Wie die BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann betont, ist BNE kein optionales Zusatzprojekt für die Schulen und die Bildung in Bayern, sondern ein zentraler Bildungsauftrag: „Bei BNE geht es nicht darum ein bisschen Umweltschutz und Ökologie vor sich herzutragen. Bildung muss Schülerinnen und Schüler dafür begeistern, informierte Entscheidungen zu treffen, Verantwortung zu übernehmen und aktiv an der Gesellschaft mitzuwirken. Und Bildung muss die Kinder und Jugendlichen auch dazu befähigen. Nachhaltigkeit und demokratische Bildung sind dabei untrennbar miteinander verbunden: BNE vermittelt nicht nur Wissen über ökologische, soziale und wirtschaftliche Zusammenhänge, sondern fördert kritisches Denken, Urteilsfähigkeit und eine wertebasierte Orientierung und damit die Grundpfeiler eines demokratischen Gemeinwesens.“
Mit der BLLV-Präsidentin auf dem Podium waren dazu Prof. Dr. Andreas Eberth (Professor für Geographie mit Schwerpunkt Bildung für Nachhaltige Entwicklung an der Universität Passau und Bundesvorsitzender des Hochschulverbands für Geographiedidaktik (HGD) e.V.), Felix Audebert (ehemaliger Schülersprecher der Gymnasien in Bayern), Werner Grabl (Schulamtsdirektor a.D., ehemaliger Leiter der Fachgruppe Schulverwaltung im BLLV und Mitglied im Leitungsteam der Initiative „Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) macht Schule – Netzwerk Zukunft Passau“), Michaela Würdinger-Gaidas (Studienrätin Grundschule, Fachberaterin für Bildung für nachhaltige Entwicklung, Mitglied im BNE-Team Bayern des Kultusministeriums, abgeordnete Lehrkraft an die Universität) und Antje Radetzky (Leiterin der Abteilung Berufswissenschaft im BLLV und Leiterin der Grundschule und Mittelschule Kiefersfelden).
BNE Landesstrategie – jetzt!
In der Pressekonferenz beleuchteten die Teilnehmer auf wissenschaftlicher, politischer und pädagogischer Ebene, warum es jetzt eine solche Landesstrategie braucht und woran es bislang fehlt. Insbesondere forderten die Teilnehmenden, dass Akteure, Projekte und Institutionen systematisch gefördert und vernetzt werden. Nur so kann der weitere Entwicklungsprozess effizient und effektiv gestaltet werden. Dafür steht auch der „Bayerische Pakt für BNE“, dem inzwischen 61 Partnerorganisationen angehören, darunter auch der BLLV.
Prof. Dr. Andreas Eberth betont: „Auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts – allen voran Klimawandel und Biodiversitätsverlust – müssen wir unverzüglich und entschieden reagieren. Eine gesellschaftliche Transformation im Sinne der Nachhaltigkeit sollte in diesem Sinne gemeinsam gestaltet werden. Bildung für nachhaltige Entwicklung bietet dazu einen Orientierungsrahmen, um schulische Bildung neu – zeitgemäß und zukunftsfähig – zu denken und eine ganzheitliche Schulentwicklung im Sinne von Nachhaltigkeit zu gestalten."
Bildung für die Zukunft
Die Antwort auf diese offensichtlichen und anerkannten Herausforderungen unserer Gesellschaft muss eine BNE-Landesstrategie sein. Sie stellt sicher, dass in allen Bereichen der Bildung – von der Schule über die Hochschule bis hin zur frühkindlichen Bildung und Jugendarbeit – klar fokussiert und systematisch verankert wird, was Lehrende und Lernende für eine zukunftsfähige Entwicklung benötigen.
Bayern braucht beste Bildung: Junge Menschen müssen für ihr persönliches Leben, aber auch in ihrer Rolle als spätere Fachkräfte bestmöglich auf Krisen und Herausforderungen vorbereitet werden. Nur so können sie Lösungen für heute und morgen entwickeln und in einer intakten Welt ein „gutes Leben für alle“ bewahren. Auch Unternehmen tragen Verantwortung – und erkennen zunehmend die wirtschaftlichen Chancen, die sich aus Nachhaltigkeit und Klimaschutz ergeben.
Kinder und Jugendliche erwarten sich mehr vom Unterricht
„Die größte Herausforderung der Gegenwart und Zukunft ist die Klimakrise, die durch fehlenden Klimaschutz und Nachhaltigkeit besonders die jungen Menschen unserer Gesellschaft – SchülerInnen und Studierende – vor eine komplexe Zukunft stellt. Deshalb muss gerade in den Schulen ein deutlich größerer Fokus auf Nachhaltigkeit gelegt werden und Klimaschutz muss zentrale Aufmerksamkeit bekommen
Zudem sind aber auch in allen anderen Fächern durch eine hochdynamische Welt nachhaltigere Lern- und Lehrmethoden erforderlich, die SchülerInnen stärken und auf das Leben als Erwachsene außerhalb der Schulen vorbereiten
Es braucht innovative und neue Ansätze. Die BNE bietet Lösungen für diese Notwendigkeiten und muss daher in Bayerns Bildungssystem an erster Stelle auf die Tagesordnung gesetzt werden, um flächendeckend alle SchülerInnen mit Zukunftskompetenzen auszustatten“, so Felix Audebert.
