BLLV-Befragung 2013 - Lehrplan PLUS

Nur mit besseren Rahmenbedingungen

Mit dem neuen Grundschullehrplan will das Kultusministerium einen großen Schritt hin zu modernem Lernen tun. Doch ob dieser gelingt, bezweifeln viele Grundschullehrer. Kompetenzorientiertes Lernen lässt sich aus ihrer Sicht unter den derzeit herrschenden Bedingungen kaum umsetzen. Das geht aus einer großen Online-Befragung des BLLV hervor, an der sich im April 2013 rund 2500 Pädagogen aus dem Primarbereich beteiligt haben.

 

Mehr zum Thema:
» Vollständiger Studienbericht
» Kurzfassung der Studie

 

Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick.

 

1. Was halten Grundschul-Lehrkräfte vom neuen Lehrplan?
Die große Mehrheit der Grundschullehrkräfte (79%) ist der Auffassung, dass der neue Lehrplan durchaus ein wertvoller Schritt sein kann, um Pädagogik und Didaktik in der Grundschule einen Schritt voranzubringen. Die Betonung liegt auf kann, denn dazu bräuchte es ausreichende Unterstützung bei Einführung und Umsetzung sowie Schaffung unerlässlicher Rahmenbedingungen in den Schulen zur Realisierung des LehrplanPLUS.

 

 

2. Was erwarten sich Lehrkräfte vom neuen Lehrplan

Die Grundschullehrkräfte richten an die Lehrplanmacher am dringlichsten die alte Forderung nach einer Reduzierung der Stofffülle. Darüber hinaus wünschen sie sich klar formulierten Kompetenzbeschreibungen. Das könnte vermutlich auch mit einer gewissen Unsicherheit im Verständnis und Umgang mit dem neuen Kompetenzkonzept und dem Kontext zu tun haben.



3. Kompetenzorientierung und Individualisierung im Alltag nur schwer umsetzbar

Individualisierung, Nachhaltigkeit, Handlungsorientierung und selbständiges Lernen gehören zu den wichtigsten Richtlinien des didaktischen Handelns der meisten Lehrkräfte in der Grundschule. Allerdings braucht es zur Realisierung dieser Ideale geeignete Rahmenbedingungen wie zum Beispiel für die Inklusion von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf, der Individualisierung im unterrichtlichen Vorgehen und der Integration von Kindern mit Migrationshintergrund.

Eine individuelle Unterstützung ist von der großen Mehrheit der Grundschullehrerinnen und –lehrern unter den bestehenden Bedinungen nicht zu realisieren. Auch neue Lernkonzepte, die für ein kompetenzorientiertes Lernen und individualisierenden Unterricht notwendig sind, wie zum Beispiel selbstständiges Lernen, dürften im Alltag an den derzeitigen Rahmenbedingungen scheitern.

4. Notwendige Unterstützungsmaßnahmen
Die Einführung eines neuen Lehrplans, mit dem eine grundsätzlich neue Sichtweise auf Unterricht und Lernen in der Schule verankert werden soll, erfordert zahlreiche Unterstützungssysteme für die Lehrkräfte, damit sie ihn umsetzen können. Die abgefragten sechs Möglichkeiten der Unterstützung haltenwenigstens zwei Drittel der Befragten für mindestens „wichtig“.

Dazu zählen Fortbildungen. Doch mit einer einmaligen Schulung ist es nicht getan. Drei Viertel der Befragten wünschen sich eine begleitende Beratung bei der Umsetzung des Lehrplans in Form eines Coachings. Auch ausgebildete Kolleg/innen, die als Lehrplanbeauftragte und Ansprechpartner an jeder Schule fungieren, werden von zwei Dritteln befürwortet. Die bisher üblichen schriftlichen Broschüren und Handreichungen des Staatsinstituts (ISB) werden ebenfalls von zwei Drittel gewünscht. Im Vergleich zu qualifizierter Fortbildung und professionellem Coaching erscheinen sie jedoch etwas weniger hilfreich.

5. Erwartungen an das Lehrplaninformationssystem
Über die einmalige Fortbildung zur Lehrplaneinführung hinaus bedarf es vor allem der längerfristigen Begleitung bei der Umsetzung. Auch ein digitales Lehrplaninformationssystem, auf das bei Bedarf zugegriffen werden kann, kann hier hilfreich sein. Informationen zu geeigneten Unterrichtsmethoden und -materialien sind ebenso gefragt wie Verfahren zur Kompetenzfeststellung und entsprechende Aufgabenpools.

6. Notwendige Rahmenbedingungen zur Umsetzung des neuen Lehrplans
Kleinere Klassen, zusätzliche Lehrstunden für Individualisierung und Teamteaching sind die wichtigsten und dringlichsten Forderungen, die Grundschulehrkräfte geäußert haben. Auch das Raumangebot müsste erweitert werden Die Entlastung der Grundschule von der Selektion nach der vierten Jahrgangsstufe und die Reduzierung der Vielzahl der Proben im Vorfeld der Ausleseentscheidung halten die Befraten ebenfalls für wichtige Maßnahmen. Die Zahl der Unterrichtsstunden in der Jgst. 1 und 2 soll zudem aufgestockt werden.