Leerer Rollstuhl neben Fahrrad-Zeichnung an Wand
23.05.2017 - Inklusion Inklusion

Gelungene Inklusion noch immer nicht in Sicht

Ergebnisse einer forsa-Befragung sind alarmierend: Weil es an allem fehlt, leiden alle: Kinder, Eltern und Lehrer / BLLV-Präsidentin fordert ein Ende der Hängepartie

Seit Jahren ist die Umsetzung der Inklusion für viele Schulleitungen, Lehrkräfte und Eltern ein Thema, das sie entweder wütend macht oder resignieren lässt. In NRW hat das Thema sogar den Ausgang der Wahlen beeinflusst. Wie eine aktuelle forsa-Befragung unter Lehrkräften aus ganz Deutschland zeigt, lassen die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Inklusion auch an Bayerns Schulen zu wünschen übrig - und das neun Jahre nach in Kraft treten der UN-Konvention. „Für Kinder mit Handicap, für Kinder, die eine besondere Förderung brauchen, stehen die Chancen immer noch schlecht“, monierte die Präsidentin des BLLV, Simone Fleischmann. Eltern und Lehrer müssten ausbaden, was die Politik versäumt. Das führe zu Konflikten unter allen Beteiligten. Die Verbitterung sei oftmals groß. So geben über dreiviertel aller Befragten aus Bayern an, keine oder zu wenig Unterstützung zu erhalten. Nur elf Prozent halten die personelle Ausstattung an den Schulen für ausreichend, um den Ansprüchen von Kindern mit Behinderung gerecht werden zu können. Fleischmann stellte heute in München die Ergebnisse für Bayern vor und forderte ein Ende der Hängepartie.

„In Bayern leben derzeit über 74.000 Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf - sie und ihre Familien, genauso wie die Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen, leiden unter den Folgen einer Politik, die stark im Verordnen ist, aber schwach im Geben“, kritisierte die BLLV-Präsidentin. „Wer Inklusion will, muss auch dafür sorgen, dass es die dafür erforderlichen Rahmenbedingungen gibt.“

Beispiel Doppelbesetzung: Über 80 Prozent der bayerischen Lehrerinnen und Lehrer sind der Meinung, dass es in inklusiven Klassen grundsätzlich eine Doppelbesetzung, bestehend aus einer Lehrkraft und einem Sonderpädagogen, braucht. In der bayerischen Schulwirklichkeit ist dies aber nur in 19 Prozent der Fall. Gleichzeitig geben 91 Prozent an, dass der Unterstützungsbedarf im Schulalltag beim Förderschwerpunkt „emotionale Unterstützung“ am größten ist. Gefolgt von den Förderschwerpunkten „Lernen“ mit knapp 80 Prozent und „geistige Entwicklung“ mit 70 Prozent. 

„Es ist für mich daher auch wenig überraschend, wenn der überwiegende Teil der befragten Lehrerinnen und Lehrer aus Bayern Kritik an den Voraussetzungen für die Umsetzung von Inklusion übt“, sagte Fleischmann. So hielten 61 Prozent der Befragten die personelle Ausstattung für mangelhaft bis ungenügend, knapp 45 Prozent die Fortbildungsangebote für nicht ausreichend. 75 Prozent fühlten sich bei der Bewältigung möglicher Belastungen durch inklusive Unterrichtung nicht unterstützt.

Die Versäumnisse der Politik seien nicht ohne Folgen geblieben, so Fleischmann. „Es gibt Schulen, an denen die Atmosphäre regelrecht vergiftet ist. Eltern möchten ihr Kind um jeden Preis in die Regelschule geben, Lehrkräfte reagieren ablehnend - nicht weil sie nicht helfen wollten, sondern weil sie die Voraussetzungen dafür nicht vorfinden. Am meisten leiden aber die betroffenen Kinder.“

Inklusive Schulen benötigten rasche und unkomplizierte Hilfen: „Sie brauchen jede erdenkliche Unterstützung, um die unterschiedlichen Voraussetzungen der jeweiligen Kinder zu berücksichtigen und entsprechend zu unterstützen, vor allem aber müsse das Vertrauen der Lehrkräfte zurückgewonnen werden. Ohne massive Investitionen geht es nicht“, betonte Fleischmann und forderte wie der BLLV-Dachverband VBE: 

 

  • die Doppelbesetzung aus Lehrkraft und Sonderpädagoge,,
  • die Unterstützung durch multiprofessionelle Teams,
  • die schulbaulichen Voraussetzungen,
  • kleinere Lerngruppen,
  • bessere Vorbereitung durch angemessene Aus-, Fort- und Weiterbildung.

 

Die Befragung des Meinungsinstituts forsa hat der BLLV-Dachverband, der Verband Bildung und Erziehung (VBE) mit Sitz in Berlin, deutschlandweit durchführen lassen. Über 2000 Lehrerinnen und Lehrer aus allen Bundesländern wurden nach ihrer Meinung befragt - davon über 500 aus Bayern. Befragt wurden Lehrkräfte aus Grundschulen, Mittelschulen, Realschulen und Gymnasien. Die deutschlandweiten Ergebnisse stellte der VBE zeitgleich mit dem BLLV am heutigen Montagvormittag vor.

 

Ergebnisse der Befragung

BLLV-Seite zur forsa-Befragung //Artikel verlinken//

Ergebnisse.pdf

Ergebnisse Bayern.pdf

Charts Bayern.pdf



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