Rudolf Däbritz (1880 bis 1945)

Geburt um 1880

Am 18. Juli 1880 kommt Rudolf Däbritz in Grimma, einer Bildungsstadt in der Nähe von Leipzig, zur Welt. Er ist der Sohn von Hulda Grundmann und Hermann Däbritz und hat einen jüngeren Bruder namens Karl Ernst Walther. Seine Mutter tritt als Sängerin in Konzerten auf und der Vater lehrt als Oberlehrer am Lehrerseminar in Grimma. Die Familie ist evangelisch-lutherisch getauft.

Schulzeit ab 1887

Mit sieben Jahren besucht Rudolf die Grimmaer Seminarvorschule. Nach dem Progymnasium wechselt er im Jahre 1894 an die Landes- und Fürstenschule in Grimma und unterzieht sich einer humanistischen Bildung an der Knabenschule. So schafft es Rudolf Däbritz durch sehr gute Leistungen sein Abitur 1900 erfolgreich zu bestehen und ist nun bereit ein Studium anzutreten.

Freiwilliges Jahr beim Militär um 1900

Im Anschluss an die bestandenen Prüfungen absolviert Rudolf ein freiwilliges Jahr beim Sächsischen Grenadierregiment Nr. 101 in Dresden, bis er sein Studium antritt.  

Studium ab 1901

Im Jahre 1901 tritt er nun das Studium der Klassischen Philologie und Archäologie an. Rudolf zeigt sich auch hier, wie in der Schulzeit, sehr engagiert und besucht zahlreiche Seminare über die Jahre hinweg, wie „Geschichte der griechischen Prosaliteratur“ im Wintersemester 1901/02. Sein Studienzeugnis wird Rudolf am 2. Dezember 1904 ausgehändigt, dennoch studiert er weiter bis Ablauf der Matrikel im Jahre 1905 um sich noch mehr Wissen anzueignen. Im selben Jahr promoviert Däbritz mit einer in lateinisch verfassten Arbeit zum Dr. phil. In der Arbeit mit dem Titel „De Artemidore Strabonis, capita tria“ erforscht er den griechischen Politiker Artemidorus, übermittelt durch Zitate in den Werken von Strabon.

Landes- und Fürstenschule in Grimma

Nach Beendigung des Studiums kehrt Rudolf zurück an seine ehemalige Schule und kann dort die Fächer Latein, Griechisch, Deutsch, Religion und Geschichte lehren. Neben der Tätigkeit als Lehrer ist Däbritz Soldat und wird des Öfteren zu militärischen Übungen einberufen. Ein ehemaliger Kollege von Rudolf Däbritz schreibt in seinen Erinnerungen: „Dr. Däbritz, genannt Fesser […], ein junger, sehr energischer Lehrer, der sich gern militärisch gab. Er war Reserveoffizier.“

Erster Weltkrieg 1914 - 1918

Rudolf kämpft im Ersten Weltkrieg anfangs als Oberleutnant an der Front. Sein Einsatz für das Vaterland wird mit vielen militärischen Ehrenzeichen ausgezeichnet, beispielsweise durch das Eiserne Kreuz I. und II. Klasse.

Heirat, Kinder und die Jahre bis 1919

Das Jahr 1914 bringt für Rudolf Däbritz aber auch ein sehr erfreuliches Ereignis, denn er heiratet Johanna Dora Thieme. Am 10. Juli findet die Trauung statt, und ein Tag später folgt die kirchliche Hochzeit in der St. Nikolai Kirche in Leipzig. Nach dem vermutlich schweren Start ins Eheleben, da Däbritz Soldat ist, bekommen sie drei Söhne. Der älteste Sohn heißt Ulrich und ist am 8. Januar 1916 geboren. Später folgt der zweite Sohn Wolfgang am 1. Dezember 1917 und der jüngste Sohn Eberhard kommt am 26. November 1919 zur Welt. Rudolf Däbritz habe ein glückliches Eheleben mit seiner Frau geführt, so erzählt der jüngste Sohn Eberhard später. Der junge Pädagoge lehrt an der Landes- und Fürstenschule bis zum Jahr 1919.

