Statement der BLLV-Präsidentin zur Lage an den Schulen (18.11.2021) Startseite Topmeldung
Lüften Luftfilter Coronatest Arbeitsbelastung

Wir stehen das: zu welchem Preis?

Die Belastungsgrenze für Lehrkräfte in der Pandemie ist überschritten: Der BLLV fordert ein regionalisiertes Konzept, das den unterschiedlichen Bedingungen, Inzidenzen und Möglichkeiten der Schulen vor Ort gerecht wird.

Während die große Politik heute mal wieder in einer Ministerpräsidentenkonferenz zusammenkommt und versucht, die aktuelle Coronalage irgendwie in den Griff zu bekommen, steht dies jede Schulleiterin und jeder Schulleiter und jede Lehrerin und jeder Lehrer tagtäglich an unseren Schulen in Bayern.

Es ist schon fatal: Nach wie vor gibt es kaum Lüftungsgeräte an den Schulen, die stabilen und flächendeckenden Internetverbindungen stehen nicht, der Zirkus rund um die Poolingtests nimmt kein Ende, die zuständigen Behörden sind überlastet und wir erhalten die für Montag umzusetzenden Anordnungen aus dem Kultusministerium immer noch am Freitagnachmittag. Und und und … Scheinbar hat sich nichts verändert, trotz unserer steten Betonung dieser Missstände.

BR-Campusmagazin: "Bayerns Schulen bleiben offen - Aber wie lange noch?" (21.11.2021)

In der Realität kommen die Gesundheitsämter bei der Nachverfolgung von Corona-Fällen an Schulen nicht mehr mit. Schulleiterinnen und Schulleiter müssen selber tätig werden und Anweisungen geben. "Wir haben Angst davor, die Gesundheitsmaßnahmen nicht hundertprozentig korrekt umsetzen zu können und deswegen von Eltern verklagt werden", so BLLV-Präsidentin Fleischmann. Dies sei schon der Fall gewesen, als etwa Lehrkräfte kein lückenloses Lüftungsprotokoll nachweisen konnten. "Wir brauchen in solchen Fällen Rückendeckung von unserem Dienstherren", fordert Fleischmann. >> Nachhören im BR-Campusmagazin (1.30 - 5 Min)

Und dennoch: wir stehen das. Das System Schule funktioniert.

Und warum? Weil die Lehrerinnen und Lehrer, die Schulleitungen, die Schulverwaltung und eben alle im System der Schulen vor Ort sich alle Haxn ausreißen und immer alles stehen wollen – und dann auch schaffen! Aber auf wessen Kosten passiert das eigentlich alles? Und mit welcher Legitimation treffen wir an den Schulen Entscheidungen in solchen Notsituationen, die wir eigentlich nicht verantworten können?

Wir an den Schulen vor Ort stehen gerade alles:

Ein positiver Coronatest mitten in der Nacht am Handy der Schulleiterin … dann die professionelle und umfassende Kommunikation mit den Eltern, den Kolleginnen und Kollegen und allen Betroffenen, das Heimschicken des betroffenen Schülers am Morgen, selbstverständlich dessen Kontaktnachverfolgung von der Fahrt in die Schule bis in alle Lerngruppen und Klassen hinein, der Anruf beim Gesundheitsamt – vielleicht vergeblich – die Ankündigung der Quarantänemaßnahmen für die entsprechenden anderen Schülerinnen und Schüler und dann die Anordnung des Distanzunterrichts oder des hybriden Unterrichts. Und und und … Alles entscheiden, verantworten und kompetent handeln: Das zeichnet die mutigen und professionellen Kolleginnen und Kollegen an den Schulen in Bayern aus. Aber: zu welchem Preis?

Und:  Der Lehrermangel an Grund-, Mittel- und Förderschulen, der unseren eigentlichen Auftrag von Bildung und Erziehung ohnehin schon erschwert, oben drauf. Und: dann die Schülerinnen und Schüler, die eigentlich deutlich mehr bräuchten - mehr als Unterricht, mehr als Leistungserhebungen und mehr als hybride Angebote.         

Wie sollen wir unseren eigentlichen pädagogischen Aufgaben gerecht werden, wenn wir jeden Tag erleben, dass wir nicht unterstützt werden? Wo ist die Rückendeckung der Politik? Wir machen es leider alle einfach zu gut. Wir machen es für die Kinder und Jugendlichen.

Und dann?

Wir erwarten, dass die Kolleginnen und Kollegen wertgeschätzt werden, aber vor allen Dingen, dass die Rahmenbedingungen endlich so angepasst werden, dass sie gestützt, geschützt und mit allen nötigen Freiheiten ausgestattet werden, die sie brauchen, um sich bestmöglich den Kindern und Jugendlichen widmen zu können! Wir tragen die Verantwortung, wir stehen das – aber: wir brauchen die Rückendeckung von oben!

Wenn es dann aufgrund immens hoher Inzidenzen an einer Schule und dem Lehrermangel nicht möglich ist, die Klassen in Präsenz zu beschulen, muss eben auch der Distanzunterricht in Betracht gezogen werden. Anders geht’s nicht.

Obwohl wir als BLLV nach wie vor absolut für Präsenzunterricht stehen – aber sicher!

Und wir wissen es doch besser als die große Politik: die Kinder und Jugendlichen brauchen jetzt uns. Den Präsenzunterricht, die Mitschülerinnen und Mitschüler und eben alles, was Schule live ausmacht. Das wissen wir – das wissen wir am besten. Dafür werden wir alles geben – dafür geben wir jetzt schon alles. Aber: die Politik muss ihres dazu tun, dass das auch in Zukunft so gehen kann.

Wir fordern ein regionalisiertes Konzept, das den unterschiedlichen Bedingungen, Inzidenzen und Möglichkeiten der Schulen vor Ort gerecht wird. Wir fordern weiterhin ein klares bildungspolitisches Logbuch. Einen Index mit absolut astreinen Parametern. Nicht wir werden diese setzen. Dies muss die Politik tun. Regionalisierte Entscheidungen - Entscheidungen vor Ort: das ist jetzt gefragt! Dazu braucht es aber endlich ein klares indexgesteuertes Logbuch, das die Politik liefern muss.

Wir sind nun gespannt, was die große Politik heute entscheidet und was das für uns an den Schulen in Bayern bedeutet. Denn wir an den Schulen vor Ort müssen täglich ausbaden, was da oben entschieden wird. Wir wollen es doch stehen: regionalisiert, indexgesteuert und mit höchster Professionalität, Verantwortung und Rückendeckung.

Weitere Informationen

>> Alles rund um die Pandemie: Das Corona-Dossier des BLLV

Gut informiert durch den Ausnahmezustand: Die genauen Regelungen zu Hygienemaßnahmen und Organisation des Schulbetriebs in der Pandemie.

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