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Wertebildung

Lange Nacht der Demokratie am 02. Oktober 2020/21

Im Interview erklären Andrea Taubenböck, Geschäftsführerin der Stiftung Wertebündnis Bayern, und Christian Boeser, Initiator der Langen Nacht der Demokratie, warum ein Verschieben der diesjährigen Langen Nacht der Demokratie nicht mit einer Absage gleichzusetzen ist und wie Schulleitungen, Lehrerinnen und Lehrer das Projekt sowohl am 02.10.2020 als auch am 02.10.2021 wahrnehmen oder unterstützen können.

BLLV: Das Wertebündnisprojekt „Lange Nacht der Demokratie“ (>> Weitere Infos) sollte ja am 2.10.2020 in über 30 bayerischen Kommunen stattfinden. Was ist aus diesem Plan geworden?

Taubenböck: Wir haben in der bayernweiten Steuerungsgruppe seit Anfang April 2020 intensiv die Frage diskutiert, welche Konsequenzen die Corona-Pandemie für unser Projekt hat. Nach Austausch mit den jeweiligen Organisationsgruppen vor Ort war uns auf der einen Seite schnell klar, dass wir die eigentliche „Lange Nacht der Demokratie“ verschieben müssen. Auf der anderen Seite war uns auch bewusst, dass unsere Demokratie durch die Corona-Krise sehr herausgefordert ist. Deswegen haben wir uns entschieden, dass wir beginnend mit dem 02. Oktober 2020 – der Nacht vor dem 30jährigen Jubiläum der Deutschen Einheit – regelmäßig sogenannte ‚Teaserveranstaltungen‘ anbieten wollen. Höhepunkt ist dann ein Jahr später die „Lange Nacht der Demokratie“ am 02. Oktober 2021.

BLLV: Was wird bei den Teaser-Veranstaltungen angeboten?

Boeser: Das ist sehr unterschiedlich. Alleine im Oktober 2020 finden sechs verschiedene Veranstaltungen statt, die jeweils von unterschiedlichen Kommunen oder Akteuren verantwortet werden. Zum Teil rein digital, zum Teil real und zum Teil hybrid. Auch die Themen sind sehr heterogen: Es geht um Bürgerbeteiligung, um die Deutsche Einheit, um Europa, um demokratische Streitkultur, um das Leben im coronabedingten Ausnahmezustand – um nur einige Beispiele zu nennen. Zentral ist insgesamt unsere Leitfrage: „Was hält unsere Gesellschaft zusammen – in der Kommune, in Bayern, in Deutschland und in Europa?“ Und mit dieser Frage wollen wir uns in ganz unterschiedlichen Formaten auseinandersetzen.

BLLV: Welche Grundidee steht hinter der „Langen Nacht der Demokratie“?

Boeser: Seit Jahren verschlechtert sich in unserer Gesellschaft das Verhältnis zwischen Bürger/innen und Politiker/innen – das wechselseitige Vertrauen nimmt ab und die Distanz nimmt zu. Hinzu kommen zwei ungünstige Entwicklungen hinsichtlich der demokratischen Streitkultur: zum einen die Tendenz, die offene Auseinandersetzung zu vermeiden und zum anderen die Neigung zur Feindseligkeit gegenüber Andersdenkenden. Beide Verhaltensweisen zeigen sich insbesondere bei konfliktträchtigen Themen, wie Integration, Klimaschutz, Gleichstellung von Frau und Mann oder auch Corona.

Mit der „Langen Nacht der Demokratie“ möchten wir eine politische Kultur stärken, welche die offene Auseinandersetzung über unterschiedliche Interessen und Werte ermöglicht: offen hinsichtlich der Nennung eigener Bedürfnisse und offen bezüglich der Bedürfnisse, welche andere Menschen artikulieren. Wir möchten über unsere Demokratie philosophieren, diskutieren, streiten und slammen, wir wollen Musik und Kultur genießen, lachen und feiern. Nicht zuletzt geht es auch darum, Wertschätzung für unsere Demokratie auszudrücken, beispielsweise über persönliche „Liebeserklärungen“ an die Demokratie.

BLLV: Wie wird das Ganze organisiert?

