Das Modell zur zweiten Phase der Flexiblen Lehrerbildung

Durch die Verzahnung der ersten und zweiten Phase mit wechselseitiger Überschneidung aller Ausbildungsabschnitte kann ein qualitativ hochwertiger Übergang ohne Brüche von der Universität in die Seminare und Schulpraxis sichergestellt und somit eine kontinuierlich reflektierte Professionsentwicklung gewährleistet werden. Um all die Inhalte und Aufgaben erfüllen zu können, die sich durch die Entwicklung von Schule laufend ergeben, brauchen wir einen stärkeren Praxisbezug bereits in der ersten Phase und eine echte Zusammenarbeit zwischen Universitäten und Seminaren.

Die erste Phase der Flexiblen Lehrerbildung - Bausteine

Das Reform-Konzept des BLLV besteht aus sechs Bausteinen. Diese wollen wir hier kurz erklären.

 

Persönlichkeitsentwicklung

„Auf die Lehrkraft kommt es an“ – das belegt auch die Hattie-Studie. Nicht umsonst steht daher der Aspekt der Persönlichkeitsentwicklung am Anfang. Das Studium bereitet zwar theoretisch auf die Anforderungen des Lehrerberufs vor, doch dass bereits zu Beginn des Referendariats ein Referendar mit entwickelter Lehrerpersönlichkeit von Schülern und Eltern erwartet wird, wird aktuell nicht systematisch und verlässlich an den Universitäten berücksichtigt.

Es braucht strukturelle Vorgaben, um die angehenden Lehrkräfte beim Perspektivwechsel, weg von der Schüler- hin zur Lehrerrolle, professionell zu begleiten. Es müssen verbindliche Möglichkeiten geschaffen werden, die helfen, die Studien- und Berufswahl stets zu reflektieren, realistische Berufsvorstellungen zu entwickeln und eigene Neigungen und Kompetenzen zu überprüfen.

Berufsbiografische Beratung

Ohne Beratung geht es nicht: Ein Pool von Lehrkräften soll zukünftig zusätzlich an allen Lehrerbildungszentren dem Lehrernachwuchs mit Rat und Tat zur Seite stehen. Experten mit Berufserfahrung wissen, wovon sie sprechen. Sie können mit ihrem Knowhow den Lehrernachwuchs praxisnah begleiten und so eine qualifizierte berufsbiografische Beratung sicherstellen. Es geht dabei um Information, Beratung und Coaching.

Spezielle Beratungsangebote braucht es vor allem auch für die Phasen der „Wechselzeiten“ in den dritten und sechsten Semestern. Das Flexible Lehrerbildungsmodell sieht vor, dass sich die Studierenden nach dem dritten Semester festlegen, ob sie sich für Grundschule oder Förderschule spezialisieren möchten, ihre beiden Fächer für das Lehramt beibehalten oder diese in einem anderen nicht lehramtsbezogenen Bachelor weiter studieren.

Nach dem sechsten Semester beginnt die Masterphase, in der die Studierenden sich ihr besonderes Profil ausbilden, wobei die Spezifika der weiterführenden Schularten in Bayern ebenso berücksichtigt werden können wie die besonderen Herausforderungen durch Inklusion, Digitalisierung und Integration. Bachelorabsolventen haben nach dem sechsten Semester die Möglichkeit in alternative Berufs- und (Master-)Studiengebiete einzusteigen.

Schulpraktische Studien

Weil die derzeit angebotenen Praktika Tiefe und Breite sowie eine curriculare Vernetzung, also einen stufenweisen Aufbau, vermissen lassen, ist eine Neuausrichtung dringend erforderlich. Der BLLV schlägt die Einführung schulpraktischer Studien vor. Sie sollen angehenden Lehrerinnen und Lehrern helfen, ihre persönliche Kompetenzen für einen verantwortungsbewussten Umgang mit jungen Menschen zu überprüfen und zu steigern.

Wesentlich ist, dass die Praktika curricular miteinander vernetzt sind und der jeweilige Kompetenzzuwachs (pädagogisch, didaktisch, fachlich) dem nächsten Praktikum zugrunde liegt. Dies erfordert eine ebenso bessere Vernetzung zwischen Schule und Universität, adäquate Betreuung - sowohl durch qualifizierte Praktikumslehrkräfte an den Schulen als auch durch Dozierende mit Schulerfahrung - und ausreichend Erprobungszeit für die Studierenden.

Die großen schulpraktischen Studien in der Masterphase sollen schließlich der engen Vernetzung von Universität und Schulwirklichkeit, der abschließenden Kompetenzüberprüfung und durch die Verknüpfung mit zweiter Phase der fundierten Vorbereitung für den eigenverantwortlichen Unterricht im Referendariat dienen.

Qualifikation der Ausbilder

Qualifikation der Ausbilder: Nichts scheint schwieriger zu sein in der Lehrerbildung als der Wechsel zwischen den Dienstorten Universität und Schule. Einmal Dozent an der Universität, gibt es keine Möglichkeit zeitlich befristet in den Lehrerberuf zurückzukehren. Dies führt dazu, dass die eigene Erfahrung als praktizierende Lehrkraft bei Dozierenden nach und nach verblasst. Anders herum ist es als „abgeordnete Lehrkraft“ zwar möglich, jedoch wird die geleistete Arbeit immer noch nicht dienstrechtlich honoriert. Es besteht zudem keine Möglichkeit der eigenen Weiterqualifikation.

Für die Ausbildung adäquater Praktikumslehrkräfte an Schulen mangelt es an Zeit und Anerkennung. Maßnahmen, die den beruflichen Alltag aller Beteiligten erleichtern, sind überfällig. Es braucht außerdem eine gezieltere Auswahl infrage kommender Personen auf allen Ebenen sowie punktgenaue Aus- und Fortbildungen von Ausbildungslehrkräften. Anrechnungsstunden und dienstrechtliche Honorierungen müssten selbstverständlich werden.

Inhaltliche Ausrichtung der Lehrerbildung

Der BLLV plädiert für eine neue inhaltliche Ausrichtung der Lehrerbildung: Lehramtsstudierende sollen sich möglichst breit aufstellen können, d.h. zwei Fächer als Unterrichtsfach studieren und sich gleichzeitig in Profilbereichen wie z. B. der Inklusion, Digitalisierung oder Berufsorientierung spezialisieren.

Neben der Orientierung an der Fachdisziplin muss das fachwissenschaftliche Studium die für den Unterricht notwendige Fachdidaktik enthalten. Gerade in der Masterphase findet auf hohem Niveau die Auseinandersetzung mit pädagogischen und didaktischen Anforderungen in Bezug zur aktuellen Schulwirklichkeit mit ihren Herausforderungen statt.

Prüfungskultur

Änderungen sieht das BLLV-Modell auch bei der Prüfungskultur vor: Hier muss es zum Einsatz zeitgemäßer, an die Studienziele angepasste und kompetenzorientierte Prüfungsformen kommen, wie z. B. mündliche Prüfungsleistungen sowie Portfolios. Die mündliche Präsentationskompetenz (u.a. die verständliche Erläuterung komplexer Sachverhalte) gehört zu den wesentlichen Fähigkeiten einer Lehrkraft. Reproduktive schriftliche Prüfungsformen mit geringer Zielpassung und Nachhaltigkeit, die Überlastung der Dozierenden mit Korrekturen und Beurteilungen müssen ein Ende haben. Qualität muss wieder den Vorrang vor Quantität haben. Der BLLV fordert den universitären Masterabschluss.