1_fruehkindliche_Foerderung_Kindergarten_DSC0468.jpg
VBE/forsa Studie zur Leitung an Kitas Startseite klein

Kita-Leitung in Zeiten des Fachkräftemangels

Eine bayernweite VBE/forsa-Umfrage 2019 zu den Rahmenbedingungen der Leitung von Kindertageseinrichtungen zeigt deutliche Missstände, fehlendes Personal und eine hohe Belastung auf. Das Betreuungsangebot, welches durch Kitas bereitgestellt werden muss, ist massiv beeinträchtigt.

Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband sieht in der Qualität der frühkindlichen Bildung eine zentrale Basis und Ressource für lebenslange Lern- und Entwicklungsprozesse. Von hochwertiger und bedarfsgerechter Bildung, Erziehung und Betreuung in Kindertageseinrichtungen profitieren sowohl die gegenwärtig jungen Menschen wie auch die zukünftige Gesellschaft über alle Maßen. Das, was Kinder in den ersten Jahren erfahren, prägt sie für ihr ganzes weiteres Leben. Die möglichst frühe ganzheitliche Förderung der Kinder ist Teil des Bildungsbegriffes in unserer Gesellschaft.

Diese große Bedeutung spiegelt sich auch in der Rolle der Kolleginnen und Kollegen, die in Kindertageseinrichtungen arbeiten, wider. Der Anspruch an ihre Professionalität ist enorm hoch und die Arbeit, die sie täglich leisten, kann nicht genug wertgeschätzt werden. Umso fataler ist, dass sich die Rahmenbedingungen in den letzten Jahren auch in Bayern kaum maßgeblich verbessert haben und sich die Versäumnisse der Politik im Kitabereich heute rächen. Die Leitungen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kitas widmen sich mit höchsten Engagement der Erfüllung des an sie gestellten Erziehungs- und Bildungsauftrags und versuchen – oftmals über die Belastungsgrenzen hinaus - die Missstände aufzufangen, für die sie nicht verantwortlich sind. Diese alarmierenden Zustände zeigen auch die bayernweiten Ergebnisse der diesjährigen DKLK-Studie auf.

„Die Anforderungen in den bayerischen Kindertageseinrichtungen haben sich in den vergangenen Jahren drastisch erhöht. Die Rahmenbedingungen für die Erzieher/innen sind jedoch unverändert schlecht geblieben.“ Darauf macht die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), Simone Fleischmann anlässlich des diesjährigen Kitaleitungskongresses in Augsburg am 25. und 26. Juni aufmerksam. Die Probleme seien in vielen Einrichtungen gravierend. Das gehe auch aus der DKLK-Studie 2019 hervor. „Hauptkritikpunkt ist und bleiben der Personal- und Zeitmangel“, so Fleischmann. Den hohen Anforderungen könnten die Erzieher/innen so nicht gerecht werden. „Wenn die Politik nicht endlich handelt und für angemessene Rahmenbedingungen sorgt, ist die Qualität vieler Einrichtungen in Gefahr. Die Beschäftigten brauchen mehr Zeit und mehr personelle Unterstützung.“ Bei der Bezahlung gebe es zwar Verbesserungen, doch wirklich angemessen entlohnt würden Erzieher/innen immer noch nicht.

Fehlende Wertschätzung durch Politik

Die Wertschätzung der eigenen Arbeit und Person ist laut der DKLK-Studie 2019 ein wichtiger Faktor für Arbeitsmotivation und Zufriedenheit im Beruf. Gerade in Zeiten steigender Anforderungen ist diese Unterstützung essenziell, um die vielfältigen Erwartungen an die Leitungstätigkeit angemessen ausfüllen zu können.

Erfreulich ist es daher, dass sich die befragten Kita-Leitungen besonders stark durch ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wertgeschätzt fühlen (Grafik 1). 96% sehen in ihrem Team einen starken Rückhalt. Auch vonseiten der Eltern (90%), Fachberatungen (88%) und Träger (85%) erfahren die Befragten eine tendenziell hohe Wertschätzung. Wenig überraschen muss nach den Befragungen der vergangenen vier Jahre, dass die Politik in Sachen Wertschätzung weiterhin überaus schlechte Werte erreicht. Lediglich 3,5% der befragten Leitungskräfte bescheinigen den politischen Vertreterinnen und Vertretern eine (sehr) starke Wertschätzung ihrer Arbeit gegenüber. Im Umkehrschluss sehen sich 80% in der Tendenz nicht wertgeschätzt.

Grafik 1: Wie stark fühlen Sie sich von folgenden Personen wertgeschätzt? (Quelle: VBE/forsa DKLK-Studie 2019)

 

Fehlende Fachkräfte und steigende Arbeitsbelastung

Dass es derzeit schwierig für Träger und Leitungskräfte ist, gut ausgebildete Fachkräfte zu finden, ist im Grundsatz bekannt. Die Gründe dafür sind vielfältig. Doch wie stellt sich die Situation aktuell in der konkreten Praxis dar? Die DKLK-Studie 2019 gibt hier wichtige Anhaltspunkte.

