Herr Godina, die bayerische Staatsregierung versucht, digitale Technik und digitales Kow How an die Schulen zu bringen, Sie versuchen Medienethik an die Schulen zu bringen. Warum braucht es die?
Wir müssen die digitale Welt, in der die Kinder nun mal leben, in Einklang bringen mit ihren ethischen Werten und Überzeugungen ...
... Moment! Kinder haben ethische Werte und Überzeugungen - ist das nicht arg gut gemeint?
Es ist erforscht. Auch selbst habe ich viele Tests mit Jugendlichen gemacht, sie zum Beispiel moralische Dilemmata lösen lassen. Es mag erstaunlich klingen, aber es kommt immer die gleiche Struktur heraus. Diese Struktur habe ich auch in interkulturellen Forschungen entdeckt. Sie scheint vorgeburtlich angelegt zu sein. Menschenrechtsphilosophen gehen heute davon aus, dass es einen common sense, eine universelle - wenn auch minimale - Moral gibt.
Dann bräuchte es ja erst recht keine Medienethik.
Doch, damit diese innere Moral nicht verschüttet wird. Das Problem ist: Die Medienwelten sind heute viel realistischer als vor 20, 30 Jahren. Sie wirken umso stärker. Nehmen Sie eines der weltweit erfolgreichsten Computerspiele, Grand Theft Auto. Die fünfte Folge hat innerhalb von drei Tagen eine Milliarde US-Dollar eingespielt. Darin sind hyperrealistische Folterszenen mitzuerleben, das Spiel wird damit sogar beworben. Da kann ich nur sagen: Die Medien und auch die Kommunikation in den sozialen Netzwerken dürfen kein wertfreier Raum sein. Da muss die Ethik rein.
Aber nicht alle Spiele sind derart gewalthaltig, und längst nicht alle Jugendlichen spielen so etwas.
Statistisch gesehen verbringen die 12- bis 25-Jährigen 114, die 15-17- Jährigen Jungs sogar 159 Minuten pro Tag mit Videospielen. Aber natürlich spielen nicht alle Individuen dieser Altersgruppe. Und nicht alle spielen das selbe. Manche schauen sich lieber Horrorfilme an, andere sehen Wissenssendungen ...
... sicher nicht die Mehrheit ...
...natürlich nicht. Das Spannendste in der digitalen Welt sind die Videos, die rumgeschickt werden, die Youtube-Szene, aber eben auch moralisch bedenkliche Computerspiel- und Internetformate. Und das Fernsehen? Es gibt jede Menge beliebter Fernsehformate, die nicht gerade der Persönlichkeits-entwicklung dienen, die verdummen. Sitcoms oder Scripted Reality-Formate wie Polizei- und andere Quasi-Reportagen. Auch da vermischen sich Wirklichkeit und Fiktion. In diesen Quasi-Dokus wird meist nur das Schlechte im Menschen wachgerufen und eben nicht das Wohl des Menschen, so wie es die Menschen- und Kinderrechte beschreiben.