Islamischer Unterricht als Regelangebot

 

Beschluss der Teilnehmer/innen des Studientags "Quo vadis Islamischer Unterricht?"
Nürnberg, 24. November 2017

Die rund 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Studientages Quo vadis Islamischer Unterricht? fordern die politisch Verantwortlichen auf, den bayerischen Modellversuch "Islamischer Unterricht" in ein Regelangebot zu überführen, um einen Meilenstein in der deutschen Bildungspolitik zu setzen. An möglichst vielen Schulen in Bayern muss Islamischer Unterricht bedarfsgerecht angeboten werden. Die entsprechenden Ressourcen (insbesondere Lehrerstunden) sind bereit zu stellen und dementsprechend auch die Lehramtsausbildungsmöglichkeiten auszuweiten.

Für die Erteilung von Islamischem Unterricht müssen Mindeststandards hinsichtlich der Qualifikation der Lehrenden festgelegt und überprüft werden. Lehrerinnen und Lehrer, die den Islamischen Unterricht erteilen, sind bei entsprechenden Qualifikationen mit unbefristeten Verträgen zu beschäftigen und müssen angemessene Arbeitsbedingungen erhalten. Der Einsatz von Lehrkräften an mehr als drei Schulen ist weitestgehend zu vermeiden.

Ein Masterplan zum Ausbau des Regelangebotes ist vom Kultusministerium vorzulegen.

Im Einzelnen fordern wir vom Bayerischen Landtag, dem Kultusministerium und der Schulaufsicht:

• den bedarfsgerechten Ausbau Islamischen Unterrichts an Grund-, Mittel- und Realschulen, Gymnasien sowie im Beruflichen Schulwesen;

• eine schrittweise Steigerung der Quote von derzeit lediglich 15 % der muslimischen Schülerinnen und Schüler, die am muslimischen Unterricht teilnehmen;

• unverzüglich eine gründlichere fachwissenschaftlich-theologische Begleitung der Lehrerinnen und Lehrer und die Bereitstellung entsprechender personeller Kapazitäten;

• eine fachwissenschaftlich fundierte und religionspädagogisch begründete Evaluation als Grundlage für die Fortschreibung curricularer Vorgaben;

• die Beibehaltung bewährter Standards des Modellversuchs bei der Überführung in ein Regelangebot;

• die Sicherung der Unterrichtsqualität durch Festlegung und Überprüfung von Mindeststandards (vergleichbar mit denen nebenamtlicher Kräfte der christlichen Kirchen) hinsichtlich der Kompetenzen der muslimischen Lehrkräfte, um eine Vergleichbarkeit des Fachs und eine Stellung "auf Augenhöhe" zu erlangen;

• an allen Schularten die Schaffung einer fachwissenschaftlich und fachdidaktisch qualifizierten Fachbetreuung mit islamischem Hintergrund und entsprechender Expertise für die Lehrer/innen des Islamischen Unterrichts;

• den Einsatz an maximal drei Schulen für die muslimischen Lehrer/innen und die Gewährung von Entlastungsstunden für Wegezeiten von mehr als einer Stunde pro Tag;

• die Entfristung aller befristeten Arbeitsverträge bei adäquater Qualifikation und die Verbeamtung jener Lehrer/innen, bei denen die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen;

• die Verbesserung der Ausbildung und die Ausweitung der Ausbildungskapazitäten in allen drei Phasen (Praktika, Seminare sowie Angebote der Fort- und Weiterbildung);

• die Schaffung eines Expertenbeirats, der sich aus Musliminnen und Muslimen zusammensetzt, als Ansprechpartner für Fragen des Islamischen Unterrichts in Bayern. Dem Expertenbeirat sollen neben fachwissenschaftlichen Expert/innen und Lehrer/innen für Islamischen Unterricht auch repräsentative Vertreter/innen des Islam in Bayern angehören.

Begründung:

Der Modellversuch "Islamischer Unterricht" wurde 2009 eingerichtet und 2014 für fünf Jahre verlängert. Der laufende Schulversuch erfährt hohe Wertschätzung seitens der Schülerinnen und Schüler, aber auch der Schulen und Eltern, auch wenn die meisten Schularten (Förderschule, Realschule, Gymnasium, Berufliches Schulwesen) so gut wie nicht berücksichtigt sind. Bereits bei der Verlängerung war bekannt und nachgewiesen, dass zu den Bedingungen des Modellversuchs ein Islamischer Unterricht erfolgreich angeboten werden kann, der folgenden Kriterien genügt:

• er steht auf dem Boden des Grundgesetzes und steht der Verfassung des Freistaates Bayern nicht entgegen;

• er unterliegt der deutschen staatlichen Schulaufsicht;

• er gründet curricular auf den vorhandenen Fachlehrplänen für den Modellversuch Islamischer Unterricht an bayerischen Schulen;

• er wird von qualifizierten Lehrkräften mit staatlicher Lehrbefähigung in deutscher Sprache erteilt;

• die Lehrer/innen für diesen Unterricht werden in der Regel an Hochschulen im Rahmen eines Lehramtsstudiums ausgebildet. (Bisherige Lehrer/innen des Islamischen Unterrichts genießen Bestandsschutz.)

Der Modellversuch hat seine Ziele erreicht und muss in ein Regelangebot überführt werden, denn dieser Unterricht hilft jungen Musliminnen und Muslimen bei der Bildung einer muslimischen Identität in Deutschland, trägt Wesentliches zum Zusammenleben und zum Zusammenhalt in unserer pluralen Gesellschaft bei und verwirklicht die grundgesetzlich garantierte persönliche Religionsfreiheit.