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Landtagswahlen 2023 Politik
A13 Bildungsqualität

Bildung ist Programm

Man sollte Äpfel nicht mit Birnen vergleichen? In diesem Fall hängt viel ab von der richtigen Wahl. Die Absichtserklärungen der demokratischen Landtagsfraktionen im Vergleich.

Bildung in Bayern sowie bayerische Kinder und  Jugendliche sind uns sehr wichtig – auf diese  Quintessenz lassen sich die Wahl- und Regierungs programme aller demokratischen Parteien im bayerischen Landtag bringen, die sie für die anstehenden Landtagswahlen am 8. Oktober vorgelegt haben. En détail lassen sich diese Programme jedoch schwer miteinander vergleichen. Jede Partei setzt ja ihre eigenen Schwerpunkte. Themen, die der einen Partei absolut wichtig erscheinen, werden bei der anderen gar nicht benannt.  

Die einen versehen ihre Forderungen mit tiefgehenden Erläuterungen, die anderen begnügen sich mit vermeintlich selbsterklärenden Aufzählungen. Außerdem macht es natürlich einen Unterschied, ob es sich um das Wahlprogramm einer Oppositionspartei handelt, deren Ziele und Pläne nur für den Zeitraum des Wahlkampfs geschrieben wurden, oder ob eine Regierungspartei die Pläne und Ziele für eine gesamte Legislaturperiode vorlegt, wie es die CSU getan hat.  

Dennoch versuchen wir hier Äpfel mit Birnen  zu vergleichen. Schließlich können die Informationen helfen besser zu erkennen, wo die Parteien in Bezug auf die relevanten Themen stehen, und sich dementsprechend zu entscheiden. Im Folgenden stellen wir die Wahl - beziehungsweise Regierungsprogramme der demokratischen Fraktionen in der Reihenfolge vor, die der Zahl ihrer derzeitigen Abgeordneten entspricht.

CSU

"In Bayern lebt es sich einfach besser" – so lautet der Titel  des Regierungsprogramms der Union. Darin stellt die Partei klar: "Bildung hat Top-Priorität in Bayern." Man wolle Chancen durch Bildung schaffen, und dies für alle. Dazu wolle man der "Vielfalt der Talente mit der Vielfalt an Bildungswegen gerecht" werden. Auch, indem man am "bewährten gegliederten Schulsystem" festhält.  

Dennoch will die CSU "für unsere Kinder (…) noch besser werden". Dafür brauche es "in der Schule mehr Qualität, mehr Empathie und mehr Digitalisierung". Bis zum Ende einer nächsten möglichen Regierungsbeteiligung wolle man "insgesamt 8.000 neue Stellen für Lehrerinnen und Lehrer, aber auch Ver-waltungskräfte, Sozialpädagogen und Schulpsychologen schaffen". Die Christsozialen setzen auf Multiprofessionalität und versprechen, "Schulleitungen und Verwaltungen (…) von Bürokratie" zu befreien.  

Außerdem tritt die CSU für eine Stärkung des Lehramtsstudiums ein und will, entgegen der aktuellen Praxis, "dass künftige Lehrkräfte ihr Studium in der Heimat verbringen und anschließend in der Heimat unterrichten können".  

Das Lehramt für Grund- und Mittelschulen will die Partei des Ministerpräsidenten vor allem über ein höheres Einstiegsgehalt attraktiver machen. Sie schreibt dazu: "Wir haben den Einstieg in A 13 für Grund- und Mittelschullehrer geschaffen und wollen bis 2027 die komplette Umstellung auf die Eingangsbesoldung A 13 abgeschlossen haben, also ein Jahr früher als vereinbart."

"A 13 – Ein wichtiger Schritt für die Zukunft und gutes Geld für sehr gute Arbeit" (Gerhard Waschler)

Grüne

A 13 ist, wie bei allen anderen Landtagsparteien, auch bei den Grünen Thema. Sie kündigen aber zusätzlich eine Erhöhung des "Gehalt[s] der Referendar*innen" an. Ihrem Wunsch zufolge soll auch "das Gehalt der Fach- und Förderlehrer*innen (…) perspektivisch um eine Gehaltsstufe angehoben werden". Außerdem wollen die Grünen, ähnlich wie die CSU, dass junge Lehrkräfte leichter wohnortnah eingesetzt werden können.  

