Plädoyer für Ganztagsschule und Abrücken vom 45 Minuten-Takt
Vor Beginn des Volksbegehrens zum Gymnasium hat der Bildungsausschuss des Landtags eine Anhörung von Sachverständigen durchgeführt. Nach anfänglichem Zögern ließ sich die CSU darauf ein, die Zahl der Experten von 10 auf 13 zu erhöhen. So konnten SPD, FW und Grüne zusammen nicht nur vier, sondern fünf Personen benennen. Während die CSU vor allem Vertreter von Verbänden benannte, wählte die Opposition Schulleiter aus anderen Bundesländern, um deren Erfahrungen mit unterschiedlichen Modellen einzubringen. Bei allen Differenzen im Detail und insbesondere bei der Frage der gewünschten Dauer des Gymnasiums stimmten die 13 Experten überein: Das Gymnasium in Bayern braucht dringend Reformen. Die seit zehn Jahren anhaltenden Diskussionen zeigten, dass das jetzige G8 trotz Verbesserungen grundlegend überarbeitet werden müsse. Die isolierte Frage, ob das Gymnasium 8 oder 9 Jahre dauern soll, oder welche Mischformen es geben könne, greife jedoch zu kurz. Prof. Dr. Manfred Prenzel (TU München) etwa formulierte, die Qualität entscheide sich „unterhalb der Struktur“. Die empirische Bildungsforscherin Prof. Dr. Grit im Brahm (Ruhr Universität Bochum) erklärte, es gebe keine wissenschaftlich messbaren Unterschiede zwischen G8 und G9. Eine gute Beschulung sei in beiden Formen möglich. Allerdings erleichtere ein neunjähriges Gymnasium Kindern aus sozial schwachen Familien den Eintritt ins Gymnasium.
Im Zentrum sahen die meisten Sachverständigen die gestiegene Heterogenität der Schülerschaft. Auf sie müsse mit pädagogischen Veränderungen zu Gunsten einer verstärkten individuellen Förderung reagiert werden. Immer war die Rede von „nachhaltigem Lernen“, das anstelle von Detailwissen auf Kompetenzen setze. Vielfach wurden Prozesse selbst gesteuerten Lernens gefordert. Dabei dürften die Schülerinnen und Schüler aber keineswegs allein gelassen werden. Viel mehr müssten die Schulen – so wie in anderen Bundesländern – Unterstützung anbieten.
Große Einigkeit bestand darin, dass ein Gymnasium seine Herausforderungen am besten als Ganztagsschule bewältigen kann. Nur eine Ganztagsschule biete ausreichend Zeit zur Vertiefung, zur Wiederholung und zur Nach arbeit. Eben - so wurde gefordert, vom Frontal unterricht weitgehend Abstand zu nehmen und den 45-Minutentakt zu überwinden. Die zentralen Forderungen des BLLV zur Reform des Gymnasiums wurden durch die Anhörung somit bestätigt.