Jacob Hohenemser (1911 bis 1964)

 

Familie und Ausbildung

Jacob (ursprünglich Jakob) Hohenemser wurde am 12. August 1911 in Tübingen, Württemberg, geboren. Er ist preußischer Staatsbürger und seine Konfession israelitisch. Als Kind lebt Jacob Hohenemser mit seinen Eltern und seinem Bruder in Haigerloch. Der Vater des Kantors ist Sigmund Hohenemser, geboren am 4. Juni 1869 in Haigerloch. Sigmund Hohenemser besitzt mit seiner Frau Mathilde in der Haigerlocher Hauptstraße ein Manufakturwarengeschäft. Nebenberuflich ist er in den 1920er Jahren noch im Vorstand der Jüdischen Gemeinde aktiv. Jacobs Mutter, eine geborene Einstein, ist am 15. Januar 1879 in Laupheim zur Welt gekommen. Seine Eltern haben ihre Ehe am 9. Januar 1906 in Laupheim geschlossen. Am 12. Juli 1913 wird Jacobs zwei Jahre jüngerer Bruder Manfred geboren. Am 30. Januar 1923 stirbt Jacobs Mutter in Haigerloch.

Im Jahr 1928 verlässt Jacob Haigerloch im Alter von 17 Jahren. Er wohnt von da an in Höchberg östlich von Würzburg. Höchberg ist eine Marktgemeinde, in welcher bereits seit dem frühen 17. Jahrhundert eine jüdische Gemeinde existiert. Hier befindet sich eine israelitische Präparandenschule, in der sich junge Schulabsolventen auf das Studium an der Israeltischen Lehrerbildungsanstalt (ILBA) in Würzburg vorbereiten können. Dorthin zieht es auch Hohenemser. An der ILBA legt er 1931 sein Examen ab.

Erste Berufserfahrungen und Verhaftung

Seine Laufbahn beginnt er im Dezember 1931 als Kantor und Religionslehrer an der Raschi-Synagoge in Worms. Von dort zieht er am 19. März 1936 nach München. Ab 1936 setzt er sein Studium am Trapp-Konservatorium in München fort und ist gleichzeitig als Theologe und Hilfskantor an der Hauptsynagoge der Kultusgemeinde neben dem Oberkantor Emanuel Kirschner tätig. Im Juni 1938 verlobt sich Jacob Hohenemser mit Kirschners Enkelin Eva Kirschner. Die Beziehung geht jedoch bald wieder in die Brüche. 

Hohenemser wohnt seit zweieinhalb Jahren in München, als er durch die Nationalsozialisten während der Reichspogromnacht am 10. November 1938 verhaftet und ins Konzentrationslager Dachau gebracht wird. Fast einen Monat ist er hier dem Terror der SS ausgeliefert, bevor er am 15. Dezember wieder nach Hause kommt. Kurz nach seiner Entlassung aus dem Konzentrationslager zieht er Anfang 1939 innerhalb Münchens um.  

 

Emigration

Am 28. August 1939 emigriert Jacob Hohenemser in die USA, Anfang September erreicht er New York. Er studiert am Rhode Island College noch einmal. In den Jahren 1940 bis 1964 ist er als Kantor am „Temple Emanu-El“ in Providence, Rhode Island beschäftigt.

Nach der missglückten Verbindung mit Eva Kirschner lernt Hohenemser hier wieder eine Frau kennen und lieben. Am 27. Dezember 1941 heiratet er Frieda Maxine, geborene Baxt. Frieda Baxt wurde am 21. März 1911 geboren. Auch sie hat am Rhode Island College studiert.

