Grund- und Mittelschulen im Schuljahr 2021/22 Startseite Topmeldung
Gebundener Ganztag Bildungsqualität

BLLV-Position zu den Unterrichtsversorgungsmaßnahmen des KM

Insgesamt ist bei den vom KM geplanten Maßnahmen festzustellen, dass das Kultusministerium in allen Bereichen versucht, Lücken in der Unterrichtsversorgung durch den Einsatz von externem Personal zu füllen. Das sieht der BLLV kritisch.

Mit dem KMS „Maßnahmen zur Sicherung der Unterrichtsversorgung an Grund- und Mittelschulen im Schuljahr 2021/22“ gibt das Kultusministerium bekannt, welche Maßnahmen zur Sicherung der Unterrichtsversorgung und damit zur Bekämpfung des Lehrermangels an diesen beiden Schularten ergriffen werden sollen.

Dies sind:

  • Anteilige Erteilung des „Vorkurs Deutsch 240“ durch Personal ohne Lehramtsbefähigung für das Lehramt an Grundschulen
  • Erteilung von sonstigem Unterricht durch weiteres fachlich vorgebildetes Personal
  • Einsatz weiteren fachlich vorgebildeten Personals in Randbereichen der Stundentafel der Mittelschule
  • Erteilung von zusätzlichem Unterricht für gebundene Ganztagesklassen durch externes Personal
  • Weitere Einstellungsmöglichkeiten im Bereich der Aufgaben von Fachlehrern („Ein-Fach-Fachlehrer“)
  • Islamischer Unterricht

Position des BLLV

Grundsätzlich ist zu begrüßen, dass zur Sicherung der Unterrichtsversorgung keine weiteren dienstrechtlichen Maßnahmen zu Lasten der Lehrerinnen und Lehrer getroffen werden. Hier ist aber auch gleichzeitig festzuhalten, dass die Belastungsgrenze der Lehrkräfte an Grund- und Mittelschulen durch die Maßnahmen aus dem Januar 2020 schon überschritten ist und weitere dienstrechtliche Maßnahmen zur Sicherung der Unterrichtsversorgung auch nicht mehr möglich sind.

Insgesamt ist bei den geplanten Maßnahmen für das nächste Schuljahr festzustellen, dass von Seiten des Ministeriums in allen Bereichen versucht wird, die Lücken in der Unterrichtsversorgung durch den Einsatz von externem Personal zu füllen. Durch die Kürzung der zusätzlichen Unterrichtsstunden im gebundenen Ganztag der Mittelschule von 12 auf 9 Stunden pro Ganztagesklasse werden die durch externes Personal zu schließenden Lücken sogar noch erweitert.

Der Einsatz von externem Personal zur Übernahme von Unterricht im gebundenen Ganztag, im Vorkurs oder in Randbereichen der Stundentafel der Mittelschule wird von uns aus mehreren Gründen sehr kritisch gesehen.

  • Gewinnung externen Personals

Da externes Personal, vor allem mit den geforderten Qualifikationen, nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung steht, werden die Schulen bei der Suche und Gewinnung dieses Personals sehr schnell an ihre Grenzen stoßen. Vor allem außerhalb der Ballungsgebiete Bayerns haben die Schulen schon jetzt Probleme geeignetes Personal als Teamlehrkräfte, Drittkräfte, Schulassistenzen oder Personal für die ganztägige Betreuung zu finden. Dies ist neben der neben dem Fehlen von geeigneten Bewerbern auch darin begründet, dass die angebotenen Arbeitsbedingungen sowohl finanziell und auch aufgrund der zeitlich befristeten, kurzen Vertragsverhältnisse äußerst unattraktiv sind. Darüber hinaus wird die Suche und die Verpflichtung dieses Personals die ohnehin schon sehr hohe Belastungssituation der Schulleitungen weiter erhöhen.

  • Entprofessionalisierung

Durch die weiter fortschreitende Übernahme von unterrichtlichen Tätigkeiten, die ureigenste Aufgabe des dafür ausgebildeten Lehrpersonals. Diese hoch qualifizierten Lehrkräfte, Fachlehrkräfte und Förderlehrkräfte sind die Grundpfeiler eines professionellen und qualitativ hochwertigen Angebots der bayerischen Grund- und Mittelschulen. Durch den geplanten Einsatz von externem Personal ohne eine grundständige Lehrerausbildung wird das Unterrichtsangebot dieser Schulen immer weiter entprofessionalisiert und verliert damit deutlich an Qualität. Dieser Verlust an Qualität ist für die Grund- und Mittelschulen nicht hinnehmbar. Außerdem führt die Tatsache, dass nun unterrichtliche Bereiche, für die bisher eine hohe fachliche Qualifikation der Lehrkräfte erforderlich war, von deutlich weniger hoch qualifiziertem Personal zu einer Demotivation der Lehrkräfte, die sich hierdurch gering geschätzt fühlen.

