ich höre mir also zunächst alles in Ruhe an, ohne mir gleich ein Urteil zu bilden?

Steinmeier: Genau. Es gibt ja zunächst überhaupt keinen Grund für einen Konflikt. Die Eltern wollen Kontakt mit mir aufnehmen und von mir Informationen bekommen. Es geht darum, zuzuhören und zu erkennen, worin die Bedürfnisse der Eltern liegen. Mir ist wichtig, Eltern nicht als einen Teil einer anderen Seite zu sehen, sondern als wichtiges Mitglied in einer gemeinsamen Arbeit für das Kind oder den Schüler.

Auch wenn es sich um ein Sachgespräch handelt, spielen Emotionen oft die Hauptrolle. Welchen Anteil haben die eigenen Gefühle?

Steinmeier: Einen sehr hohen. Wenn ich Vorbehalte habe, beeinflusst das meine Mimik und Gestik und ich bin nicht in der Lage, mit meiner Körpersprache Offenheit zu signalisieren. Und damit habe ich ein inkongruentes Gespräch. Meine Worte stimmen dann nicht mit meiner Körpersprache überein. Das könnte die Eltern irritieren und damit den Erfolg des Gesprächs gefährden. Unser Unterbewusstsein geht mit allen körpersprachlichen Signalen sehr sensibel um, unsere Stimme transportiert im Falle von Vorbehalten unsere innere Anspannung. Die Eltern sind als Vertreter Ihres Kindes besorgt, bemüht, aufmerksam und nehmen so etwas sehr genau wahr.

Es ist kurz nach Schulschluss, die vorangegangene Stunde ist nicht gut gelaufen, ich bin gestresst, und nun soll ich ein Elterngespräch führen. Das ist eine schwierige Situation. Was würden sie raten?
 
Steinmeier: Ich würde im Rahmen einer Ich-Botschaft den Eltern mitteilen, dass ich jetzt ebenfalls eine Pause brauche, und einen Termin vereinbaren. Wenn bereits ein Termin für 13.15 Uhr vereinbart wurde, ist das natürlich etwas unglücklich, besonders wenn die Eltern dafür extra angefahren sind. Ich würde zu einem kurzen Informationsaustausch raten, den Zeitrahmen auf 30 Minuten klar begrenzen und bei Bedarf einen ergänzenden Termin ausmachen.

Mitunter kochen die Emotionen hoch und ich als Lehrkraft werde mit Schuldzuweisungen konfrontiert. Wie gehe ich damit um?

Steinmeier: In so einer Situation kann ich nur raten, ganz bei sich zu bleiben und sich diesen Schuh nicht anzuziehen. Sobald man in die Rechtfertigungsspirale hineingerät, mündet das Gespräch in einen Schlagabtausch von Vorwürfen.

Sich die Vorwürfe also anhören und dann einfach stehen lassen?

Steinmeier: Ich würde durchaus aktiv spiegeln, so dass man wahrnimmt, was die Mutter oder den Vater bewegt …

… nach dem Motto, ,Ich kann ihren Ärger verstehen, teile aber ihre Meinung nicht'.

Steinmeier: Richtig. Oder ich sage, ,Ich geben ihnen in dem ein oder anderen Punkt recht, möchte aber ergänzen …’. Mit solchen Sprachgepflogenheiten kann ich so manchen Vorwurf entschärfen. Geschickt ist es auch bei Vorwürfen die Eltern zu fragen, was sie sich denn wünschen. So verändern wir die Sichtweise und konzentrieren uns auf die Möglichkeiten. Ich als Lehrkraft könnte dann dazu Stellung nehmen, Mögliches unterstützen und ergänzen. Ein Gespräch, das sonst negativ verlaufen würde, kann ich so in einen konstruktiven Austausch verwandeln.

Konzentrieren sich Gespräche nicht zu oft auf das was schlecht läuft? Oder sollte ich meinen Blick nicht eher auf die Ressourcen und Stärken eines Kindes richten.

Steinmeier: Das wäre schön! Dazu bedarf es einer positiven Gesprächsführung, das heißt, wir machen uns bewusst, in welchen Fächern das Kind Stärken und welche guten Eigenschaften es hat. Wenn man mindestens zwei positive Dinge über den Schüler und das Kind zu erzählen hat, hilft das den Eltern, auch Hinweise auf Schwierigkeiten im Gesamten leichter einzuordnen.

Am Ende wäre es natürlich prima, wenn man eine Win-Win-Situation herstellen könnte. Wie ist das zu schaffen?

Steinmeier: Indem man gemeinsam Lösungen erarbeitet, indem beide Teile Verantwortung für bestimmte Aufgaben übernehmen und indem man das Gespräch und die erarbeiteten Ergebnisse am Ende reflektiert. Danach beginnt die Umsetzungsphase. Als Lehrerin oder Lehrer sollte ich Beobachtungen notieren, Fortschritte und Entwicklungen konkret benennen und festhalten, um beim nächsten Elterngespräch die Wirksamkeit der erarbeiteten Lösungen gemeinsam mit den Eltern überprüfen zu können. So entsteht ein positiver Kreislauf des Austausches, auf dem beide Seiten aufbauen und konstruktiv ergänzen können.