Mit (Schul-)Kindern durch die Coronakrise Startseite

Folge 4: Phantasiereisen

Ob Frühstück in Paris oder stundenlange Ausflüge ins Lego-Reich: Erkundungen in der inneren Welt sind gerade jetzt schön, wo nicht klar ist, wie zwischenmenschliche Nähe in Zukunft ablaufen wird.

Lara Hoffmann arbeitet als Online-Redakteurin beim BLLV. Sie hat einen Sohn (4) und eine Tochter (7) und lebt mit ihrer Familie in Schwabing.  

"Ich klicke und klicke - finde aber nichts. Sie alle sitzen, stehen und gehen zu nah beieinander. Sie, das sind die Schulkinder und Lehrkräfte aus dem Bildarchiv unserer BLLV-Online-Redaktion. Nahezu alle Bilder, die wir im Fundus haben, wurden vor der Corona-Krise gemacht. Das Motto Nummer eins der Corona-Krise - „Abstand halten!“ - beachten sie deshalb natürlich nicht. Im Gegenteil: Es scheint, als suchten Schülerinnen und Schüler und ihre Lehrerinnen und Lehrer stets die körperliche Nähe. So unbeschwert, dass bei meinem auf „Abstand!“ getrimmten Gehirn alle Alarmglocken läuten. 

Wie wichtig ist Nähe für gute Pädagogik?

Da meine Kollegen und ich in den kommenden Wochen viele Bilder brauchen werden, die Texte zu den schrittweisen Schulöffnungen und den neuen Regelungen zum Infektionsschutz illustrieren, kontaktiere ich unseren Fotografen und gebe neue Bilder in Auftrag. Problem gelöst für die kommenden Texte der Online-Redaktion. Aber eben doch nicht so ganz. Denn: Wie essentiell doch Nähe für Pädagogik ist, wurde mir gerade sehr bildhaft vor Augen geführt. Wie werden Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher jetzt auf meine Kinder zugehen - und umgekehrt? 

Meine Tochter ist sieben, mein Sohn vier Jahre alt. Ich sehe ihre künftigen Tage in Grundschule und Kindergarten vor mir und es kommen viele Fragen auf: Wie werden sie von der Klassenlehrerin Frau Hirsch (Name geändert) und von den Erziehern Maria und Christoph, begleitet und aufgefangen mit dem „Abstand!“ im Hinterkopf? Werden sie noch genauso getröstet, wenn sie beim Toben im Hof hingefallen sind? Wie kann geistige Nähe trotz fehlender körperlicher Nähe sichergestellt werden? Darauf weiß noch niemand eine Antwort.

Kinder kommen in einen herrlichen Spielflow

Auch wenn sich das Leben nach außen und zu anderen Menschen gerade rasant verändert, stimmt mich positiv, dass viele Kinder gerade in ihrem Leben nach innen profitieren. Eine BLLV-Kollegin erzählt mir, dass ihr neunjähriger Sohn jetzt so schön zur Ruhe gekommen sei. Dass er sehr vertieft in seinem Zimmer spielt und oft den ganzen Vormittag nicht rauskommt: Er hört Hörbücher, spielt Lego, verkleidet sich und kramt alles Mögliche raus. Und auch ich sehe staunend, welche tollen Phantasie-Lego-Fahrzeuge sich mein Sohn ausdenkt und lese das lustige Tagebuch meiner Tochter, das sie mir stolz präsentiert. 

Phantasiewelten schaffen - davon habe auch ich mich von meinen Kindern anstecken lassen: Samstags frühstücken wir jetzt immer in Paris. Es gibt Baguette, Brioche, Pain au chocolat und Café au Lait. Im Hintergrund laufen französische Chansons und wir begrüßen uns mit "Bonjour!" und bedanken uns mit "Merci!". Irgendwann wird das dann auch in echt wieder gehen - bis dahin reisen wir in unserer Phantasie. 

>> zur nächsten Folge: "Folge 5: Summende Kinderchöre, Ermüdungserscheinungen und die neue Normalität"



Mehr zum Thema

Themen:
Corona