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Grenzenlose Liebe und ein Mauerblümchen

Jugendbücher um den Mauerfall: Ein Ost-West-Liebespaar sucht sich im jeweils anderen Teil der Stadt und eine Deutschamerikanerin sucht das Geburtshaus ihrer Mutter im Osten - "Wir sehen uns im Westen" und "Mauerblümchen".

Wir sehen uns im Westen

Von Dorit Linke

Verlag: Carlsen
Seiten: 104
Preis: 4,99 Euro
ISBN: 978-3-551-31841-1
Altersempfehlung: ab 13 Jahren

Berlin: Wir schreiben den 9. November 1989. Die Mauer ist offen. Die siebzehnjährige Nina in West-Berlin und ihr Freund Lutz in Berlin Ost sind wie elektrisiert. Seit Nina vor eineinhalb Jahren mit ihrer Familie die DDR verlassen hat, leben sie in getrennten Welten. Unabgesprochen machen sie sich beide auf den Weg zueinander, Nina in den Osten, Lutz in den Westen.

Mit ihrem Roman gelingt es der Autorin, die Nacht des Mauerfalls zum Leben zu erwecken und den Leser mit Nina und Lutz in die unfassbaren Geschehnisse eintauchen zu lassen.

Inhalt

Wir schreiben den 9. November 1989. In beiden Teilen Berlins herrscht helle Aufregung: In den Medien wird die Erklärung Günter Schabowskis verbreitet, dass die DDR-Bürger Reisefreiheit erhalten – unfassbar für die Menschen im geteilten Deutschland. Tausende DDR-Bürger nützen die Gelegenheit und kommen für einen kurzen Besuch nach West-Berlin. Nicht nur an der Mauer liegen sich Menschen aus Ost und West in den Armen und weinen Freudentränen.

Auch die siebzehnjährige Nina in West-Berlin und Lutz in Berlin Ost sind wie elektrisiert. Sie haben beide bis zum Jahr 1988 im Ostteil der Stadt gelebt und waren ein glücklich verliebtes Paar, bis Nina mit ihrer Familie nach einem Ausreiseantrag von heute auf morgen die DDR verlassen hat und in den Westteil der Stadt gezogen ist. Seither leben sie nur einen Katzensprung voneinander entfernt, aber in völlig verschiedenen Welten und haben nur heimlichen Briefkontakt. Und nun eröffnet sich völlig unerwartet die Gelegenheit, sich zu treffen und wieder in die Arme zu schließen.

Unabgesprochen machen sie sich beide auf den Weg, Nina in den Osten, Lutz in den Westen. So recht können sie nicht glauben, dass das wirklich klappen soll, bis sie unabhängig voneinander die Grenze tatsächlich passiert haben. Sie kämpfen sich durch die Straßen, in denen Unmassen von Menschen und Autos unterwegs sind, um über die Grenze zu gelangen oder an der Berliner Mauer DDR-Bürger im Westen zu begrüßen. Als sie sich jeweils im Elternhaus des anderen nicht antreffen, erinnern sie sich an den Neptunbrunnen in Berlin Mitte, ihren ehemaligen Treffpunkt.

Bewertung

Der Roman ist in der Reihe Carlsen Clips erschienen, die mit einem überschaubaren Umfang, einer einfachen, klaren Sprache und lockerem Satz gezielt jugendliche LeserInnen mit etwas geringerer Lesekompetenz im Blick hat.

Auf nur wenig mehr als hundert Seiten gelingt es der Autorin, den Leser mitzunehmen - mit in eine Nacht voller Emotionen, die wohl für viele Erwachsene, die sie bewusst miterlebt haben, unvergesslich bleiben wird. Jugendlichen eröffnet er eine kleine Vorstellung von dem, was sich damals zugetragen hat und was die heute historischen Ereignisse für die Menschen, zumal für die direkt betroffenen, bedeutet haben.

Abwechselnd kommen die beiden Protagonisten zu Wort. Sie sind sich jeder für sich ihrer Liebe sicher. Dennoch haben beide ganz leise Zweifel, ob diese der Trennung standgehalten hat. Außer Frage steht es für sie, dass sie die einzigartige Gelegenheit nutzen müssen, um sich zu sehen.

Mit ihnen erlebt der Leser die Reaktionen und das Verhalten ihrer Eltern – Lutz‘ Eltern sind anders als Ninas überzeugte und regimetreue DDR-Bürger - und anderer Menschen, denen Nina und Lutz unterwegs begegnen. Die beiden schildern ihre Eindrücke auf dem Weg durch die Stadt, die sich in einer Art Taumel befindet. Für Lutz ist es ein Weg in eine Welt, die ihm bisher verschlossen war, für Nina ein Weg zurück in das Leben ihrer Kindheit. Immer wieder reflektieren sie auch die Geschehnisse seit ihrer Trennung vor etwa einem Jahr. Auf diese Weise werden viele Besonderheiten des Lebens in der ehemaligen DDR wie auch in der geteilten Stadt kurz gestreift – hier bieten sich zahlreiche Anknüpfungspunkte für den Unterricht.

Neue deutsche Geschichte – wirklich bewegend und packend erzählt!

Der Verlag bietet auf seiner Website » kostenloses Unterrichtsmaterial zum Download.

