Bild: Susanne Breit-Keßler, Moderatorin Ursula Heller und Simone Fleischmann (v.l.n.r.).
Bild: Susanne Breit-Keßler, Moderatorin Ursula Heller und Simone Fleischmann (v.l.n.r.).
BLLV-Kamingespräch mit Susanne Breit-Keßler Themen
Wertebildung

Werte tun gut. Darüber reden auch.

Susanne Breit-Keßler, Vorsitzende des Bayerischen Ethikrates und BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann diskutierten beim Kamingespräch "Werte in der Krise" darüber, wie wichtig ein Wertekompass für ein Leben ist - erst recht in der Krise.

Schule als Raum zur Entfaltung. Schule als Raum zum Ausprobieren. Schule als Raum, wo Werte angelegt werden – so hat das Susanne Breit-Keßler erleben dürfen, wie sie beim digitalen BLLV-Kamingespräch Simone Fleischmann und BR-Moderatorin Ursula Heller erzählt. Und diese Werte, versichert die Vorsitzende des Bayerischen Ethikrates, begleiten sie bis heute.

 Werte helfen in persönlichen und gesellschaftlichen Krisen

Und diese Werte machen resilient gegenüber überhöhten gesellschaftlichen Ansprüchen, meint Simone Fleischmann: „Dieses höher-schneller-weiter macht auch uns Lehrerinnen und Lehrer kaputt. Das wollen wir nicht mehr.“ Stattdessen: Zeit, um individuell auf Kinder und ihre Geschichte eingehen zu können.

Höhepunkte im Film zusammengefasst


Breit-Kessler stimmt ihr zu und kritisiert, dass die Gesellschaft heute Kinder und Menschen haben möchte, die „passend sein sollen, effizient sein sollen“. Sie kritisiert den gut gemeinten Förderwillen von Eltern, der Kinder auch in ihrer Freizeit pusht. Sich so zu akzeptieren wie man ist, mit Stärken, aber eben auch Schwächen, dafür bricht Breit-Keßler eine Lanze. „Nicht ein perfektes Leben ist ein gutes Leben. Schmerz und Scheitern gehört dazu. Dem muss man Raum geben“, meint Breit-Keßler. Im Gegenteil: „Nobodys perfect: Erst Unvollkommenheiten machen Menschen aus und einzigartig“, ist Breit-Keßler überzeugt.

Das andere Extrem kennt Simone Fleischmann aber auch aus ihrem Schulalltag: Kinder, die von ihren Eltern überhaupt nicht ermuntert werden, ihre Talente zu entfalten und Dinge zu erreichen. Da musste sie als Lehrerin öfters motivierend einwirken, indem sie diesen Kindern gezeigt hat, dass sie an ihre Talente glaubt: "Da habe ich dann gesagt: Los, Sebastian, das schaffst Du!"

Gemeinschaft in der Vordergrund

Wie sehr der Mensch auf die Gemeinschaft angewiesen ist, hat die Pandemie vielen Menschen eindrucksvoll vor Augen geführt. Solidarische Aktionen für die Gastronomie oder spontane Nachbarschaftshilfe. Auch Simone Fleischmann stellt fest, dass durch Pandemie in der Schulfamilie eine neue Wertschätzung stattgefunden hat. „Die Schülerinnen und Schüler haben sich so gefreut, wieder in die Schule zu gehen. Weil sie sich auf ihre Klassengemeinschaft gefreut haben – nicht wegen Pythagoras!“

„Ein empathisches Miteinander ist ein ganz klares Bildungsziel in der Schule“, betont Fleischmann.

Durch den Online-Unterricht sind viele Kinder noch intensiver in Berührung mit digitalen Medien und digitaler Kommunikation gekommen. Wichtiges Vorbild in der Kommunikation sind da Eltern, aber auch in der Schule ist Medienkompetenz ein Feld, in dem mit Hilfe von externen Experten Wissen vermittelt werden muss. Im Online-Unterricht mussten Lehrkräfte erleben, dass Schüler vor dem Bildschirm während rumfläzten oder unter dem Tisch gezockt wurde. Sie rät dazu, sich mit Ich-Botschaften an die Schüler zu wenden nach dem Motto: Wenn Du Dich so gegenüber verhältst, fühle ich mich im Unterricht nicht geachtet.

