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Lehrkräftemangel und die Folgen Startseite Topmeldung
Bildungsqualität Quereinsteiger

Quereinsteiger: „Es geht um Professionalität und Bildungsqualität“

Die Satiresendung „Quer“ des Bayerischen Rundfunks analysiert, wie Quereinsteiger Bayerns Schulen stützen und befragt Markus Rewitzer, Leiter der Fachgruppe Schulleitung im BLLV, und Präsidentin Simone Fleischmann: Sie schildern komplexe Herausforderungen.

Der Lehrkräftemangel ist nicht mehr zu leugnen, obwohl das Satiremagazin Quer des Bayerischen Rundfunks der Staatsregierung gewohnt süffisant unterstellt, sie würde das dennoch versuchen: „In Bayern ist man mit dem Bildungssystem sehr zufrieden“, konstatiert Moderator Christoph Süß und fährt nach vielsagender Kunstpause fort: „Wenn man die Regierung fragt. Fragt man an den Schulen, dann zeigt sich ein völlig anderes Bild.“

Um dieses Bild aus der täglichen Praxis zu zeigen, besucht Quer unter anderem die Mittelschule in Hausham am Tegernsee und spricht mit Schulleiter Markus Rewitzer, Leider der Fachgruppe Schulleitung im BLLV, an dessen Schule viele Menschen unterrichten, die keine grundständig ausgebildeten Lehrkräfte sind: „Wir haben Quereinsteiger, Seiteneinsteiger, Substitutionskräfte. Wir haben einfach Lehrer, wir haben studentische Hilfskräfte, wir hatten schon Unterrichtsassistenten“, zählt Rewitzer auf und gibt zu: „Ich tu mich manchmal selber hart, die Begrifflichkeiten richtig zu nennen.“

Quereinsteiger haben viele berechtigte Fragen zum Schulalltag

Keine Frage, die Kolleginnen und Kollegen werden alle dringend gebraucht. Doch im ersten Schritt bedeutet das für die Lehrkräfte an den Schulen, die ja dadurch eigentlich entlastet werden sollen, einen erheblichen Mehraufwand, wie BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann im Gespräch mit Quer klarstellt:

„Ich muss nämlich die Kollegin, die eigentlich gar keine ist, mitnehmen“, schildert Fleischmann. „Ich muss ihr zeigen, wie man hier den Biologieunterricht macht. Ich muss ihr sagen, wie man ein Klassenbuch führt, wie Elterngespräche gehen. Das ist eine zusätzliche Belastung. Die lernen das nicht ‘by the way‘, sondern wir nehmen die mit.“

Es braucht Zeit, die gerade jetzt nicht da ist

Damit sich die neuen Kolleginnen und Kollegen später sicher und eigenständig im Schulalltag bewegen können, ist dieser Prozess enorm wichtig. Markus Rewitzer betont, dass dies aber Zeit und Geduld auf beiden Seiten braucht: „Stellen sie sich vor, sie haben eine Band und ihnen fehlt der Gitarrist. Und dann bekommen sie jemanden, der spielt Ukulele. Der kann vielleicht irgendwann schon auch ein guter Gitarrist werden, aber der braucht Zeit, der braucht Unterstützung!“

Ob die aus der Not geborenen Lösungen nachhaltig sind, stellt das Satiremagazin mit Verweis auf zahlreiche Studien, die rückgängige Kompetenzen im Lesen, Schreiben und Rechnen konstatieren, in Frage. Das sehe selbst die Kultusministerkonferenz so.

Der Beitrag aus "Quer" im Video


Ergänzung wäre gut, Ersatz eher nicht

BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann sieht Quereinsteiger eigentlich schon als Chance, hat aber an der derzeitigen Praxis ihre Zweifel: „Es wäre schön, wenn sie uns ergänzen würden, also zusätzlich zu uns da wären“, sagt Fleischmann mit Blick auf wertvolle Impulse, die von Menschen mit außerschulischen Hintergründen ausgehen können und die für das zeitgemäße Konzept einer sich öffnenden Schule absolut wünschenswert sind.

Doch sieht die Realität derzeit eben anders aus: „Momentan haben wir die Situation leider nicht: Sie ersetzen uns. Das ist ein Problem, weil wir natürlich Angst haben, dass sie die Professionalität nicht halten können, die wir halten“, sagt Simone Fleischmann.

Bildungsqualität braucht Profis

Aus Sicht des BLLV ist die Professionalität der Pädagogik entscheidend für gelingende Bildung jedes jungen Menschen. Daher hat der BLLV ein Sofortprogramm zur Stärkung der Kernmannschaft, also der grundständig ausgebildeten Lehrkräfte an Bayerns Schulen, an die Politik gestellt. Denn ganzheitliche Bildung, die Kinder und Jugendliche zu Menschen bildet, die eigenverantwortlich, werteorientiert und reflektiert Gesellschaft gestalten, war vielleicht nie so wichtig wie heute. Und Bildungsqualität hängt eben direkt mit Professionalität zusammen.

Das sieht auch Quer-Moderator Christoph Süß so, der mit Blick auf das verlässliche Eigenlob der Staatsregierung im Ländervergleich ketzerisch fragt: „Was ist das Ziel von Bildung? Soll man die Kinder so gut wie irgend möglich ausbilden? Oder genügt’s, wenn man besser ist als andere Bundesländer…“

» Video der ganzen Quer-Sendung in der ARD-Mediathek (Thema ab 17:35)
 



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