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Realschullehrer fühlen sich allein gelassen

Die Probleme werden mehr - im öffentlichen Diskurs gehen sie aber weitgehend unter / Zum Auftakt der Abschlussprüfungen am 4. Juni fordert BLLV-Präsident Wenzel Verbesserungen

Pressemitteilung: München - Auch an den bayerischen Realschulen sind die Ressourcen knapp, gleichzeitig werden die Aufgaben immer mehr. Darauf hat der Präsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), Klaus Wenzel, wenige Tage vor Beginn der schriftlichen Abschlussprüfungen hingewiesen. Die Schulart erfreut sich großer Beliebtheit - nicht zuletzt wegen der Vermeidung des G8. In der öffentlichen Diskussion gehen die Probleme aber weitgehend unter. „So sehen sich viele Kollegien mit Aufgaben konfrontiert, für die sie wenig Zeit haben und die sie zum Teil auch fachlich überfordern. Für die Medienerziehung und den Ausbau der Ganztagsangebote gibt es zu wenig Geld, die Klassen sind unverändert groß und anstatt junge Lehrer einzustellen, werden Referendare ausgenutzt. Steigende Anforderungen und Personalknappheit führen dazu, dass Realschullehrkräfte stark belastet sind. „Sie wünschen dringend Verbesserungen für ihren Arbeitsplatz, Anerkennung ihrer Leistungen und Unterstützung bei der Weiterentwicklung ihrer Professionalität“, erklärte Wenzel. Wenn es den Realschullehrkräften gut gehe, gehe es auch den Schülerinnen und Schülern gut. Ihnen wünschte der BLLV-Präsident alles Gute und viel Glück für die Prüfungen. Sie beginnen am 4. Juni. 

 

Am Beispiel Medienerziehung und Medienbetreuung wird deutlich, vor welchen Herausforderungen die Kollegien an Realschulen stehen: „Viele Lehrkräfte, die mit der Aufgabe betraut sind, fühlen sich überfordert oder allein gelassen“, kritisierte Wenzel. „Systembetreuer, Datenschutzbeauftragte oder  Medienpädagogische Schultandems, kurz MIB-Tandems, sollen an den Schulen Ansprechpartner für alle Fragen der Medienerziehung sein - ohne dafür ausreichend Anrechnungsstunden oder Weiterbildungsmöglichkeiten zu erhalten. Das stresst die Betroffenen ungemein. Einerseits wollen sie die Herausforderung annehmen und gute Ansprechpartner sein, andererseits ist es schlicht und ergreifend nicht möglich, bei wenigen Anrechnungsstunden und schlechter Vorbereitung den eigenen und fachlichen Ansprüchen gerecht zu werden.“ Beispiele dieser Art gebe es viele. Sie zeigten, dass immer mehr Aufgaben an die Schulen delegiert, die Schulen aber nicht angemessen ausgestattet würden.

Als problematisch bezeichnete der BLLV-Präsident auch, dass die Klassengrößen unverändert geblieben seien: „Klassen mit 28 und mehr Schülerinnen und Schülern sind eher die Regel als die Ausnahme. Bei solchen Klassenstärken können die Lehrkräfte nicht mehr auf individuelle Bedürfnisse und Erfordernisse ihrer Schülerinnen und der Schüler eingehen.“ Die Klassengrößen stünden außerdem der erfolgreichen Umsetzung der Inklusionsidee im Wege. „Die knappe Lehrerstundenzuweisung macht Differenzierungsmöglichkeiten unmöglich.“ Der Grund für die sparsame Zuweisung: Referendare müssen während ihres Einsatzjahres an den Schulen bis zu 17 Unterrichtsstunden halten. „Der Freistaat nutzt die Potentiale junger Studierender und erspart sich die Anstellung fertig ausgebildeter Lehrerinnen und Lehrer. So kommt es, dass die Studierenden ihren ehemaligen Studienkollegen den Arbeitsplatz streitig machen - ohne dies zu wollen. Dasselbe Verfahren wird im Übrigen auch bei Gymnasialreferendaren angewandt“, erklärte Wenzel, der diese Praxis immer wieder anprangert. „Sie gehört abgeschafft.“  

Der BLLV-Präsident erinnerte auch an die von der Staatsregierung abgegebene Ganztagsschulgarantie. „Qualitativ hochwertige Angebote können nur dann geschaffen werden, wenn sich die Bedingungen deutlich verbessern.“ Dazu müssten die Sachmittelzuwendungen aufgestockt und die Selbstverantwortung der Schulen deutlich erweitert werden. „Der Wunsch vieler Lehrerinnen und Lehrer nach besseren Arbeitsbedingungen muss endlich Gehör finden. Dies gilt übrigens für alle Schularten.“