„Ein empathisches Miteinander ist ein ganz klares Bildungsziel in der Schule“, betont Fleischmann.

Wertediskussionen ins Klassenzimmer holen

Deshalb ist das Klassenzimmer genau der richtige Ort für Wertediskussionen: „ Kinder wollen über Andersartigkeit reden, über Regenbogenfahnen, über das Lebensende.“ Sie weiß aus Erfahrung: Solche Diskussionen, Vielfalt und andere Meinungen zuzulassen, kosten Zeit und Kraft. „Aber es ist enorm wichtig“, davon ist sie überzeugt.

Welche Lehren aus Corona derzeit in der Politik gezogen werden, da ist sich Breit-Keßler noch nicht sicher. Im Moment herrsche noch Aktionismus vor, wofür sie aber Verständnis zeigt. Aus Pädagoginnen-Sicht ist sich Fleischmann sicher: Kinder, die die Pandemie durchstanden haben, können stolz auf sich sein und haben die Chance, gestärkt daraus hervor zu gehen.

Wertekompass braucht Ruhephasen

Breit-Keßler ist überzeugt, dass im Zusammenhang zum Justieren des Wertekompasses Ruhephasen essentiell sind. Denn durch das Innehalten findet ein innerer Reflexionsprozess statt, der einen vor eigenen unbedachten Reaktionen schützt.  

Und dabei ist auch der Austausch mit anderen Menschen über Werte wichtig und gibt Energie, wie Simone Fleischmann am Ende des Gesprächs erfreut feststellt: „Richtig gut hat mir unser Gespräch gerade getan!“

Zur Person

1954 in Heidenheim an der Brenz geboren, ist Susanne Breit-Keßler im oberbayerischen Oberaudorf aufgewachsen. Sie studierte Evangelische Theologie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Nach dem Vikariat an der Münchner St. Matthäuskirche wurde sie 1984 in der Auferstehungskirche in Icking zur Pfarrerin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern ordiniert. Von 1984 bis 1986 war sie als Religionslehrerin am Gymnasium in Tutzing tätig.

1986/87 absolvierte Breit-Keßler eine journalistische Ausbildung bei der Süddeutschen Zeitung und beim Bayerischen Rundfunk. Anschließend arbeitete sie als Journalistin und Publizistin für die Süddeutsche Zeitung, das Deutsche Allgemeine Sonntagsblatt, den Rheinischen Merkur und weitere Printmedien sowie als Nachrichtenkorrespondentin für den Bayerischen Rundfunk. Seit 1988 ist sie Rundfunkpredigerin und Autorin für den Bayerischen Rundfunk sowie für Deutsche Welle und Deutschlandradio. Von 1995 bis 1998 war sie zudem Sprecherin beim „Wort zum Sonntag“, das jeden Samstagabend in der ARD ausgestrahlt wird. Sie hat seit 2000 als Theologische Beraterin die Chefredaktion des evangelischen Magazins „Chrismon“ betreut und hat dort monatlich eine eigene Kolumne.

Im November 2000 wurde Breit-Keßler zur Oberkirchenrätin und Regionalbischöfin für München und Oberbayern ernannt. Zum 15. März 2001 trat sie dieses Amt an, dass Sie bis 2019 innehatte. Zudem war Frau Breit-Keßler seit 2003 ständige Vertreterin des Landesbischofs der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern.

Breit-Keßler ist Mitglied der Bioethik-Kommission der Bayerischen Staatsregierung und seit 2011 Mitglied im Präsidium der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege. Breit-Keßler ist die Vorsitzende des Bayerischen Ethikrates.

Weitere Informationen

BLLV-Dossier Demokratiepädagogik: Für eine klare Werteorientierung an Schulen

BLLV-Dossier Integration: Für eine diverse Gesellschaft

Gegenseitiger Respekt: BLLV-Manifest HALTUNG ZÄHLT

Überblick: BLLV-Kamingespräche der BLLV-Akademie

Fortbildungen, Gesundheit, Studien, Elternangebote: Die BLLV-Akademie im Überblick