Hohenemsers Liebe zur Musik

Jacob Hohenemser hat im Laufe seines Lebens verschiedene Ämter ausgefüllt. Allerdings gibt es bei allen eine Gemeinsamkeit: die Musik. Als Seminarist der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt (ILBA) in Würzburg hat er auch Fächer studiert, die auf das Amt des Kantors, des Vorsängers in der Gemeinde, vorbereiten. Im Worms hat er erste berufliche Erfahrungen als Kantor und Religionslehrer gesammelt. Während der Tätigkeit als Hilfskantor an der Hauptsynagoge der Kultusgemeinde München hat er einen Singkreis der jugendlichen Gemeindemitglieder geleitet und mit dem berühmten Oberkantor Emanuel Kirschner zusammengearbeitet. Und nebenher seine musikalischen Fähigkeiten am Trapp-Konservatorium in München fortgebildet. In den USA ist er auch noch für die Zeitschrift „American Voice“ als Verfasser und Mitherausgeber aktiv. Hohenemser ist während dieser Zeit Mitglied des National Council der „Cantors Assembly of the United Synagogue of America“. In Musikerkreisen genießt die Mitwirkung in dieser Gesellschaft hohes Ansehen. Vom „Jewish Theological Seminary“ wird ihm der Titel „Dr. sacred music“ verliehen.


„Der sympathische Timbre seines lyrischen Baritons, der verständige künstlerische Vortrag ließen mich aufhorchen und gaben mir die Veranlassung zu der Bemerkung: Bei weiterem ernsten Streben nach Vervollkommnung werden Sie Ihre Tage nicht in Worms beschließen.“   „Seine Darbietungen, sowohl in den Rezitationen wie in den Gesängen mit geschlossener, rhythmischer Melodie verraten den geschmackvollen phrasierenden Chasan, der unterstützt von einer guten Atemführung und Artikulation, Andacht zu erwecken und zu erhalten versteht.“  

Dies sind zwei von vielen der Nachwelt hinterlassenen Zitaten über den Kantor Jacob Hohenemser. Die beiden Äußerungen stammen von Emanuel Kirschner, welcher selbst als Kantor tätig gewesen ist. Kirschner war nicht nur eine bekannte Persönlichkeit des öffentlichen Lebens, sondern auch der Mensch in Hohenemsers Leben, der ihn in beruflicher Hinsicht am meisten prägte.


Jacob Hohenemsers Vater Sigmund ist am 19. August 1942  nach Theresienstadt deportiert und ermordet worden. Seinem Bruder Manfred ist die Emogration aus Deutschland gelungen. Er hat seine Heimat am 12. Juli 1937 verlassen und ist nach Memphis (USA) übergesiedelt.

Jacob Hohenemser stirbt aus unbekannten Gründen und völlig unerwartet am 6. August 1964 während einer Urlaubsreise in Mariposa in der Nähe von San Francisco.

Quellen- und Literaturangaben

  • StadtAMü/KK-Do1750/Kennkarte Jacob Hohenemser
  • EMA NS; MstA VKK-Verz.II; Aufbau v. 21.08.1964, S.16
  • IKG-Kalender/Beamte und Angestellte
  • Darthmouth Jewish Sound Archive Gesprächskreis ehemalige Synagoge Haigerloch e.V./ E-Mail-Auskünfte von Helmut J. Gabeli
  • VA 16325-125-11-106-Hohenemser-Jacob-13-03-11.doc CD-Beiheft: Cantor Jacob Hohenemser, A Life for Jewish Music
  • Landesamt für Finanzen/Landesentschädigungsamt, Antrag auf Versorgungszahlugen an die Witwe, S.49
  • Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933. Bde. II. München 1980, S.530
  • Reiner Strätz: Biographisches Handbuch Würzburger Juden 1900-1945, I. Tbd,. S.273
  • www.hohenemsgenealogie.at/gen/getperson.php

Fotos

  • Stadtarchiv München
  • Temple Emanu-El Rhode Island, Providence (2)

 

Verfasserin Lydia Kießling

Mein Name ist Lydia Kießling. Ich bin 18 Jahre alt und Schülerin am Ignaz-Taschner-Gymnasium Dachau. Über mein Hobby Musik bin ich durch die Schlagworte „Richard-Strauss-Konservatorium“, „Trapp-Musikschule“ und „Musiker“ auf Jacob Hohenemser aufmerksam geworden und habe mich entschlossen, bei dem Seminararbeitsthema „Namen statt Nummern – Beiträge zum Gedächtnisbuch für die Häftlinge des KZ Dachau“ mitzuwirken. Das Ergebnis meiner Suche nach der Vergangenheit des Kantor Jacob Hohenemser ist die vorliegende Arbeit.