Beim Lehramtsstudium soll es ein Grundstudium mit verpflichtenden Praktika an zwei verschiedenen Schularten geben. Erst danach würden sich die Studierenden auf ein Fach spezialisieren und es mit einem Master abschließen.
Neben einer Neuausrichtung des Studiums wollen die Grünen auch "längeres gemeinsames Lernen ermöglichen, den Übertritts- und Leistungsdruck in den 4. Klassen vermindern und unterschiedliche Abschlüsse an derselben Schule ermöglichen". Auf welche Schulart ein Kind nach der 4. Klasse wechselt, solle nicht mehr vom Notenschnitt abhängen, sondern von den Eltern entschieden werden – nach einer Beratung.  Außerdem sollen Kommunen das Recht haben, "innovative Schulformen für schulartübergreifendes gemeinsames Lernen zu errichten."

Die Grünen setzen auch auf Innovation beim Schulbau. Dazu gehöre es, moderne pädagogische Konzepte in "grünen Klassenzimmern und Schulgärten" anzuwenden. So würden die Schulen zu einem "Lern- und Erfahrungsort für Bildung  im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung". Um Bildung für  nachhaltige Entwicklung zu implementieren, brauche es außerdem eine abgestimmte Landesstrategie, die alle Politikbereiche betreffe.
Die Grünen wollen einen Sozialindex einführen. Auf diese Weise könnten Schulen ihrer Auffassung nach spezifisch nach ihren jeweiligen Bedarfen unterstützt werden, wodurch sich  wiederum der Rechtsanspruch auf Ganztagsbildung durchsetzen ließe. Indem dieser Rechtsanspruch auch den Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe zustehen soll, würde auch mehr Bildungsgerechtigkeit erreicht werden.

"Erst nach einer längeren Zeit des gemeinsamen Studiums sollte man sich für ein Lehramt entscheiden müssen." (Anna Schwamberger)

Freie Wähler

Das bildungspolitische Kapitel im Wahlprogramm der Freien Wähler trägt den Titel "Beste Bildung ist gerade gut genug". Es beginnt mit der Feststellung, die Partei habe bereits viele Verbesserungen in der Bildung auf den Weg gebracht. Nun brauche es aber einen Ausbau einerseits von Lehrerstellen und weiterem Personal sowie von Unterrichtsqualität. Die Freien Wähler legen allerdings Wert auf die Feststellung: "Das differenzierte Schulsystem muss (...) dennoch erhalten werden".

Die Lehrerbildung muss den Freien Wählern zufolge allerdings "flexibilisiert und praxistauglicher werden". Außerdem sollen Lehrkräfte aller Schularten Praktika in Unternehmen  absolvieren, um "den Bezug zur Wirtschaft [zu] erhalten".  
Apropos Wirtschaft: Man stehe für die Wirtschaftsschule  ab der 5. Klasse und sei sich gleichzeitig bewusst, dass die  Mittelschulen "als Wegbereiter der dualen Ausbildung besonders gestärkt werden" müssen. Dazu solle es "mehr pädagogische Unterstützung der Schüler" geben.

Die Berufseinstiegsbegleitung ist den Freien Wählern auch aus diesem Grund wichtig, sie wollen sie dauerhaft beibehalten. Zudem wolle man multiprofessionelle Teams an allen Schularten und eine Unterstützung der Schülerinnen und Schüler.

"Gemeinsam starten, dann nach Schularten ausdifferenzieren und im Grundstudium möglichst viel Praxiserfahrung in möglichst vielen unterschiedlichen Schularten sammeln lassen." (Tobias Gotthardt)

SPD

Auch die SPD fordert für eine pädagogische Unterstützung der Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern mehr Multiprofessionalität, und zwar in Form von heilpädagogischen Förderlehrkräften, Schulpsychologen und weiteren Experten.  
Die SPD schreibt in ihrem sogenannten Zukunftsprogramm: "Im bayerischen Schulsystem gibt es (…) gravierende Mängel, die wir anpacken werden." Gerade die Tatsache, dass der Bildungserfolg von Kindern immer noch enorm vom Bildungsstand der Eltern abhänge, müsse dringend verändert werden. Dafür brauche es neben der Vermittlung von Kompetenzen wie kritischem Denken und Teamfähigkeit auch "flexible Arten des Lernens in Projekten".

