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Junge Menschen brauchen Perspektiven

Junge Lehrer haben wenig Aussicht auf Anstellung, obwohl an den Schulen die Lehrer fehlen / BLLV-Präsident Wenzel: „Kurzsichtige Einstellungspolitik setzt sich fort“

München - Die Situation bleibt für Lehramtsstudierende äußerst angespannt. „Weil sich an der Einstellungspolitik des Kultusministeriums nichts ändert, werden die Wartelisten immer länger und die Aussichten auf einen Job immer schlechter. Wie sich bereits abzeichnet, sind Anwärter/innen aus dem Grundschul- und Gymnasialbereich besonders stark betroffen“, erklärte der Präsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), Klaus Wenzel, vor der offiziellen Bekanntmachung der diesjährigen Staatsnote in München. Wenig erfreulich stellt sich auch die Situation für angehende Realschullehrkräfte dar: Obwohl viele Klassen zu groß sind, haben sie kaum Aussicht auf Beschäftigung - gleichzeitig steigt die Zahl der Studierenden. Es sei bereits jetzt absehbar, dass sich die für viele unbegreifliche Situation vergangener Jahre wiederholen werde, sagte Wenzel. „Heute Nachmittag werden junge Lehrer und Studierende aus Protest vor das Kultusministerium ziehen. Sie wollen Minister Spaenle eine überdimensionierte Postkarte übergeben. Auf ihr prangert der Satz ‚Wir kreiden an!‘. Ich hoffe, Spaenle nimmt die Postkarte entgegen und setzt sich für die Belange der jungen Leute ein“, sagte Wenzel.

Die Situation sei absurd: „Während die Schulen mehr Personal brauchen, stehen junge Lehrkräfte ohne Job auf der Straße.“ Wenzel forderte den Landtag erneut auf, mehr Planstellen zu schaffen und damit sämtliche Junglehrer mit bestandener Lehramtsprüfung anzustellen und die Wartelisten abzubauen. „Für die Umsetzung der Inklusion, den Ausbau von Ganztagsschulen und die individuelle Förderung sind Tausende neue Lehrerplanstellen nötig. „Junge Menschen brauchen Perspektiven, Schulen brauchen Personal.“

Die Staatsnote wird von Lehramtsstudierenden jeden Sommer mit Spannung erwartet. Sie entscheidet über ihre Einstellungschancen. Um die schaut es allerdings düster aus: Allein im Grundschulbereich stehen noch etwa 2000 Hochschulabsolventen vergangener Semester auf der Warteliste, sie sind derzeit arbeitslos oder halten sich mit Aushilfsverträgen über Wasser. Ihre Zahl wird sich wohl weiter erhöhen. Die personelle Unterversorgung hat gravierende Folgen: An vielen Grundschulen war es bereits in diesem Schuljahr kaum noch möglich, den grundlegenden Unterricht aufrecht zu erhalten.

Auch für angehende Realschullehrer ist die Perspektive alles andere als rosig: Die Einstellungszahlen werden bis zum Jahr 2015 auf etwa 590 zurückgehen, gegen Ende des Jahrzehnts wird sich die Zahl bei rund 370 einpendeln, so jedenfalls gab es das Kultusministerium in der „Prognose zum Lehrerbedarf“ bekannt. Gleichzeitig sind die Klassen zu groß und die Lehrerinnen und Lehrer stehen vor immensen Herausforderungen, die eine immer heterogener werdende Schülerschaft mit sich bringt.  
Hochschulabsolventen des Lehramts Gymnasium hatte es bereits im Februar hart getroffen, als ein großer Teil trotz Bestnoten auf die Straße geschickt wurde. Anstatt junge Lehrer einzustellen, werden Referendare eingesetzt, in der Regel mit 17 Unterrichtsstunden pro Woche. Das ist aus Sicht des BLLV fragwürdig und problematisch. „Die hohe Unterrichtspflichtzeit stellt für viele eine hohe zeitliche Belastung dar. Sorgfältige Vorbereitung der einzelnen Unterrichtsstunden und der Prüfungsaufgaben sowie Korrekturarbeiten sind kaum möglich.“

„Junge Menschen brauchen Perspektiven, Schulen brauchen Personal“, betonte der BLLV-Präsident und wies auf ein weiteres Problem hin: Der Trend, Nachwuchslehrkräfte nur noch befristet und ohne Verbeamtung einzustellen, werde sich fortsetzen. Für die Betroffenen sei dies eine ungute Situation, denn sie würden in der Regel in den Ferien arbeitslos.

„Ich stelle mit großer Sorge fest, dass es der Kultusminister  mit seinen ehrgeizigen Vorhaben wie individuelle Förderung, Ausbau von Ganztagsangeboten, Abbau des Unterrichtsausfalls oder Umsetzung der Inklusion nicht  ernst meinen kann, denn das dafür nötige Personal bleibt auch für das kommende Schuljahr aus“, stellte Wenzel fest. Erneut bekräftigte er seine Forderung, 25 Prozent der Steuermehreinnahmen in die Schulen zu stecken. Die Ziele der Staatsregierung  ließen sich nur mit einer massiven Mehrung an Personal verwirklichen.