Juden und Bildung im Deutschen Reich ab 1871

Bildung nimmt in der jüdischen Kultur einen hohen Stellenwert ein. Die rechtliche Gleichstellung von Juden im neu gegründeten Deutschen Reich ab1871 war aus diesem Grund mit großen Hoffnungen auf berufliche Entfaltungsmöglichkeiten vieler Menschen jüdischen Glaubens verbunden. Junge Juden schlugen überdurchschnittlich häufig eine akademische Laufbahn ein. Dennoch blieb der Beruf des Lehrers zunächst weitgehend Nichtjuden vorbehalten.  Juden wurden selten und nur mit großen Schwierigkeiten in den Staatsdienst übernommen. (1)

Alle Volksschulen waren Konfessionsschulen und unterlagen der Schulaufsicht der Kirchen. Lehrer durften nur an den Schulen unterrichten, deren Konfession sie angehörten. In Bayern gab es nur 26 jüdische Volksschulen. Jüdische Lehrer wurden daher vor allem von den Kultusgemeinden als Religions- und Elementarschullehrer angestellt. Allmählich wurden Fachlehrer mit Universitätsstudium auch für den Unterricht an Realschulen, Oberrealschulen und Realgymnasien in den Staatsdienst übernommen.

Im Jahr 1933, zum Zeitpunkt des nationalsozialistischen Machtantritts, lebten etwa 500 000 Menschen jüdischen Glaubens im Deutschen Reich. In Bayern waren es 49 000, was einem Bevölkerungsanteil von 0,67 Prozent entspricht. (2) Etwa 200 jüdische Gemeinden verzeichnet das Historische Lexikon Bayern für diese Zeit. Die größten waren die Stadtgemeinden in München, Nürnberg, Fürth, Würzburg, Bamberg und Augsburg.


(1) Lowenstein, Steven M. et.al. (Hg): Deutsch-jüdische Geschichte in der Neuzeit, Bd. 4 1918-1945, S. 58f.

(2) Zentralwohlfahrtsstelle der Deutschen Juden (Hg.), bearbeitet von Dr. Bella Schlesinger: Führer durch die jüdische Gemeindeverwaltung und Wohlfahrtspflege in Deutschland 1932-33, S. 262. Ophir/Wiesemann verzeichnen für 16.6.1933 35 452 Juden in Bayern ohne die Pfalz. Baruch Z. Ophir / Falk Wiesemann: Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung, München 1979, S. 24.