Eine "Notwendigkeit alternativer Bewertungsformen wie Portfolioarbeiten" gehört für die SPD daher dringend dazu. "Für die Herausforderungen der Zukunft brauchen wir ein Lernen für die Zukunft." Um die Schülerinnen und Schüler individuell fördern zu können, will die SPD die Klassenstärke mittelfristig auf 20 Schülerinnen und Schüler begrenzen. Diese solle weiter reduziert werden, wenn Kinder mit besonderem Förderbedarf in der Klasse seien. 

Um den Lehrerberuf attraktiv zu machen, stehe man wie  bisher für A 13 als Eingangsbesoldung. Außerdem sollen Lehrkräfte "ohne Mehrbelastungen" regelmäßige Fortbildungen besuchen können. Das Lehramtsstudium will die SPD auf ähnliche Weise wie die Grünen reformieren. Dazu gehören nach ihrem Modell ein schulartübergreifendes Grundstudium, höhere Praxisanteile und ein Masterabschluss nach Stufen.

Beim Thema Ganztag hält die SPD das Modell des rhythmisierten und gebundenen Ganztags für ideal. Doch auch "alternative bestehende Betreuungsformen" seien willkommen. Das Ziel bestehe darin, dass jedes Kind in einer Ganztagsschule  unterrichtet werden kann. Die Chancengerechtigkeit stehe  auch bei dieser Forderung im Vordergrund. 

Aus diesem Grund strebt die SPD beim Übertritt so wie die Grünen eine Freigabe des Elternwillens an, das Übertrittszeugnis will sie abschaffen. Die Sozialdemokraten wollen "zusätzlich zu den bisherigen Schularten die Gemeinschaftsschule" einführen, um "das gemeinsame Lernen aller Schülerinnen und Schüler" zu fördern. Die Mittelschule sei jedoch im Schulsystem von herausragender Bedeutung und brauche mehr Unterstützung.

"Schule muss sich total verändern. Zum Beispiel bei der Leistungsbe-wertung." (Simone Strohmayr)

FDP

Von den hier aufgeführten Parteien ist die FDP die Einzige,  die das Thema Bildung als ersten Punkt in ihrem Wahlprogramm setzt. Es ist überschrieben mit "weltbeste Bildung für jeden". Auch haben die Liberalen das ausführlichste und konkreteste Programm vorgelegt.  

In vielen Forderungen ist die Vergleichbarkeit und Verbes-serung von Bildungsqualität durch mehr Wettbewerb zu erkennen. Man wolle sich von "bürokratischen Vorgaben lösen", um zu schauen, was Kinder wirklich voranbringt. Es soll "Qualitätsrankings" für alle Schulen geben, damit die "vielfältigen Dimensionen des Bildungserfolgs“ darstellbar seien und Eltern die passende Schule für ihr Kind auswählen können. Hierfür  sollen die Kinder auch nicht länger auf Schulsprengel verteilt werden.

Für eine derartige Neuausrichtung fordert die FDP jedoch mehr Gestaltungsfreiheit der Schulen beim Personalmanagement und dem schulischen Finanzierungssystem. Zur Finanzierung sollen sogenannte Bildungsgutscheine eingeführt  werden. Sie würden bei der Höhe der Finanzierung zugunsten  der Schülerinnen und Schüler bestimmte Gewichtungsfaktoren berücksichtigen.  

Im Gegensatz zu den anderen Oppositionsparteien wollen die Freien Demokraten das Übertrittszeugnis nicht abschaffen, sondern die Zahl der Probearbeiten reduzieren. Ein parteiübergreifender Konsens scheint beispielsweise bei dieser Frage  aktuell nicht möglich.

"Mehr Freiheit, weniger Vorschriften und eine neue Vertrauenskultur!" (Matthias Fischbach)


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