Bild: Jane Elliott findet klare Worte:
Bild: Jane Elliott findet klare Worte: "Nichts unternehmen heißt, mit dem Unterdrücker gemeinsame Sache zu machen."
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Wertebildung Respekt

Von einer Lehrerin, die zeigt, wie das Leben als Schwarzer ist

Rassismus-Expertin Jane Elliott lässt in ihren Workshops Teilnehmer Diskriminierung am eigenen Leib erfahren. Der Dokumentarfilm "Blue Eyed" begleitet einen ihrer Workshops hautnah und führt die Mechanismen von Rassismus vor.

Fast 25 Jahre ist es her, dass Filmemacher Bertram Verhaag Jane Elliot bei einem ihrer Anti-Rassismus-Workshops begleitete und daraus den eindrücklichen Dokumentarfilm "Blue Eyed" drehte. Der Film wurde unter anderem mit dem Preis des Palm Springs International Film Festivals für Dokumentarfilme ausgezeichnet oder dem Civis Fernsehpreis - und ist auch 2020 noch höchst aktuell.

Bei ihrem Workshop teilt Elliott die Teilnehmer, zum Beispiel Lehrer, Polizisten, Schulleiter oder Sozialarbeiter, nach willkürlichen körperlichen Merkmalen in "Braunäugige" und "Blauäugige" ein. Fortan werden die Braunäugigen von Elliott bevorzugt behandelt. Den Braunäugigen wird zugeschrieben, intelligenter und besser zu sein als die Gruppe der Blauäugigen, die als minderwertig und dumm betrachtet werden.

„Nichts unternehmen heißt, mit dem Unterdrücker gemeinsame Sache zu machen“

Im Laufe des Workshops erfahren die Blauäugigen Ausgrenzung. Sie müssen unbestimmte Wartezeit in einem stickigen, warmen Raum hinnehmen oder dürfen nicht dieselbe Toilette benutzen wie die Braunäugigen. Wenn die Blauäugigen dies bemängeln, werden sie dem Experiment verwiesen mit der Ansage, dass sie sich nicht an die Regeln halten. Nur unter Versicherung, dass sie ab jetzt aber auch wirklich alles befolgen, werden sie wieder dazu geholt. Zusätzlich werden die Teilnehmer konfrontiert mit pseudo-wissenschaftlichen Erklärungen der Minderwertigkeit von Blauäugigen.

Egal wie sich die Blauäugigen verhalten - sie können es der Workshop-Leiterin nicht recht machen und ziehen, wenn sie ihnen perfide und vorurteilsbehaftet gegenübertritt, immer wieder den Kürzeren. Dabei zeigt der Film, wie so innerhalb weniger Stunden erwachsene Menschen psychisch so angegriffen werden, dass sie in Tränen ausbrechen. Regisseur Bertram Verhaag erklärt dazu: "Viele Menschen glauben zu wissen, wie sich Farbige, Behinderte und oft auch Frauen in unserer Gesellschaft fühlen. In der Rollenumkehrung zwingt Jane Elliott Blauäugige in eine Situation, dass sie tatsächlich fühlen, wie sich Farbige oder andere Ausgegrenzte fühlen."

Essentiell zum Verständnis von Jane Elliotts Arbeit ist dabei auch folgende Szene: Sie bittet die Weißen im Saal aufzustehen, die wünschen, genauso behandelt zu werden, wie die Schwarzen in der Gesellschaft üblicherweise behandelt werden. Keiner der weißen Teilnehmenden steht auf. Elliott resümiert: "Das heißt also: Sie wissen, was vorgeht. Sie wünschen sich das nicht für sich. Ich würde gerne wissen, warum sie das so bereitwillig für andere akzeptieren." Elliott fasst zusammen: "Nichts unternehmen heißt, mit dem Unterdrücker gemeinsame Sache zu machen."

Jane Elliott musste einen hohen Preis für ihr Engagement zahlen

Neben dem Workshop zeigt "Blue Eyed" auch Jane Elliott als Privatperson und erklärt, wie es zu ihrem Engagement kam: Einen Tag nach der Ermordung von Martin Luther King begann sie, damals noch als Lehrerin, mit ihrer dritten Klasse das Experiment, ihre Klasse in Braun- und Blauäugige einzuteilen. Später setzte sie die Anti-Rassismus-Workshops fort mit Lehrern, Studenten oder Feuerwehrleuten im ganzen Land.

In ihrer Rolle als Workshop-Leiterin erniedrigt und verhöhnt Jane Elliott die Blauäugigen und lässt damit Teilnehmer am eigenen Leib erfahren, wie es sich anfühlt, ein Mensch mit dunkler Hautfarbe sein oder einer diskriminierten Minderheit anzugehören. Regisseur Betram Verhaag sieht es als Jane Elliots besondere Gabe, "durch unerbittliche Strenge die Weißen in Gefühlstiefen zu stürzen, die ihnen Erfahrungen vermitteln, wie sie sie vorher durch reines Wissen nicht fühlen konnten." 

In ihrem Privatleben mussten Elliott und ihre Familie durch ihr Engagement gegen Rassismus und Vorurteile selbst lernen, mit Diskriminierung umzugehen. Sie und ihre Familie zahlten einen hohen Preis: Elliotts Eltern mussten ihr Restaurant schließen, weil die Besucher schlagartig ausblieben. Ihre Kinder wurden gemobbt und verprügelt. Sie selbst wurde mit obszönen Briefen und Anrufen belästigt.

Blue Eyed, 1996, Denkmal Film (93 Minuten Länge). Buch und Regie: Bertram Verhaag.

>> Trailer und Stream von "Blue Eyed" auf Vimeo



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