Rosemarie Kulzer, Dr. Michael Luber, Simone Fleischmann
Aufbau des Arbeitsmedizinischen Instituts Startseite
Betriebliches Gesundheitsmanagement

Erste Mittel und Stellen stehen bereit, die Umsetzung kann beginnen

Zum Auftakt wurden maßgebliche Expert/innen am 21.11.2019 in den Bayerischen Landtag geladen. In ihrer Diskussion ging es um wesentliche Rahmenbedingungen und Kriterien für den weiteren Ausbau des Arbeitsmedizinischen Instituts für Schulen (AMIS).

Seit einem ersten Memorandum zur Lehrergesundheit 2001 widmet sich der BLLV diesem Thema mit Engagement und Ausdauer. Als Meilenstein wurde daher der Ministerratsbeschluss über den Aufbau des AMIS im August 2018 begrüßt und gemeinsam mit Health Care Bayern e.V. im Januar 2019 eine Auftaktveranstaltung zu dem Thema organisiert. Ging es dabei noch um die Fragen, was Gesundheits-management spezifisch für Lehrkräfte beinhalten müsste, so sprach man jetzt – nachdem erste Mittel bereitstehen – schon viel konkreter über die Ziele und Erfordernisse der institutionellen Umsetzung.

Pragmatisch wurde es gleich mit dem ersten Vortrag: Dr. Michael Luber, Stellv. Abteilungsleiter, Leiter Grundsatzreferat des Bayerischen Ministeriums der Finanzen und für Heimat, stellte das Gesundheitsmanagement im Finanzministerium bzw. im Freistaat Bayern vor. Es beinhaltet alle Maßnahmen des Dienstherrn und des Arbeitgebers zum Schutz der Gesundheit und zur Verbesserung des Wohlbefindens der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Arbeitsplatz. Zu den Handlungsfeldern des Gesundheitsmanagements gehören unter anderem Arbeitsschutzmanagement, Personalmanagement, Betriebliches Wiedereingliederungsmanagement, Gesundheitsförderung und Mitarbeiter-Beteiligung. Das jeweilige Vorgehen in diesen Bereichen ist in einem Leitfaden verankert.

Bedeutung präventiver Maßnahmen wie Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung

Grundlage sind die Vorgaben des Arbeitsschutzgesetzes. Welche Arbeitsschutzmaßnahmen erforderlich sind, ergibt sich aus der gesetzlich verpflichtenden Gefährdungsbeurteilung, bei der der Arbeitsplatz bzw. die Tätigkeit auf Gefährdungen für die Gesundheit geprüft wird. Die aktive Gesundheitsförderung ist ein weiterer Baustein des Gesundheitsmanagements.

Unterstützt wird die Teilnahme der Beschäftigten an Maßnahmen durch Anreize wie z.B. Arbeitszeitan-rechnung und Dienstbefreiung sowie Bezuschussung. Alle zwei Jahre werden die Beschäftigten um Anregungen gebeten, da eine umfangreiche Beteiligung der Mitarbeiter/innen essentiell für die Akzeptanz der Angebote ist. Alle Angebote sind in einer internen Datenbank abrufbar, z.B. Angebote zu Sport und Bewegung, Ernährung, Gesundheitstage, Gesundheitsvorsorgemaßnahmen wie Impfungen, Umgang mit Stress/Entspannung, Suchtprävention, Augentraining, Supervision, Coaching sowie Angebote zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Führungskräfte haben im Rahmen dieses ganzheitlichen Gesundheitsmanagements eine besondere Bedeutung. Die Art und Weise, in der ihre Verantwortung wahrgenommen wird, kann sich nachweislich auch auf Gesundheit und Wohlbefinden der Mitarbeiter/innen auswirken. Daher sind die Auswahl der Führungskräfte und deren Unterstützung besonders wichtig.

Dr. Luber schloss seine Ausführungen mit dem Fazit: "Die finanziellen Aufwendungen für Behördliches Gesundheitsmanagement sind geringer als allgemein angenommen! Je stärker der Bedarf an konkreten Maßnahmen ist, desto besser sind die Mittel angelegt."

Rosemarie Kulzer, Abteilungsleiterin der Abteilung für Prävention und Gesundheitsschutz des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege, informierte anschließend über die Aufgaben des neuen Arbeitsmedizinischen Instituts, das am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) angegliedert ist.

Zentrale Stellung der Schulleitung

Grundlage für die Gestaltung der Aufgaben ist das "Dienststellenmodell". Es ist in den "Richtlinien über die Gewährleistung eines arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Arbeitsschutzes" vorgesehen und schneidet auch in der Forschung am überzeugendsten ab. Dabei übernehmen die Schulleitung oder von ihr beauftragte Kolleg/innen die Aufgaben des Arbeitsschutzes vor Ort.

Staatliche Schulen benötigen demzufolge keine eigenen Sicherheitsfachkräfte bzw. Betriebsärzt/innen, wenn:

  • Die Schulleitung an arbeitsmedizinischen Schulungsmaßnahmen teilgenommen und entsprechende Fortbildungsveranstaltungen besucht hat

  • Wenn Beratungen durch eine(n) Betriebsärztin/ Betriebsarzt und/oder eine Fachkraft für Arbeitssicherheit möglich sind

  • Die Durchführung der arbeitsmedizinischen Pflicht- und Angebotsvorsorgen veranlasst / ermöglicht wird

Zu den Aufgaben der Schulleitung bezüglich der Umsetzung des Arbeitsschutzes an staatlichen Schulen gehören insbesondere:

  • Gefährdungsbeurteilung und Minimierung potenzieller Gefährdungen

  • Die Umsetzung eines adäquaten Mutterschutzes mit erneuter individueller Gefährdungsbeurteilung bei Meldung einer Schwangerschaft und ggf. Aussprechen von generellen Beschäftigungsverboten

Unterstützung aller Beteiligten durch das neue Arbeitsmedizinische Institut

Rosemarie Kulzer betont damit wie ihr Vorredner den Schwerpunkt der Prävention und die zentrale Rolle der Schulleitung für die Gesundheitsförderung. Das neue Arbeitsmedizinische Institut soll hier die nötige Entlastung und Sachkenntnis beisteuern. In der weiteren Umsetzung des Instituts wird es ein Anliegen des BLLV sein, dass diese Unterstützung der Schulleitung bzw. des gesamten Kollegiums gewährleistet ist.

