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Pilotprojekt in Baden-Württemberg Startseite Topmeldung
Eigenverantwortung Motivation

Unterrichtsbeginn in Gleitzeit: „Flexibilität muss trainiert werden“

An einem Gymnasium in Baden-Württemberg können Schülerinnen und Schüler künftig an zwei Tagen pro Woche entscheiden, ob sie erst um 9:40 zur Schule kommen. BLLV-Präsidentin Fleischmann ermuntert zur Flexibilisierung, wenn Eltern miteinbezogen werden.

„Die Realität ist so, dass du nicht um 8 Uhr mit allen auf einer Leistungskurve von 100 Prozent starten kannst.“ Das sagt BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann im Gespräch mit der Passauer Neuen Presse, die über ein Pilotprojekt für späteren Unterrichtsbeginn an einem Gymnasium in Plochingen in Baden-Württemberg berichtet.

Dies hatten auch die Schülerinnen und Schüler, die das Projekt an der Schule selbst entwickeln durften, bei der eigenen Recherche dazu festgestellt: Schlafforschende und Chronobiologen stellen immer wieder fest, dass die gängigen Unterrichtszeiten nur sehr bedingt mit dem Biorhythmus von Kindern und Jugendlichen kompatibel sind.

Selbstbestimmtes eigenverantwortliches Lernen

Das Projekt in Plochingen sieht daher vor, dass Schülerinnen und Schüler an zwei Tagen pro Woche die Möglichkeit haben, entweder wie gehabt um 7:50 Uhr in die Schule zu kommen oder erst um 9:40 Uhr. Dafür wird eine sogenannte freiwillige Lernzeit eingeführt, in der Aufgaben entweder in der Schule unter Aufsicht der Lehrkraft bearbeitet werden oder selbstständig zuhause zu einem selbstgewählten Zeitpunkt. Ein solches Modell könne Schülerinnen und Schüler möglicherweise leistungsfähiger machen, sagt BLLV-Präsidentin Fleischmann im Gespräch mit zahlreichen Medienvertretern, wie unter anderem die Süddeutsche Zeitung berichtet. Eine offene Debatte über einen flexibleren Schulbeginn sei daher auch in Bayern wünschenswert.

Die Plochinger Schulklasse hatte sich bei der Hintergrundrecherche auch über Arbeitszeitmodelle in der Wirtschaft informiert. Hier spielt – nicht zuletzt aufgrund des Fachkräftemangels – die Flexibilisierung der Arbeitszeit eine immer wichtigere Rolle. Das beobachtet auch BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann: „Die Arbeitswelt der Eltern hat sich auch verändert“, konstatiert sie und fragt: „Wer sagt denn, dass es immer so bleiben muss?“ Wenn es wirklich den Wunsch gebe, das Lernen in Bayern zeitgemäß zu gestalten, dann sollte das auch strukturelle Konsequenzen haben, meint Fleischmann.

Geduld und gute Abstimmung

Natürlich bräuchte eine solche Änderung aber Zeit und Geduld auf allen Seiten. „Flexibilität muss trainiert werden“, meint Fleischmann. Zudem sollten dabei alle Beteiligten an jeder einzelnen Schule eingebunden werden. Wenn beispielsweise an Grundschulen ein solches Modell getestet werde, dann brauche es dazu gemeinsame Entscheidungen mit Eltern und ihren Kindern. "Man kann nicht einfach einen Schalter umlegen", sagt die BLLV-Präsidentin dem Münchener Radiosender Arabella. "Das ist eine Veränderung, und die muss man gemeinsam gehen."

Entscheidend sei letztendlich immer, ob sich solche Veränderungen positiv auf Bildungserfolge auswirken, sagt Fleischmann bei Radio Kempten: "Es gilt bei so etwas schauen, ob man das, was wir bilden und erziehen wollen, auch an die Kinder heran bringt: Wie alt sind die Jugendlichen? Wie gut passt es zu dem Modell? Wann kommt der Bus und wie kommen die Kinder in die Schule und wie kommen sie wieder weg? Es gibt also viele Variablen, auf die zu achten ist."

Wenn sich eine Schule für einen Modellversuch entscheide, sei es zudem wichtig, die Ergebnisse zu reflektieren, meine Simone Fleischmann: "Modellversuche sind zu begrüßen, so kann man professionell ausprobieren, wie verantwortlich Schüler damit umgehen, wie gut das selbst lernen klappt, wie gut es den Einzelnen tut, später zu starten. Mit solchen Fragen muss man anschließend evaluieren, ob das wirklich zuträglich ist."

» zum Artikel „Schüler haben Unterricht in Gleitzeit: Ist das eine Idee für Bayern?“
 



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