Demnach gaben 44% der befragten Kita-Leitungen an, dass zum Zeitpunkt der Umfrage mindestens eine Stelle für pädagogisches Fachpersonal in ihrer Einrichtung nicht besetzt war. 17% der Kitas suchen aktuell sogar zwei oder mehr neue Fachkräfte. Und: die Gewinnung von pädagogischen Fachkräften dauert viel zu lang. Gerade angesichts der hohen Zahl unbesetzter Stellen in den Kitas ist es für die Teams umso belastender, dass sie oft mehrere Monate auf fachliche Unterstützung warten müssen. 68% der Kita-Leitungen benötigen im Durchschnitt mehr als drei Monate zur Schließung von Personallücken, 30% der Befragten müssen sogar mindestens fünf Monate aufbringen, um neue Arbeitskräfte zu gewinnen. Für 12% gestaltet sich die Personalsuche so langwierig, dass sie durchschnittlich länger als ein halbes Jahr für eine Nachbesetzung benötigen.

Das Betreuungsangebot ist durch die aktuelle Personalsituation wesentlich beeinträchtigt. Von den betroffenen Einrichtungen gab eine große Mehrheit von 86% an, dass sie Angebote für Kinder bereits reduzieren mussten. Gezwungen sahen sich die Leitungskräfte auch zur (vorübergehenden) Vergrößerung von Gruppen (20,5%), zur Reduzierung von Öffnungszeiten (16%) und zur (vorübergehenden) Schließung von Gruppen (11%), um der aktuellen Personalsituation gerecht zu werden.

Mittel gegen den Fachkräftemangel im Kita-Bereich

„Der Erzieher/innenberuf muss attraktiver werden.“ Diesen Satz hört man aus der Politik häufiger, doch fehlen leider bislang die geeigneten Maßnahmen. Einige Bundesländer haben nun entgegen dieser Forderung angekündigt, die zusätzliche Finanzspritze aus dem Gute-Kita-Gesetz teilweise in die Beitragsfreiheit zu stecken, anstatt sie zu nutzen, um die Arbeitsbedingungen für pädagogische Fachkräfte zu verbessern. Laut der Einschätzung der befragten Kita-Leitungen wäre aber genau das ein wirksames Mittel, um mehr Fachkräfte zu gewinnen. So halten 95,5 % der Leitungskräfte etwa eine Lohnsteigerung für unabdingbar, um mehr Menschen für den Erzieherberuf zu gewinnen (Grafik 2).

Der geringe Personalstand führt zu einer stärkeren Beanspruchung der Beschäftigten: je weniger Personal, desto höher die Arbeitsbelastung für die einzelne Fachkraft. Daher spielen für die Bekämpfung des Fachkräftemangels auch Faktoren wie eine Verringerung der Arbeitsverdichtung – z.B. durch einen verbesserten Fachkraft- Kind-Schlüssel – eine wichtige Rolle. Das sehen auch die befragten Leitungskräfte so: 95% halten eine positive Veränderung der Arbeitsdichte für einen wirksamen Ansatzpunkt zur Bekämpfung des Personalmangels. 64% bewerten dies sogar als sehr wirksame Maßnahme. Der Fachkräftemangel ist aber nicht nur eine Frage politischer Rahmenbedingungen. 89,5 % der Befragten sehen auch den eigenen Träger in der Pflicht und fordern ein professionelleres Personalmanagement inklusive Personalbindungsmaßnahmen.

Grafik 2: Bitte bewerten Sie die folgenden Maßnahmen zur Bekämpfung des Personalmangels im Kita- Bereich im Hinblick auf ihre Wirksamkeit … (Quelle: VBE/forsa DKLK-Studie 2019)

 

Es muss gehandelt werden

BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann sieht die Politik gefordert, "... der Unterfinanzierung des frühkindlichen Bereichs entgegenzuwirken. Eine angemessene Bezahlung auf allen Ebenen und die Erhöhung der Attraktivität dieses so erfüllenden Berufes sind zwingend notwendig." Darüber hinaus sei die Betreuungsrelation zu verbessern und eine Entlastung bei Verwaltungsaufgaben umzusetzen. "Insbesondere muss aber endlich auch professionelle Leitung ermöglicht werden. Denn der Schlüssel für die Qualität und die Weiterentwicklung einer Kindertageseinrichtung liegt ganz wesentlich bei der Leitung. Für ihre Leitungsaufgaben brauchen die Leitungen deshalb gute Rahmenbedingungen und ausreichende Zeitressourcen", so die BLLV-Präsidentin.