Auf der Grundlage von § 5 des Arbeitsschutzgesetzes für die Beurteilung der Arbeitsgefährdung und der erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes wurden abschließend die zentralen Bereiche der Gefährdung benannt – vom Arbeitsplatz bis zur psychischen Belastung – und daraus künftige Aufgaben für das neue Institut abgeleitet. Diese sollen in Beratungen und Fortbildungen für Lehrkräfte, Verwaltungsangestellte, Schulpsychologen, Personalräte und Schwerbehinderten-Vertretungen sowie für Bezirksregierungen und Schulämter bestehen. Außerdem wird es Begehungen vor Ort und Unterstützung bei der Entwicklung und Umsetzung von spezifischen Maßnahmen geben.

Schrittweiser Aufbau bis 2023

Die ersten Mittel für das Institut wurden bereitgestellt, und damit haben unter der Leitung von LMR Prof. Dr. med. Bernhard Liebl der Aufbau und die Stellenbesetzungen begonnen. Eine nächste Etappe ist für März 2020 vorgesehen und der letzte Schritt wird 2023 erfolgen. Um möglichst gut für alle Schulen in Bayern erreichbar zu sein, soll es neben München auch in Bamberg einen Standort geben, dessen Aufbau für das erste Halbjahr 2020 geplant ist. Auch das Hochschulprojekt Gesundheitsvorsorge an Schulen in Bayern, das im Vorfeld Grundlagenforschung betrieben hat, wird begleitend für die kommenden drei Jahre fortgesetzt.

In Mecklenburg-Vorpommern wurde die Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) an öffentlichen Schulen bereits eingeführt. Wie das Programm aufgebaut ist und welche Erfahrungen gemacht wurden, berichtete Ralf Schattschneider, Landeskoordinator für Betriebliches Gesundheitsmanagement an öffentlichen Schulen in Mecklenburg-Vorpommern.

Die wesentlichen Ziele sind:

  • Verbesserung von Arbeitsbedingungen an Schulen

  • Verbesserung der Teamentwicklung

  • Herabsetzen des Unterrichtsausfalls

  • Stärkung persönlicher Ressourcen im Umgang mit täglichen Arbeitsbelastungen

Wichtige Voraussetzungen: Akzeptanz und Freiwilligkeit

Die Bewerbung zur Teilnahme am Landesprogramm zum Gesundheitsmanagement wurde unkompliziert und unbürokratisch gestaltet, "um die Lehrkräfte nicht vom Kind abzuhalten", so Ralf Schattschneider. Wichtig für den Erfolg der Bewerbung ist eine hohe Akzeptanz und Bereitschaft zur freiwilligen Beteiligung im gesamten Kollegium. Als erster Schritt wird eine umfassende, individuelle, fachliche Beratung durchgeführt sowie eine Ist-Stands-Analyse. Damit wird die Ausgangssituation ermittelt und bewusst gemacht, wo Ressourcen und Belastungsgrenzen bestehen und welche – vielleicht veränderbaren – Rahmenbedingungen vorliegen.

Nach der Auswertung und sorgfältigen Besprechung dieser Analyse lassen sich zentrale Themen bestimmen und entsprechende Maßnahmen entwickeln. Anschließend werden die einzelnen Schritte der Umsetzung sorgfältig geplant und begleitet. Eine zentrale Rolle spielt auch bei diesem Programm die Schulleitung, weshalb auf deren Fortbildung großer Wert gelegt wird. Dabei geht es zum einen um die Erweiterung von Kompetenzen, aber auch die Netzwerkbildung und das gemeinsame Erarbeiten von Lösungen.

Eine abschließende Erhebung nach einem Zeitabstand von ca. zweieinhalb Jahren gibt Aufschluss über die Entwicklungen, die angestoßen wurden. Viele positive Tendenzen und Erfolge bestätigen den Ansatz aus Mecklenburg-Vorpommern. Auch wenn es strukturelle Unterschiede zu Bayern gibt, wie die Anzahl der Schulen oder das Durchschnittsalter der Lehrkräfte, wird der künftigen Austausch beim Aufbau des Arbeitsmedizinischen Instituts wertvolle Erfahrungen beitragen.

Der Kurs stimmt

Für BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann geht die Entwicklung des BGM an Schulen in die richtige Richtung, denn viele der Aspekte, für die der BLLV sich seit langem engagiert, wurden angesprochen. "Wir bieten an, unsere umfangreiche Expertise mit einzubringen", betonte sie daher. Dreh- und Angelpunkt ist für sie der präventive Ansatz. Konzepte müssen, so Fleischmann passgenau systemisch erstellt werden, um den Bedürfnissen der Schulen gerecht zu werden und damit die Lehrerinnen und Lehrer nachhaltig zu unterstützen, gesund zu bleiben.

Werkstattgespräch Behördliches Gesundheitsmanagement, 21.11.2019, Bayerischer Landtag



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