OECD-Studie zur Bildungsgerechtigkeit und Bildungschancen
Schüler aus sozial schwachen Verhältnissen haben mittlerweile besser Bildungschancen. Zu diesem Schluss gelangt die OECD.
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Bildungsgerechtigkeit

Benachteiligte Kinder brauchen mehr individuelle Förderung

Schüler aus sozial benachteiligten Verhältnissen haben hierzulande mittlerweile bessere Bildungschancen als noch vor zehn Jahren. Das zeigt die neueste OECD-Studie. Von echter Chancengerechtigkeit ist Deutschland aber noch weit entfernt. Schüler bräuchten mehr individuelle Förderung und die Lehrkräfte mehr Zeit dafür, fordert die OECD.

Zwischen 2006 und 2015 stieg in Deutschland der Anteil von Schülern aus sozial schwierigen Verhältnissen, die dennoch gute Leistungen liefern, von 25,2 auf 32,3 Prozent. Diese Zahlen stellte OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher am Montag in Berlin vor. Als Gründe für diesen Fortschritt nannte Schleicher den Ausbau von Ganztagsschulen, die Zusammenführung von Haupt- und Realschulen, die verstärkte Förderung im frühkindlichen Bereich und die Förderung von Schülern mit Migrationshintergrund. Dennoch liegt Deutschland in Sachen Bildungsgerechtigkeit im internationalen Vergleich immer noch im hinteren Mittelfeld.

Längeres gemeinsames Lernen wirkt sich positiv aus
Die OECD hat untersucht, welche Faktoren sich positiv auf die Schülerleistungen auswirken. Benachteiligte Schüler profitieren von einer sozialen Durchmischung in der Klasse, wie sie durch längeres gemeinsames Lernen ermöglicht wird. Die Zusammenführung von Haupt- und Realschule, die einige Bundesländer vorangetrieben haben, geht dabei nicht zu Lasten der besseren Schüler, wie Schleicher betonte.

Ein gutes, von Vertrauen geprägtes Verhältnis zwischen Schüler und Lehrkraft, ein positives Arbeitsklima im Kollegium und eine geringe Lehrerfluktuation spielen laut OECD ebenfalls eine große Rolle. Außerdem helfen außerschulische Aktivitäten.

Lehrer haben keine Zeit für individuelle Förderung
Als negativ bewertet Schleicher die hohen Stundendeputate, die deutsche Lehrer schultern müssen. Ihnen fehle es deswegen an Zeit außerhalb des Unterrichts, um die Beziehung zu ihren Schülern zu gestalten, sich um schwächere Kinder und Jugendliche zu kümmern und Talente zu fördern. Für Schleicher ist aber mehr Zeit für das einzelne Kind und eine individuelle Förderung der Schlüssel zum Erfolg.

BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann kann Schleichers Fazit nur unterstützen. „Die Förderung sozial benachteiligter Kinder ist ganz einfach. Dafür bräuchten wir eine Lehrerin, die in der Frühe schon vor dem Unterricht für die Kinder da ist, ein gutes Klassenmanagement für eine gutes Klima in der Klasse und die gezielte Anleitung und Begleitung der Kinder beim Lernen.“ Genau daran hapert es allerdings. „Es fehlt die Zeit für das einzelne Kind, für das Kind, das schwer bedürftig ist. Manchmal fehlt uns Lehrerinnen und Lehrern auch die Expertise, zum Beispiel im Bereich der Inklusion und der Integration. Wir bräuchten Fortbildungen, die wir aber nicht im erforderlichen Umfang bekommen.“