Direktor am Gymnasium Casimiranum in Coburg ab 1919

Mit 39 Jahren arbeitet Däbritz nun als Direktor am Gymnasium in Coburg. Das Gymnasium ist nach den langen Kriegsjahren an einem Punkt angekommen, an dem es an Disziplin fehlt, denn das Kollegium ist überaltert. Der neue Direktor verschafft dem Gymnasium mit der Annahme des Amtes eine neue Perspektive. Er besetzt das Kollegium nach und nach mit jüngeren Lehrkräften und schafft es, dass das Gymnasium sich neueren geistigen Anforderungen stellt. Auch bleibt Rudolf seinen alten Gewohnheiten treu und praktiziert neben dem Amt als Direktor ebenso als Lehrer an der Schule, er lehrt vor allem alte Sprachen wie Latein und Griechisch. So schreibt er in einem Artikel Folgendes: „Das, was heute Bildung der Deutschen heißt, ist ja ein vielfältig zusammengesetztes Produkt. Unsere germanischen Ahnen ergossen sich in das Römerreich, richteten sich wohnlicher ein in Häusern und Gärten von südlicher Vollkommenheit, gingen auf in Staat und Recht einer weit überlegenen Kultur, nahmen den christlichen Glauben an; seit dem Mittelalter änderten die Deutschen ihr Kunstempfinden an griechisch-italienischen Stilen, schulten ihr Denken an lateinischer und hellenischer Kultur, nahmen auch von [!] romanischen Wesen ein gut Stück auf in ihre Art, bis im 19. Jahrhundert die Wogen des Weltmeeres fast jede geistige Strömung selbst des fernen Ostens auch zu unsern Küsten trugen.“

Ebenso engagiert er sich privat in verschiedensten Vereinen, wie dem Verein Bayerischer Direktoren und wird ab 1923 Mitglied der Loge „Ernst für Wahrheit, Freundschaft und Recht“ in Coburg.

Gymnasialtätigkeit und Ausgrenzung nach dem Machtantritt Hitlers

Während Rudolf am Gymnasium tätig ist, wird die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) allmählich immer stärker, bis der Wendepunkt deutscher Geschichte mit der Machtübernahme Adolf Hitlers am 30. Januar 1933 in Deutschland eintritt. Durch geschicktes Handeln, gezielte Diskriminierungen Andersdenkender, Lügen, Halbwahrheiten und Propaganda nicht zuletzt unterstützt durch persönliche Wahlkampfauftritte Hitlers schafft es die NSDAP an die Spitze Deutschlands zu gelangen und zu Beginn ihr Ziel der Vertreibung von Juden aus der deutschen Gesellschaft und später der Ausrottung jüdischer Bürger durchzusetzen.

Eine der vielen Maßnahmen ist beispielsweise das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums. Beamte nicht „arischer“ Abstammung und politisch Andersdenkende, die nicht rückhaltlos für den Staat eintreten, werden aus dem Dienst entlassen. Ostern 1933 bittet ein aus Köln stammender jüdischer Schüler namens Ernst Meyer, der in diesem Jahr sein Abitur schreibt, um Befreiung vom Unterricht, da er sich in Coburg nicht mehr sicher fühle. Däbritz erlaubt, dass er die Stadt verlässt. In einem Telegramm teilt er Meyer mit, dass ihm die noch ausstehenden mündlichen Prüfungen erlassen werden: „Bestanden, befreit, Glückwunsch“, um ihm damit zu seinem bestandenen Abitur zu gratulieren. Dieses Telegramm erreicht den Bürgermeister von Coburg und damit gerät Däbritz in das Visier der Nationalsozialisten.  

Auch die Mitgliedschaft in der Loge wird ihm zum Verhängnis unter den Nationalsozialisten, welche Freimaurerlogen ablehnen und deren Mitglieder verfolgen. Daraufhin tritt er 1933 wahrscheinlich unter Druck aus und gezwungenermaßen dem Nationalsozialistischen Lehrerbund (NSLB) im Jahr 1934 bei. Damit zeigt sich, dass es auch Mitglieder gibt, die keine Nationalsozialisten sind. Die Coburger Zeitung berichtet über Däbritz, er habe bewusst am Schluss der Rede am Stiftungsfest des Gymnasiums das „Heil Hilter“ nicht ausgesprochen. Däbritz verteidigt sich, dass er das „Heil Hitler“ nicht bewusst weggelassen habe. Däbritz leidet stark unter einer dauernden Pressehetze, die zum Ziel hat ihn von seinem Posten als Oberstudiendirektor zu entfernen, um ihn durch einen linientreuen Direktor zu ersetzen.

Im Jahre 1934 gelingt es der NSDAP-Kreisleitung, Däbritz seines Amtes zu entheben, Ministerialrat Bauerschmidt schafft es jedoch, den Direktor an die Stelle eines Oberstudienrates in Würzburg zu versetzen. Däbritz muss die Degradierung vom Oberstudiendirektor zum Oberstudienrat stillschweigend hinnehmen und zieht nach Würzburg.    

