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Nicht alles, was bellt, ist ein Schulhund

Damit ein Hund als Schulhund gelten kann, sollte er eine gewisse Zeit im Klassenraum und im Unterricht verbringen. Ein Hund, der sich einfach nur im Büro der Schulleitung aufhält, hat mit einem Schulhund nichts zu tun.

Der Fall

Eine Konrektorin hat ein Problem mit Hunden: In jungen Jahren wurde sie gebissen, seither hat sie Angst vor ihnen. Inzwischen reagiert sie auch allergisch auf Hundehaare. An ihrem Arbeitsplatz war das nie ein Problem. Bis sich der Schulleiter einen Hund anschafft, mit ins Büro bringt und erklärt, das sei der neue Schulhund. Als solcher werde der Hund die Schultage mit Herrchen ab jetzt in der Schule verbringen. Vom Einsatz im Unterricht ist keine Rede

Die Rechtslage

Zunächst einmal gilt: Hunde haben in der Schule grundsätzlich nichts verloren. Mit einer Ausnahme: „Schulhunde“. Für deren Einsatz gibt es an den bayerischen Schulen jedoch keine spezifischen schulrechtlichen Vorgaben. In Ermangelung konkreter Richtlinien in den einschlägigen Schulgesetzen und -verordnungen empfiehlt sich der Rückgriff auf ein KMS von 2013 – einzusehen unter dem Zeichen IV.8 - 5 S 8402 - 4b.130443 – für den Einsatz von Schulhunden an Förderschulen. Dieses wurde 2019 durch eine Antwort des KM auf eine Anfrage im Landtag aufgegriffen und präzisiert. Darin wird ausgeführt:

• „Gemäß Art. 57 Abs. 2 Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) trägt die Schulleitung die pädagogische, organisatorische und rechtliche Gesamtverantwortung und ist für einen geordneten Schulbetrieb verantwortlich. Folglich ist für den Einsatz von Schulhunden immer die Zustimmung der Schulleitung notwendig.
• Die Verwendung von Schulhunden erfordert die Abstim-mung mit dem Schulaufwandsträger und das Einverständnis der betroffenen Erziehungsberechtigten.
• Sämtliche mögliche Gefahren bzw. Erschwernisse müssen berücksichtigt und im Vorfeld abgeklärt werden. Hier ist insbesondere auf mögliche Allergien von Schülerinnen und Schülern, das Gemüt des einzelnen Hundes, den Hygiene- bzw. Gesundheitsschutz, eine nicht auszuschließende Bissgefährdung von Personen sowie eine mögliche Ablenkung der Lehrkraft vom Unterricht hinzuweisen. Bei der Beurteilung im Einzelfall sind Gefahren, die mit besonderen individuellen Voraussetzungen, die die einzelnen Kinder in den Klassen mitbringen, in Rechnung zu stellen.
• Es dürfen lediglich geeignete Hunderassen mit geeigne-ten Wesenstypen verwandt werden. Ungeeignet sind z.B. Hunde, die nervös, sehr ängstlich, traumatisiert bzw. aggressiv sind oder extrem bellen. Das Tier sollte eine Hundeschule besucht haben. Der Schulhund braucht einefeste Bezugsperson, die für ihn verantwortlich ist (…).
• Für den Einsatz eines Schulhundes ist eine Tierhaftpflichtversicherung erforderlich.
• Es ist für eine ordnungsgemäße Versorgung des Hundeswährend und vor allem außerhalb der Unterrichtszeitenzu sorgen.
• Es sind die (…) konkreten Verantwortlichkeiten zu klären.
• Es ist Vorsorge für den Fall zu treffen, dass eine Schülerin oder ein Schüler in die Schule aufgenommen werden soll,die oder der gegen Hunde allergisch ist.
• Vor Zulassung eines Schulhundes sollte der konkreteEinsatz(ort) geklärt werden.
• Für die Haltung eines Schulhundes kann mangels notwendiger Maßnahmen i. S. d. § 15 Ausführungsverordnung Schulfinanzierungsgesetz (AVBaySchFG) vom privaten Schulträger kein zusätzlicher Personal- und Sachaufwand geltend gemacht werden.