Forderungen des BLLV

In Hinblick auf die geplanten Maßnahmen und den weiter andauernden Lehrermangel ergeben sich für den BLLV sowohl kurzfristige Forderungen für die aktuelle Situation im nächsten Schuljahr, als auch mittel- und langfristige Forderungen in Hinblick auf die weiterhin düsteren Aussichten in Hinblick auf die Lehrerversorgung vor allem im Bereich der Mittelschulen.

Kurzfristige Forderungen

  • Entlastung der Schulleitungen

Durch die Notwendigkeit externes Personal für die Sicherung der Unterrichtsversorgung gewinnen zu müssen, steigt die ohnehin schon hohe Belastung der Schulleitungen an Grund- und Mittelschulen weiter an. Um die nun weiter hinzu kommenden Aufgaben zeitlich bewältigen zu können, müssen die Schulleitungen weiter von unterrichtlichen Verpflichtungen entlastet werden. Die Erhöhung der Anrechnungsstunden für die Schulleitungen an Grund- und Mittelschulen und eine deutliche Verbesserung der Ausstattung mit Verwaltungsangestellten ist hier unumgänglich. Darüber hinaus sollten Möglichkeiten der erweiterten Schulleitung geschaffen werden, um bestimmte Aufgabenbereiche, z.B. die hoch aufwändige Verwaltung der Ganztagesangebote, auf Mitglieder einer erweiterten Schulleitung delegieren zu können. Auch hier bedarf es einer entsprechenden Ausstattung mit Anrechnungsstunden.

  • Einrichtung einer Plattform für Bewerber als externes Personal

Wie schon beschrieben ist die Aufgabe, externes Personal zu finden und zu gewinnen, für die Schulleitungen ehr schwierig. Bewährt hat sich hier bei der Gewinnung von Schulassistenzen die Einrichtung einer zentralen Bewerberplattform aus der die Schulen dann entsprechend ihr externes Personal rekrutieren können. Die Einrichtung einer solchen Plattform ist auch für die Gewinnung des Personals für Vorkurse, Ganztagesbereich und Randbereiche der Stundentafel der Mittelschule unumgänglich.

  • Langfristige Verträge für externes Personal

Die Gewinnung von externem Personal scheitert oftmals daran, dass nur kurzfristige Verträge hierfür angeboten werden. Um tatsächlich geeignetes und qualifiziertes Personal gewinnen zu können, muss den Bewerbern auch eine längerfristige Perspektive geboten werden. Ohne diese längerfristige Perspektive wird es nicht möglich sein, genügend Personal gewinnen zu können.

  • Aus- und Fortbildung für das externe Personal

Um den Anforderungen und Belastungen der unterrichtlichen Arbeit in den Schulen gerecht werden zu können, muss dem hierfür gewonnenen Personal eine entsprechende Aus- und Fortbildung ermöglicht und gewährt werden. Nur so wird es für die externen Kräfte auch möglich sein, den an sie gestellten Anforderungen gerecht zu werden.

Mittel- und langfristige Forderung

Gerade der Lehrermangel an den bayerischen Mittelschulen wird weiter andauern. Eine Entspannung der Situation ist mit Blick auf die Bewerberzahlen für das Lehramt an Mittelschule nicht in Sicht und selbst bei einem im Moment nicht absehbaren Anstieg der Bewerberzahlen würde ein positiver Effekt an den Schulen frühestens in fünf Jahren feststellbar sein. An den bayerischen Grundschulen wird sich diese Entspannung relativ bald einstellen. Hier versucht nun der Dienstherr durch Arbeitszeitkonten und Ausbau der Studienplätze ein Überangebot an Bewerbern zu erreichen, das dann den Lehrermangel an den Mittelschulen auffangen soll. Dies ist nicht der richtige Weg. Ziel muss es vielmehr sein, auch für die Mittelschulen wieder genügend für diese Schulart ausgebildete Lehrkräfte zu gewinnen. Bemühungen des Dienstherrn in diese Richtung sind aber leider nicht zu erkennen.

Aus Sicht des BLLV braucht es zum einen dringend eine Attraktivitätssteigerung des Lehramtes für Mittelschulen. Diese Attraktivitätssteigerung kann nur durch eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und eine gerechte Bezahlung erreicht werden. A13 als Einstiegsgehalt für Grund- und Mittelschullehrkräfte ist hier ein längst überfälliger Schritt.

Langfristig wird es aber nur dann gelingen, genügend Bewerber für die einzelnen Schularten zu gewinnen, wenn die Lehrerbildung in Bayern deutlich flexibilisiert wird. Durch die Festlegung auf eine Schulart schon zu Beginn des Studiums werden Schularten wie die Mittel-, aber auch die Förderschulen auch weiterhin unter Bewerbermangel leiden.

Der BLLV hat hier mit seinem flexiblen Lehrerbildungsmodell ein ausgereiftes und praktikables Modell entwickelt. Nur so kann auch langfristig dem immer wieder bestehenden Lehrermangel an Bayerns Schulen effektiv und sinnvoll begegnet werden. Der Qualitätsverlust an den Schulen und die Entprofessionalisierung des Lehrerberufst ist so ebenfalls zu vermeiden.

>> BLLV-Abteilungsleiter Hans Rottbauer zum zentralen Problem der Corona-Krise an den Schulen: Lehrermangel