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Übertritt - am Freitag gibt es Zeugnisse

Familien mit Viertklässlern fiebern dem 2. Mai entgegen, dann gibt es das Übertritts-zeugnis / BLLV-Präsident Klaus Wenzel hält das Verfahren für nicht kindgerecht

München - Grundschulkinder und Eltern fiebern dem 2. Mai entgegen. An diesem Tag gibt es die Übertrittszeugnisse. Sie legen fest, wer in ein Gymnasium übertreten darf - und wer nicht. „Die meisten Eltern wissen ohnehin schon seit dem im Januar ausgehändigten Zwischenbericht Bescheid. Überraschungen wird es für die meisten Familien nicht geben, wohl aber eine deutliche Entspannung. Hinter ihnen liegt ein Prüfungsmarathon mit zahlreichen Probearbeiten seit Oktober. „Viele Kinder sind erschöpft und ausgebrannt, ihre Eltern mit den Nerven am Ende, Lehrkräfte frustriert. Sie mussten Handlungen durchführen, die die meisten von ihnen nicht gut finden: Sortieren und streng bewerten nach Noten“, sagte der Präsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV) Klaus Wenzel, heute in München. Er hält das Übertrittsverfahren weder für kindgerecht noch für sinnvoll.

 

Obwohl sich dieses Drama Jahr für Jahr in vierten Grundschulklassen wiederhole, betroffene Eltern immer lauter klagten, immer mehr Kinder krank und viele Lehrkräfte frustriert seien, tue sich nichts. „Das Kultusministerium hält am Übertritt und den dafür vorgesehenen Regularien unbeirrt fest“, kritisierte Wenzel. Er erneuerte seinen Appell, wenigstens den Elternwillen frei zu geben. Dadurch könnte die Situation kurzfristig entschärft und vielen Familien geholfen werden.

„Diskutiert werden sollten aber viel grundsätzlichere Fragen“, meinte Wenzel. Zum Beispiel, welchen Sinn es mache, wenn Bildungsbiografien zehnjähriger Kinder von Kommanoten abhängen und was das mit Bildung zu tun habe.

An den Schulen werde die Leistungsfähigkeit des Kurzzeitgedächtnisses getestet, d.h. zu einem bestimmten Zeitpunkt müssen Grundschulkinder ein ganz bestimmtes, schnell angehäuftes Wissen wiedergeben. Das wird dann benotet. „Mit nachhaltigen Lernprozessen hat dieses Vorgehen wenig zu tun, mit Bildung gar nichts“, sagte der BLLV-Präsident. Kinder profitierten auch nicht von dieser Art des Lernens. Im Gegenteil: „Das schnell angehäufte Wissen wird ebenso schnell wieder vergessen, der Kopf mit neuem Stoff gefüllt.“ Die Angst vor schlechten Noten demotiviere und löse bei vielen Kindern Blockaden aus, dies führe zu Frust. Der BLLV fordert daher seit Langem ein Umdenken und die Einführung eines anspruchsvollen Lern- und Leistungsbegriffs an allen Schulen.