Sofern die o. g. Voraussetzungen erfüllt sind, hält das Staatsministerium für Unterricht und Kultus (StMUK) den Einsatz eines Schulhundes für möglich.“ (Quelle: Bayerischer Landtag, 18. Wahlperiode, 14.02.2019, Drucksache 18 / 353)

Beachtenswerte Details

Der zentrale und über den Unterricht hinausreichende Punkt dürfte die Zustimmung der Eltern sein. Die Schule muss also vorab eine Einverständniserklärung der Erziehungsberechtigten einholen. Die Eltern sollten schriftlich mitteilen, ob ihr Kind allergisch gegen Hundehaare ist oder nicht, beziehungsweise ob ihnen das bekannt ist. Denn die Eltern können den Einsatz eines Schulhundes in der Klasse des eigenen Kindes nur bei einer attestierten Allergie des Kindes ablehnen. Grundsatzdebatten mit (über)engagierten Tierschützern über Hundehaltung muss die Schule nicht führen.
Vorab sollte mit den Eltern auch abgeklärt werden, ob es Kinder gibt, die Angst vor Hunden haben. In diesem Fall könnten Hunde dennoch während des Unterrichts anwesend sein, es könnte sich aber auf das Konzept für deren Einsatz auswirken. Eine unterbliebene Einverständniserklärung birgt rechtliche Risiken. Sollte ein Kind zum Beispiel eine allergische Reaktion im Unterricht bekommen, könnte man die Schule dafür in Haftung nehmen, wenn diese nicht vorab die gesundheitlichen Risiken bei einer Hundehaltung geklärt hat.
Zu beachten ist auch die Richtlinie zur Sicherheit im Unterricht (RiSU) der Kultusministerkonferenz (aktuelle Fassung vom 21.09.2023) und hier im Punkt II-3.1 der Abschnitt „Hunde in Schulen“ (Quelle: www.kmk.org.de, ins Suchfeld eingeben: „Sicherheit im Unterricht“). Neben der Notwendigkeit eines Einsatzkonzepts werden dort tierschutzrechtliche Aspekte thematisiert, wie das Vorhandensein eines Rückzugsortes für den Hund oder regelmäßige tierärztliche Untersuchungen.

Fazit

So sehr der Schulleiter an seinem Hund hängen mag, es ist, um mit Loriot zu sprechen, überhaupt kein Schulhund. Einerseits mangelt es an der pädagogischen Konzeption, andererseits an einer von Hund und Begleitperson gemeinsam absolvierten Ausbildung. Er hat also keinerlei Rechtsanspruch, das Tier mit in die Schule zu nehmen. Vielmehr setzt sich der Schulleiter einem Haftungsrisiko aus, die einen Tierhalter treffen kann, wenn durch sein Tier jemand zu Schaden kommt (Gefährdungshaftunggemäß § 833 Satz 1 BGB). Die Schulaufsicht oder aber die Gemeinde als Hausherr kann daher das Mitbringen des Tieres auf das Schulgelände untersagen.

So viel ist klar: Damit ein Hund als Schulhund gelten kann, sollte er eine gewisse Zeit im Klassenraum und im Unterricht verbringen. Ein Hund, der sich einfach nur im Büro der Schulleitung aufhält, hat mit einem Schulhund nichts zu tun. Der Einsatz eines Schulhundes sollte ausschließlich dann in Betracht kommen, wenn der Einsatz pädagogischen Zielsetzungendient. Die Anwesenheit des Schulhunds sollte positive Auswirkungen für Schüler im Unterricht erwarten lassen.

Immer gilt: Eingesetzt werden dürfen ausschließlich Hunde, die eine entsprechende Eignung aufweisen und gemeinsam mit der hundeführenden Lehrperson eine Ausbildung absolviert haben, die spezifische Elemente des Hundeeinsatzes beinhaltet. Eine bloße Begleithundeausbildung ist nicht genügend.

Es war also zwingend, dass der Hund im eingangs erwähnten Fall nicht mehr in die Schule mitgebracht wird. Notfalls hätte das Schulamt eine Anordnung in diese Richtung erlassen müssen. Auf eine solche wollte der Schulleiter offenbar nicht warten und entschloss sich, seinen feuchtnasigen Liebling künftig anderweitig unterzubringen. Damit war der Betriebsfrieden in den Büros wiederhergestellt.

Andreas Rewitzer, Leiter der Rechtsabteilung des BLLV

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