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Mauerblümchen

Von Holly-Jane Rahlens

Rowohlt Taschenbuch Verlag
Seiten: 153
Preis: 10,00 Euro
ISBN: 978-3-499-00071-3
Altersempfehlung: ab 13 Jahren

Kurz vor ihrer Rückkehr nach Amerika hat die Deutschamerikanerin Molly Lenzfeld im November 1989, zwei Wochen nach dem Fall der Berliner Mauer, noch eine Mission: Sie macht sich auf den Weg vom Westteil Berlins in den Ostteil, wo sie das Geburtshaus ihrer verstorbenen Mutter aufsuchen will. Unterwegs lernt sie den im Osten aufgewachsenen Schauspielstudenten Mike kennen und verliebt sich auf den ersten Blick in ihn.

Ein sehr lesenswerter Jugendroman, der viele Anknüpfungspunkte für eine Behandlung im Unterricht bietet, nicht zuletzt die zahlreichen zeitgeschichtlichen Aspekte rund um die Themen Mauerfall und Leben in der ehemaligen DDR und im geteilten Berlin, die die fesselnde Liebesgeschichte gleichzeitig zu einer Art „Wendegeschichte“ machen.

Inhalt

Die deutschstämmige Amerikanerin Molly Beth Lenzfeld lebt seit einem halben Jahr mit ihrem Vater in Berlin, wo er eine Gastprofessur an der Universität hat. Sie ist aber in Deutschland überhaupt nicht heimisch geworden. Nicht zuletzt leidet sie unter ihrer Größe - sie ist 1,86 groß und hat Schuhgröße 44 - und hat das Gefühl, um sich herum eine Art Mauer zu haben, die sie von „hippen“ Gleichaltrigen trennt. Eine von ihnen ist Carlotta, unter deren überheblicher Art sie besonders leidet. Ihrem Heimweh will sie im November 1989 durch ihre vorzeitige Rückkehr nach New York, wo sie aufgewachsen ist, ein Ende machen.

Eine Mission hat Molly allerdings noch: Seit vierzehn Tagen ist die Berliner Mauer offen und sie will zwei Tage vor ihrer Abreise die Chance nutzen und das Geburtshaus ihrer früh verstorbenen Mutter besuchen, das im Ostteil der Stadt liegt. Unterwegs in S- und U-Bahn zwischen Berlin Charlottenburg im Westen und Schönhauser Allee im Osten lernt sie den Schauspielstudenten Mike kennen. Auch er ist mit seinen 1,96 außergewöhnlich groß. Die beiden fühlen sich sofort zueinander hingezogen.

Plötzlich fällt es Molly leicht, geistreich und witzig zu sein und zu flirten. Sie fühlt sich nicht mehr schwerfällig und sperrig, im Gegenteil: Überglücklich und auch ein wenig ungläubig stellt sie fest, dass Mike Wert auf ihre Gesellschaft legt und sich ihr anschließt. Gemeinsam legen sie den Weg vom Westteil in den Ostteil der Stadt zurück.

Molly wird mit den Absonderlichkeiten der geteilten Stadt konfrontiert und erlebt mit großem Staunen und teils auch Kopfschütteln, dass die Mauer die Stadt nicht nur in zwei Hälften, sondern regelrecht in zwei verschiedene Welten trennt.

Schließlich hätte die Begegnung mit Mollys Klassenkameradin Carlotta allerdings fast eine Katastrophe herbeigeführt und der gerade begonnenen Geschichte zwischen Mick und Molly ein Ende gemacht, doch Molly besinnt sich noch rechtzeitig eines Besseren.

Bewertung

Die Autorin lässt die Liebesgeschichte zwischen Molly und Mike mit ihren Turbulenzen im Berlin des Novembers 1989 spielen. Mit den Augen der Deutschamerikanerin Molly erlebt der Leser die Fahrt durch Berlin, wo überall die Spuren der Teilung wahrnehmbar sind, besonders konkret natürlich durch die Mauer oder den für Molly sprichwörtlichen Eisernen Vorhang am U-Bahn-Bahnhof

Friedrichstraße. Wie Molly bekommt der Leser von Mike erklärt, wie vieles in der DDR funktioniert hat, z.B. was eine LPG ist oder der „Tränenpalast“. Molly und mit ihr der Leser staunen über die unfreundliche Behandlung in einem Restaurant ebenso wie über das Phänomen der Intershops, den Gestank in den Straßen, verursacht durch die „ulkigen kleinen Autos“, wie Molly die Trabbis nennt, oder die „Ketwurst“, die natürlich als Kuriosum der DDR nicht fehlen darf.

Nicht nur die fesselnde Liebesgeschichte und die zahlreichen zeitgeschichtlichen Aspekte machen den Roman als eine Art „Wendegeschichte“ lesenswert und bieten Anknüpfungspunkte für eine Behandlung im Unterricht; auch Mollys Familiengeschichte – ihre Mutter musste als Jüdin 1938 Berlin verlassen und ist mit ihren Eltern nach Amerika ausgewandert und dann viel zu früh verstorben – bietet interessante Gesprächsanlässe.

Der Verlag bietet auf seiner Website » kostenloses Unterrichtsmaterial zum Download.

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