Strukturen und Netzwerke schaffen und nutzen
Zur Notwendigkeit und der Umsetzung einer BNE-Landesstrategie betont Werner Grabl: „Die Bedeutung um die Thematik der Nachhaltigkeit und der BNE gehört jetzt und hier in den schulischen Alltag integriert! Wenn nicht jetzt, wann dann? Da gilt es im Bildungsprozess das eigene Handeln zu hinterfragen, die Komplexität der Herausforderungen des 21. Jahrhundert zu erkennen, um letztlich imstande zu sein, eine zukunftsfähige Gesellschaft aktiv und verantwortungsvoll mitzugestalten.
Damit dies im schulischen Alltag gelingen kann, gilt es auf kommunaler Ebene entsprechende Strukturen für eine erfolgreiche BNE-Netzwerkarbeit umzusetzen – gemäß dem Motto: global denken – lokal handeln. Dazu können im Rahmen einer Landesstratgie die vorhandenen lokalen Strukturen im Bereich der Schulverwaltung genutzt werden; allerdings sind dann zusätzliche Ressourcen aufzubringen. Dazu stellte Anna Stolz bei einem Infoaustausch zur Initiative "BNE macht Schule.Netzwerk Zukunft Passau" im Oktober 2021 am Schulamt Passau fest: ‚Die Kümmerer vor Ort sind notwendig, sonst funktioniert das nicht.‘“
BNE in der Lehrkräftebildung verankern
Michaela Würdinger-Gaidas lobt die Entwicklung der letzten Jahre, stellt aber auch klar, dass es weiterer Anstrengungen Bedarf. Auch Sie betont die strukturellen und systemischen Aspekte: „Mein dankbarer Blick fällt auf die Entwicklungen in der BNE in den letzten Jahren, die vor allem von Seiten des Referats für BNE im Kultusministerium vorangetrieben wurden – beispielsweise durch das Aufstellen des BNE Teams Bayern oder die Einführung einer möglichen Erweiterungsqualifikation BNE im Lehramt.
Vor allem in der Lehrkräftebildung fehlt jedoch der verpflichtende Charakter, sodass Lehramtsstudierende selbst Gestaltungskompetenzen entwickeln und auch in ihrer Professionalisierung darauf vorbereitet werden, Transformationsprozesse voranzutreiben. In Phase II der Lehrkräftebildung – also im Referendariat oder Vorbereitungsdienst – ist dieser verpflichtende Ansatz dann weiter fortzuführen. Damit das Engagement in der BNE wirksam werden kann, ist eine Verzahnung mit der Schulentwicklung in einem ganzheitlichen, systemischen Ansatz notwendig. Hierzu muss neben der Arbeit an einzelnen Pilotschulen eine Struktur geschaffen werden, die diesen Prozess für alle Schulen in Bayern möglich macht.“
Antje Radetzky betonte zum Schluss der Veranstaltung nochmals deutlich, welche Rolle BNE im gesamtgesellschaftlichen Kontext spielt: „Aus meiner Erfahrung als Schulleiterin heraus ist Demokratielernen die Basis von Bildung für nachhaltige Entwicklung. Nur wenn unsere Schülerinnen und Schüler mitbestimmen dürfen, wenn sie gehört und ernst genommen werden, entwickeln sie den Mut und die Haltung, wirklich etwas bewirken zu wollen – in ihrer Schule und weit darüber hinaus. BNE braucht deshalb eine Schule, in der Partizipation gelebte Praxis ist – und das gelingt nur mit Schulleitungen und Lehrkräften mit einer demokratischen Haltung. Dafür braucht es in Bayern endlich eine verbindliche Landesstrategie für BNE. Sie muss Schulen den nötigen Rahmen geben, nachhaltiges und demokratisches Lernen nicht als Zusatz, sondern als selbstverständlichen Teil von Schulentwicklung zu gestalten.“
Bildung als zentraler Hebel für gesellschaftliche Transformation
Der BLLV macht deutlich: Bildung für nachhaltige Entwicklung darf kein Randthema bleiben. Sie muss strukturell, verbindlich und mit ausreichenden Ressourcen in allen Bildungsbereichen verankert werden – von der Ausbildung der Lehrkräfte bis zur Schulentwicklung vor Ort. Bayern braucht jetzt eine umfassende BNE-Landesstrategie, die Bildung als zentralen Hebel für gesellschaftliche Transformation versteht. Nur so kann die nächste Generation die Zukunft aktiv, verantwortungsvoll und mutig gestalten.
Weiterführende Informationen:
>> Zum Pakt für BNE
>> Zum Bildungskonzept der Vereinten Nationen auf den Seiten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung
>> Zur BNE-Themenseite des BLLV