Lehrer am Alten Gymnasium in Würzburg 1934

Nachdem Rudolf in Coburg eine schwere Zeit durchlebt hat, lehrt er nun in Würzburg. Seine Frau ist durch die furchtbaren Ereignisse herzkrank. Der Direktor des Alten Gymnasiums schreibt über Däbritz: „Seine angeborene Lehrbefähigung, seine vielseitigen geistigen Gaben und sein ausgesprochen wissenschaftlicher Sinn machen ihn zu einem vortrefflichen Lehrer, der in seinem tiefgründigen, von grossen Gesichtspunkten geleiteten Unterricht wertvollste Bildungs- und Erziehungsarbeit leistet, die im Einklang mit den Forderungen der neuen Zeit steht.“

Einberufung zur Wehrmacht 1939 - 1940

Als im Jahre 1939 der Zweite Weltkrieg ausbricht, kämpft Däbritz als Major in Polen. Hitlers SS verübt zahlreiche Massaker an der Zivilbevölkerung Polens. Der Sohn berichtet, dass sein Vater versucht habe, Übergriffe zu verhindern. Damit gibt er den Nationalsozialisten erneut einen Anlass ihn zu überprüfen. Im Jahre 1940 wird er dann bis auf weiteres vom Kriegsdienst freigestellt, da er am Gymnasium in Würzburg gebraucht wird und so kehrt er zurück nach Würzburg, um dort weiter zu lehren. Nach seiner Rückkehr muss Däbritz miterleben, wie seine beiden älteren Söhne Ulrich und Wolfgang nacheinander im Krieg fallen.

Tod in Würzburg 1945

Fünf Jahre ist Däbritz weiterhin Lehrer am Alten Gymnasium, bis am 16. März 1945 die unterfränkische Stadt in den letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs bombardiert wird. Däbritz löscht aus diesem Grund an jenem Tag auf dem Dachboden ein Feuer. Als am Abend weitere schwere Angriffswellen über die Stadt ziehen, verlieren weitere Mithelfer Rudolf Däbritz im Rauch des brennenden Hauses aus den Augen. Etwa 5000 Menschen fallen diesen Angriffen zum Opfer, darunter auch Rudolf Däbritz. Er stirbt an diesem Abend.

Stolpersteinverlegung 2011

Zu Ehren seiner Person wird am 26. November in Coburg ein Stolperstein für Rudolf Däbritz verlegt. Dieser erinnert an den Lehrer, der unschuldig verfolgt und bloßgestellt worden ist. Dass er letztlich in den letzten Wochen des von Hitler entfesselten Zweiten Weltkriegs sein Leben lassen muss, ist besonders tragisch. Ein Leben in Frieden und Freiheit, in Demokratie und Ruhestand wäre ihm zu wünschen gewesen.

Quellen und Abbildungsverzeichnis

  • Archiv der Fürstenschüler-Stiftung Grimma, Auszüge aus den Jahresberichten
  • Archiv der Fürstenschüler-Stiftung Grimma, Grimmenser Stammbuch, Meißen 1900
  • BayHStA, MK 32299, PersonalaktStAL, Bestand 22028, Zur Geschichte der Schule
  • StadtA.Co, Sammlung Hannelore Ilse, darunter auch Biographie verfasst vom jüngsten Sohn Eberhard Däbritz
  • StadtA.Wü, SterbeurkundeUniA.L, Nr. 810, ImmatrikulationAuskünfte per E-Mail von Volker Beyrich am 5. September 2016
  • Prof. Oskar Pelz: Plaudereien über die Grimmaer Fürstenschule, ManuskriptSandner Harald (Hg.): Coburg im 20. Jahrhundert, Die Chronik über die Stadt Coburg und das Haus Sachsen- Coburg und Gotha vom 1. Januar 1900 bis zum 31. Dezember 1999 – von der „guten alten Zeit“ bis zur Schwelle des 21. Jahrhunderts, Coburg, 2000

  • Abb. 1: StadtA.Co, Sammlung Hannelore Ilse, Fo._08._D_00021
  • Abb. 2: StadtA.Co, Sammlung Hannelore Ilse, Fo._08._D_00020
  • Abb. 3: StadtA.Co, Sammlung Hannelore Ilse, Fo._08._D_00006
  • Abb. 4: StadtA.Co, Sammlung Hannelore Ilse, Fo._08._D_00015

 

Die Verfasserin Hanna Kästner

Ich bin Schülerin des Eichendorff-Gymnasiums in Bamberg. Ich bin 19 Jahre alt und durfte mich in meiner wissenschaftspropädeutischen Arbeit mit dem Leben des Lehrers Rudolf Däbritz beschäftigen. Für mich war es eine Ehre das Leben dieses Mannes kennenzulernen und besonders beeindruckend finde ich, dass es auch Menschen wie Rudolf Däbritz gab, die es schafften, trotz ihrer negativen Haltung gegenüber den Nationalsozialisten, ihre Berufung als Lehrer nicht zu verlieren.

(Bild privat)