Taubenböck: In den über 30 Kommunen, die sich aktuell beteiligen, arbeiten jeweils eigene Planungsgruppen, die von der bayernweiten Steuerungsgruppe zwar unterstützt werden, aber weitgehend unabhängig sind. Entscheidend für den Erfolg des Projekts ist die Qualität des Planungsprozesses selbst. Die Ressourcen Vertrauen, persönliche Begegnung und konsequente Wertschätzung führen dazu, dass der Planungsprozess sehr offen ist und bereits hier Demokratie nicht nur erlebt, sondern eingeübt und nachvollzogen werden kann. Eine persönliche Beteiligung der Mitwirkenden führt zu starker Identifikation mit dem Projekt, was wiederum die weitere Beteiligung sichert und stärkt. Das ist uns auch sehr wichtig. Denn neben dem konkreten Event, der eigentlichen „Langen Nacht der Demokratie“, zielt das Projekt gerade auch auf die Vernetzung vor Ort: Die Zusammenarbeit von u. a. Jugendverbänden und Volkshochschulen in den jeweiligen Kommunen bringt Akteure zusammen, die bislang nicht oder nur wenig miteinander kooperiert hatten. Dieser Vernetzungsgedanke entspricht auch der Philosophie des Wertebündnis Bayern, in dem sich über 190 Organisationen aus allen gesellschaftlichen Bereichen engagieren, darunter Kirchen, Religionsgemeinschaften, Lehrer- und Elternverbände sowie Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik.

BLLV: Was erwartet uns zum Auftakt am 2.10.2020 um 18 Uhr?

Boeser: Im Werksviertel München und als Livestream wird es vier (durchaus auch kritische) Liebeserklärungen an die Demokratie geben. Spannend wird sicherlich die Podiumsdiskussion mit Oberbürgermeister Dieter Reiter, der Landtagspräsidentin Ilse Aigner sowie der Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau über die aktuellen Herausforderungen in unserer Demokratie. Künstlerische Beiträge gibt es von der Band „Affentheater“ und von der Münchner Initiative democraticArts. Vorgestellt werden wird auch ein Projekt zum „systemischen Konsensieren“.

Leider gibt es keine Plätze mehr für die Präsenzveranstaltung. Verschiedene Organisationen, u.a. Nachbarschaftstreffs und Schulen, bieten jedoch in kleinerem Umfang „Public Viewing“ an. Sehr erfreulich auch: Für die Veranstaltung im Livestream gibt es eine Gebärdensprachendolmetschung.

Zusätzlich zum Livestream werden von 16.00 - 17.30 Uhr interaktive kleinere Online-Workshops angeboten, in denen sich die Teilnehmenden kennen lernen, vernetzen und partizipativ einen Bezug zu Liebeserklärungen und Herausforderungen der Demokratie herstellen. Ein Format, welches gerade auch für Schulen interessant sein kann. Alle Informationen zum Auftakt finden Sie >>hier.

BLLV: Wie kann das Projekt unterstützt werden?

Taubenböck: Wir freuen uns über Schulleiter/innen und Lehrer/innen, die das Projekt unterstützen möchten. Vielleicht gibt es vor Ort ja schon eine Planungsgruppe für die „Lange Nacht der Demokratie“ am 2.10.2021? Die Übersicht finden Sie >> hier oder Sie laden Kolleg/innen und Schüler/innen ein, beispielsweise das Streaming der Auftaktveranstaltung am 2.10. diesen Jahres anzuschauen. Gerne können Sie auch den Projektleiter Christian Boeser kontaktieren, unter christian.boeser(at)lndd.de

Das Interview führte der BLLV mit Dr. Andrea Taubenböck, Geschäftsführerin der Stiftung Wertebündnis Bayern, und Dr. Christian Boeser, Initiator der „Langen Nacht der Demokratie“. Die „Lange Nacht der Demokratie“ ist ein Projekt des Wertebündnis Bayern. Der BLLV ist offizieller Projektpartner.

Weitere Informationen

Zu den Auftaktveranstaltungen am 02.10.2020: www.lndd.de/teaserveranstaltungen

Zur Langen Nacht am 02.10.2021: www.lndd.de

Eine Übersicht der beteiligten Kommunen in Bayern: www.lndd.de/kommunen

 



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