Lehrer und Lehrerinnen sind liberaler

Lehrkräfte sind für Islamischen Unterricht

Der Schulerfolg von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund ist nicht nur von Elternhaus und Bildungssystem abhängig. Auch die Haltung der Lehrer und Lehrerinnen zählt. Diese sind häufig liberaler als die Gesamtbevölkerung eingestellt. Beispielsweise sprechen sich 70 % für islamischen Religionsunterricht aus.

Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie des Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM), einem Forschungsbereich des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration: „Vielfalt im Klassenzimmer. Wie Lehrkräfte gute Leistung fördern können“, so der Titel.

Der BLLV sieht sich bestätigt. Er setzt sich bereits seit Ende der 90er Jahre für Islamunterricht an Schulen in Bayern ein. Präsidentin Simone Fleischmann sagt: „Wir haben schon damals bis heute gültige Kriterien formuliert. Diese sichern Qualität, staatliche Schulaufsicht und garantieren damit, dass dieser Unterricht auf dem Boden des Grundgesetzes stattfindet.“ Die nun erschienene Studie zeigt: Die Kriterien und Ziele des BLLV werden mit großer Mehrheit in Schule und Bevölkerung unterstützt.

In drei Studienmodulen wurde untersucht: Wie sind Lehrkräfte gegenüber kultureller Vielfalt eingestellt? Wird der Bildungserfolg von Kindern mit Migrationshintergrund durch Leistungserwartungen von Lehrkräften beeinflusst? Wie können negative Effekte vermieden werden?

Die Ergebnisse zeigen erstens: Lehrkräfte sind zu bestimmten Aspekten von Vielfalt liberaler eingestellt als die Gesamtbevölkerung. Trotzdem deuten ihre Überzeugungen auf Vorbehalte gegenüber Muslimen hin.

Zweitens: Lehrkräfte erwarten für Kinder mit Migrationshintergrund etwas geringere Leistungen, auch wenn deren Leistungen faktisch gleich hoch sind. Das bestimmt ihr Verhalten im Unterricht und kann sich dadurch auf die Leistungszuwächse dieser Kinder auswirken. Die Effekte sind jedoch gering.

Drittens: Eine interkulturell sensible Lehrerbildung, eine Sensibilisierung für Stereotype und die Einbettung selbstbestätigender Interventionen in das Lehrkonzept sind wichtige Strategien zum Abbau von Benachteiligungen.

Befragt wurden sowohl Lehrer und Lehrerinnen als auch die übrige Bevölkerung. Unterschieden wurde dabei zwischen angehenden, aktiven und pensionierten Lehrkräften sowie zwischen Ost- und Westdeutschland.

„Die islamische Kultur bereichert Deutschland“: 70 % der Lehrer und Lehrerinnen befürworten islamischen Religionsunterricht. Allerdings stimmen sie religiösen Symbolen im Klassenzimmer seltener zu als die übrige Bevölkerung (43,4 % im Vergleich zu 48 %).

 

Dazu passt, dass zwei Drittel der Lehrkräfte der Meinung sind, „die islamische Kultur bereichert Deutschland“ (73,3 %), „Muslime sollten mehr Anerkennung erhalten“ (79,2 %) oder: „Muslime sind genauso bildungsorientiert wie wir“ (61,4 %). Auch schätzen Lehrer und Lehrerinnen ihr Wissen über Muslime als relativ hoch ein: 53,8 % der Befragten glauben „eher viel“ oder „sehr viel“ über sie zu wissen.

Generell äußerten sich angehende Lehrer und Lehrerinnen deutlich liberaler als deren ältere Kollegen. Dies zeigte sich vor allem bei der Bewertung der Frage, ob Muslima in der Schule Kopftuch tragen dürfen sollen: Während sich 77 % der Studierenden dafür aussprachen, waren es unter den aktiven nur 50 %, unter den ehemaligen Lehrkräften nur 31 %.

Ein Grund dafür sei, dass die jüngeren Jahrgänge bereit in einem selbstverständlichen Miteinander aufwüchsen, und „häufiger Kontakt mit einer sozialen Gruppe Vorurteile gegen diese reduzieren kann“, so die Studienautoren.

Leistungsstereotype halten sich hartnäckig

Was sich allerdings hartnäckig halte, sind Leistungsstereotype: Traut die Lehrkraft den Schülern und Schülerinnen mehr zu, sind diese auch tatsächlich zu höheren Leistungen motiviert und umgekehrt. Entscheidend für die Selbsteinschätzung des Kindes sei dabei zum Beispiel, wie viel Aufmerksamkeit die Lehrkraft dem Betreffenden widme oder wie stark dieser in den Unterricht eingebunden werde.

Dennoch: Größtenteils schätzen die Lehrer und Lehrerinnen die Leistungsfähigkeit ihrer Schüler und Schülerinnen als zutreffend ein.

Quellen

Die Studie beruht auf einem interdisziplinären Forschungsprojekt, das quantitative Sozialforschung und experimentelle Bildugnsforschung miteinander verknüpft.

· Für Teil 1 der Studie wurden Stichproben des Projekts „Deutschland postmigrantisch“ (Link: www.projekte.hu-berlin.de/de/junited/deutschland-postmigrantisch) ausgewertet. Insgesamt wurden 8.270 Personen bundesweit befragt, darunter 540 Pädagogen und Pädagoginnen.

· Teil 2 der Studie beruht auf einer Reanalyse des Forschungsprojekts „Kompetenzerwerb und Lernvoraussetzungen“ (KuL) (Link: www.iqb.hu-berlin.de/research/dm/KuL ). Dazu wurden 1.065 Kinder und deren Lehrkräfte während des ersten Schuljahr begleitet.

· Für Teil 3 der Studie hat der SVR ein eigenes Forschungsprojekt durchgeführt: „Wider die Stereotypisierung: Bessere Schulleistung durch Selbstbestätigung“ (Link: www.svr-migration.de/forschungsbereich/forschungsprojekte/ )820 Jugendliche aus 7. Klassen befragt.