Das BVerwG hat festgestellt, dass derzeit für alle Beamten unabhängig von ihrer Tätigkeit ein generelles statusbezogenes Streik verbot mit Verfassungsrang als hergebrachter Grundsatz im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG besteht. Gleichzeitig wurde für Beamte außerhalb der „hoheitlichen Staatsverwaltung“ eine Kollision mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) festgestellt. Der Gesetzgeber wurde aufgefordert, diesen Konflikt zu lösen. Gegenstand des Verfahrens ist eine Disziplinarmaßnahme, die gegen eine beamtete Lehrerin aus Nordrhein-Westfalen verhängt wurde, die sich an Warnstreiks beteiligt hatte. Dagegen setzte sich die Betroffene sich zur Wehr. Zuletzt hob das Oberverwaltungsgericht Münster das erstinstanzliche Urteil auf und stellte fest, dass das beamtenrechtliche Streikverbot zum Kernbestand des Art. 33 Abs. 5 GG gehört. Außerdem lehnte es eine Differenzierung der beamtenrechtlichen Pflichtenbindung zwischen Beamten im hoheitlichem Bereich und „sonstigen“ Beamten ab.
Im Einklang mit dieser Rechtsprechung stellte das BVerwG zunächst ein unmittelbar im Grundgesetz verankertes Streikverbot für Beamte fest. Dieses Verbot gelte auch unabhängig davon, ob Beamte hoheitliche Befugnisse im engeren Sinne ausüben oder in sonstigen Funktionen tätig seien. Allerdings erkennt das BVerwG einen Konflikt zwischen dem deutschem Verfassungsrecht, das über Art. 33 Abs. 5 GG den Status für alle Beamten gleichermaßen regelt, und der EMRK an, die für Beschäftigte außerhalb des staatlichen Bereichs Tarifrechte einfordert – ohne Berücksichtigung des Status. Denn nach Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) stehe – so das BVerwG – nur solchen Staatsbediensteten ein Streikrecht zu, die der hoheitlichen Staatsverwaltung angehören. Die deutschen Schulen und die dort Unterrichtenden sollen nicht zur Staatsverwaltung im Sinne der EMRK gehören. Diesen stehe somit nach der EMRK ein Streikrecht zu.
Gesetzgeber ist gefordert
Zur Auflösung dieser Kollisionslage sei der Bundesgesetzgeber berufen. Wie das geschehen soll, lässt der Senat offen. Nach Auffassung des BVerwG könne er etwa die Bereiche der hoheitlichen Staatsverwaltung bestimmen, für die dann ein generelles Streikverbot besteht. Für die anderen Bereiche der öffentlichen Verwaltung könnte die einseitige Regelungsbefugnis der Dienstherren zugunsten einer erweiterten Beteiligung der Berufsverbände der Beamten eingeschränkt werden. Die Zuerkennung eines Streikrechts für die in diesen Bereichen tätigen Beamten würde laut BVerwG einen Bedarf an Änderungen anderer Regelungen (für den Beamten günstiger), etwa im Besoldungsrecht, nach sich ziehen. Gegen die Entscheidung hat die Klägerin Verfassungsbeschwerde angekündigt. Die endgültige Entscheidung obliegt damit dem Bundesverfassungsgericht.
BB/Dietmar Schidleja