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Strafantrag kann auch der Dienstvorgesetzte stellen Service

Dienstherr muss Lehrkräfte vor Übergriffen schützen

Wenn Lehrkräfte Opfer von verbalen oder gar körperlichen Übergriffen von Eltern werden, müsste eigentlich der Dienstherr das Delikt anzeigen, tut es aber oft nicht. Betroffen können aber den Schutz durch Vorgesetzte und den Dienstherrn einfordern.

Von Hans-Peter Etter*

 

Immer wieder werden Lehrkräfte in Ausübung ihres Amtes von Erziehungsberechtigten massiv beleidigt und in manchen Fällen sogar körperlich attackiert. In der Regel erstattet daraufhin alleine die Lehrkraft mit Hilfe der BLLV-Rechtsabteilung Anzeige wegen Beleidigung, Körperverletzung, Hausfriedensbruch et cetera, nicht aber der Dienstherr. Von ihren Vorgesetzten fühlen sich Lehrkräfte in solchen Fällen deshalb zu Recht allein gelassen.

 

Fürsorgepflicht des Dienstherrn und von Vorgesetzten
Der Freistaat Bayern hätte die Verpflichtung, seine Beschäftigten im Rahmen der Fürsorgepflicht zu schützen. Diese Verpflichtung trifft Vorgesetzte wie Dienstvorgesetzte gleichermaßen, die neben dem angegriffenen Bediensteten auch tätig werden und eine entsprechende Anzeige anbringen können. Durch eine Strafanzeige und gegebenenfalls durch Stellen eines Strafantrags (§ 158 Abs. 1 StPO) kann darauf hingewirkt werden, dass gegen den Schädiger ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird.

Allerdings können sogenannte Privatklagedelikte wie zum Beispiel Beleidigung, Hausfriedensbruch nur als Straftat verfolgt werden, wenn mindestens der Verletzte einen Strafantrag gestellt hat. Indem aber auch der Dienstherr Strafanzeige erstattet oder sogar einen Strafantrag stellt, kann er deutlich machen, dass er sich schützend vor seinen Beamten stellt und eine spürbare strafrechtliche Sanktion erwartet. Im Schulbereich wird von derartigen Möglichkeiten in der Praxis leider so gut wie nie Gebrauch gemacht.

 

Der Dienstherr hat eine Schutzpflicht
Nach § 45 BeamtStG hat der Dienstherr den Beamten bei seiner amtlichen Tätigkeit und in seiner Stellung zu schützen. Auch soweit eine Strafverfolgung aus rechtlichen Gründen nicht in Betracht kommt (zum Beispiel öffentliche verletzende Meinungsäußerung ohne Verletzung eines Straftatbestands, nicht strafbare üble Nachrede im Rahmen berechtigter Interessenwahrnehmung), hat der Dienstherr nicht nur die Möglichkeit, sondern auch die gesetzliche Pflicht, sich mit allem Nachdruck schützend vor seinen Beamten zu stellen.

Er hat dabei die Pflicht, all das zu unternehmen, was zum Schutz des Beamten erforderlich ist. Im Rahmen einer verletzenden unzutreffenden Presseberichterstattung etwa hat der Dienstherr die Pflicht, entweder ein Pressegespräch zu führen oder eine Pressemitteilung herauszugeben oder einen Leserbrief zu schreiben. Wird eine Lehrkraft unberechtigt von vielen Eltern einer Klasse angegriffen, hat der Dienstherr einen Elternrundbrief zu verfassen und/oder einen Elternabend zu veranstalten, in deren Rahmen er deutlich macht, dass er auf Seiten des Beamten steht.

Von diesen Möglichkeiten wird in der Praxis häufig nur sehr unzureichend Gebrauch gemacht und wenn, dann mit enormer zeitlicher Verzögerung. Der Schutz kommt dann aber zu spät.

 

Auch an Zivilprozesskosten kann sich der Dienstherr beteiligen
Soweit Bedienstete, sei es verbal oder tätlich, angegriffen werden, können sie gegebenenfalls ihre Ansprüche gegen den Schädiger (zum Beispiel auf Schadensersatz oder Unterlassung) vor den Zivilgerichten geltend machen. In diesen Fällen (ausgeschlossen jedoch bei Schmerzensgeldansprüchen) kann der Dienstherr einen Vorschuss oder ein zinsloses Darlehen gewähren, um dem Betroffenen eine Rechtsverfolgung zu erleichtern.

Verläuft der Prozess erfolgreich, muss der Gegner des Bediensteten die Kosten an den Dienstherrn erstatten. Ist er hierzu nicht in der Lage, werden die Verfahrenskosten vom Staatshaushalt übernommen. Unterliegt der Bedienstete, kann in besonderen Härtefällen der Dienstherr die Kosten übernehmen. Über solche Möglichkeiten werden Lehrkräfte sowie deren Vorgesetzte jedoch völlig unzureichend vom Dienstherrn informiert.


Beleidigende Eingaben müssen nicht beantwortet werden
Die Allgemeine Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern (AGO) eröffnet in § 17 Abs. 1 Satz 1 die Möglichkeit, Eingaben nicht zu bearbeiten, die grobe Beschimpfungen oder Beleidigungen von Behörden, Behördenangehörigen oder Dritten enthalten.

Geht bei einer vorgesetzten Dienststelle eine Beschwerde ein, in der eine Schulleiterin bösartig herabgesetzt wird („Diese despotische Herrscherin der Schule ist pädagogisch völlig unqualifiziert und sollte umgehend gefeuert werden“), wäre die ebenso richtige wie angemessene Reaktion, diese Eingabe entweder überhaupt nicht zu beantworten oder (falls der Beschwerdeführer einen bestimmten Antrag gestellt hat) mitzuteilen, dass die Eingabe nach § 17 AGO wegen ihres beleidigenden Inhalts nicht bearbeitet wird. Auch durch die Rechtsprechung wurde bereits vor Jahrzehnten geklärt, dass keine Pflicht zur Bearbeitung beleidigender Eingaben besteht.

All diese Reaktionen und Maßnahmen schuldet der Dienstherr seinen untergebenen Beamten im Rahmen seiner Schutzpflicht. Viel zu selten kommen Lehrkräfte in den Genuss einer solchen Unterstützung.

 

*Der Autor ist verbandspolitischer Leiter der BLLV-Rechtsabteilung

 

Hinweis: Der Beitrag wurde nach bestem Wissen recherchiert und stellt die aktuelle Rechtslage dar. Er kann aber keine individuelle Rechtsberatung ersetzen.