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Demokratie in Unterricht und Schule leben

„Mündige Staatsbürger verteidigen die Demokratie, weil sie sich mit ihr als Lebensform identifizieren“: Im jetzt verabschiedeten Positionspapier „Demokratiepädagogik“ hat der BLLV aufgezeigt, was nötig ist, damit Schulen dazu entscheidend beitragen können.

Demokratie ist heute keine Selbstverständlichkeit mehr. Die Angriffe häufen sich aus allen Richtungen. Um dem entgegenzuwirken genügt es nicht, Demokratie als Lerngegenstand in ihrer Funktion und den zugehörigen Institutionen zu vermitteln. Sie muss „darüber hinaus zu einer Lebensform werden, die im Unterricht und in der Schule gelebt wird“, fordert das Positionspapier, das der BLLV auf seiner Landesdelegiertenversammlung verabschiedet hat.

Die praktische Umsetzung des Bildungsziels ist momentan noch zu sehr auf starke und erfolgreiche „Leuchtturm-Projekte“ fokussiert, bemängelt der BLLV. Diese hängen zum einen von der Initiative einzelner ab, zum anderen wirken sie an Schulen oft auch nur auf einen begrenzten Personenkreis, der ohnehin ein entsprechendes Interesse mitbringt. Demokratiepädagogik muss daher nach Überzeugung des BLLV in den Kern schulischen Lebens vordringen und Demokratie im Schulalltag gelebt werden.

Bildungsziel Demokratie und politische Bildung stärken

Damit dies gelingen kann, muss das Bildungsziel Demokratie grundsätzlich aufgewertet werden, beispielsweise über mehr Zeit für die Umsetzung demokratiepädagogischer Prozesse, die Aufnahme von thematischem Projektunterricht in Lehrplänen und Stundentafeln, Koordinatoren für Demokratiepädagogik an allen Schulen oder Arbeitskreisen an Schule gemeinsam mit Lehrkräften, Schülern und Eltern.

Auch die politische Bildung muss gestärkt werden über einen erhöhten Stundenumfang der entsprechenden Fächer ausgeweitet werden, Förderung von Projekttagen und Einbinden demokratiepädagogischer Elemente wie Lernen durch Engagement, Philosophieren mit Kindern oder Jugend debattiert in das Angebot von Ganztagsschulen.

Medienführerschein und Schülerparlament

Besondere Bedeutung hat die Stärkung der politischen Medienkompetenz, da neue Medien immer mehr die Meinungsbildung prägen. Sie sind potenziell Instrument der Partizipation und können demokratische Bewusstsein entwickeln, andererseits wird dort extremistisches Gedankengut verbreitet. Schülerinnen und Schüler brauchen daher „die Fähigkeit zur kritischen Bewertung von Inhalten im Netz“, sie müssen Phänomene wie Filterblasen, Echokammereffekt, Social Bots oder Schweigespiralen erkennen und verstehen können, sie müssen Inhalte auf Websites und in sozialen Medien kritisch einordnen können. Der BLLV fordert daher den verpflichtenden Erwerb eines entsprechenden Medienführerscheins für jeden Schüler: „Schülerinnen und Schüler sollen in der Lage sein, sich selbstbewusst und sicher in den Sozialen Medien bewegen zu können.“

Des Weitern muss an Schulen mehr Partizipation möglich werden, sollen Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und Eltern aktiv mitgestalten können. Dazu ist zunächst die Eigenverantwortung von Schulen zu stärken. Modelle wie Klassenrat und Schülerparlament sollen gefördert werden, die Kompetenzen des Schulforums ausgebaut werden und die Mitspracherechte der organisierten Schülerschaft und ihr Budget verbessert werden. Der BLLV plädiert für die Einführung eines Landeselternrates und die Institutionalisierung von Elterninteressen insgesamt sowie verbindliche Standards bei Klassensprecher- und Schülersprecherwahlen.


Demokratischer Unterricht und demokratische Führungskultur

Der Unterricht muss insbesondere im Hinblick auf die Feedbackkultur demokratischer werden, inklusive alternativer Formen der Leistungsmessung und Leistungsrückmeldung, Lernentwicklungsgespräche müssen auch in der Sekundarstufe etabliert werden. Die Eigenverantwortung der Schülerinnen und Schüler für ihren Lernprozess muss durch geeignete Lernformen wie handlungsorientiertem Unterricht, Lernen in Kleingruppen oder eigenständige Informationsrecherche gestärkt werden. Hierfür sind geeignete Räume, Einrichtungen, Material und Informationstechnologien bereitzustellen.

In allen drei Phasen der Lehrerbildung müssen demokratiepädagogische Inhalte gestärkt werden, mit dem Leitbild demokratischen Unterrichts. Auch Fortbildungen für Schulleiter und Seminarlehrkräfte müssen auf das Leitbild einer demokratischen Führungskultur ausgerichtet werden.

Politik muss Haltung zeigen

„Wir müssen Demokratie zum Kern des Schulalltags machen“ fordert Dr. Fritz Schäffer, Leiter der Abteilung Schul- und Bildungspolitik im BLLV. „Die beste Waffe gegen Populismus, gegen das Hereinfallen auf einfache Lösungen für komplizierte Probleme und gegen das Manipulieren Lassen durch Fake News, ist Bildung“, stellt er klar.

Präsidentin Simone Fleischmann sieht die Politik in der Pflicht: „Es braucht Schulen, die den Kolleginnen und Kollegen die Freiheit geben, aktuelle politische Themen reinzuholen. Ich erwarte von der großen Politik, dass sie sich da jetzt freimacht, und ein Bekenntnis abgibt, dass das ein ganz entscheidender Kern unserer Aufgaben in Schulen ist! Wir müssen Kinder motivieren und in Schule Demokratie leben!“

Dem schließt sich Dr. Schäffer auf der LDV an: „Die Dominanz des Abprüfens von Fachinhalten muss gebrochen werden, und die übergeordneten Bildungsziele, wie Demokratiepädagogik, müssen stärker Berücksichtigung finden, in dem, was das Kultusministerium vorgibt.“ Die Delegierten des BLLV bestätigen dies durch minutenlangen Applaus und verabschieden das Positionspapier einstimmig.

» Positionspapier „Demokratiepädagogik“ im Wortlaut (pdf)

Die Landesdelegiertenversammlung des BLLV ist das höchste Beschlussorgan. 600 Delegierte vertreten 64.000 Mitglieder. Sie wählen Präsidium und Landesvorstand und beschließen die Ziele, Inhalte und Strategien für die Bildungs- und Lehrerpolitik des Verbandes. 2019 lautet das Motto „Herz.Kopf. Hand. Bildung ist Zeit für Menschen“.


Weitere Informationen

Positionspapier „Demokratiepädagogik“ zum Download

Hintergrund-Informationen: Dossier Demokratiepädagogik

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