Die Frankfurter Buchmesse gehört zu den größten und bedeutendsten Buchmessen der Welt. BLLV-Präsidentin Fleischmann eröffnete das Programm im Forum Bildung mit ihrem Vortrag „Demokratie lehren, lernen und leben: Auftrag oder Auslaufmodell?“. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie es gelingen kann, den Rechtsruck aufzuhalten und die Demokratie im Alltag wieder zu stärken – und welche Verantwortung die Schulen dabei tragen.
Demokratie unter Druck
Populismus, Polarisierung und Desinformation prägen zunehmend den öffentlichen Diskurs und bedrohen unsere Demokratie. Wie stark sich das politische Klima verändert, zeigt sich auch regelmäßig an den Wahl- und Umfrageergebnissen, warnt die BLLV-Präsidentin. Immer mehr Menschen setzen ihr Kreuz bei der AfD. In der Sonntagsfrage vom 7. Oktober wurde sie stärkste Partei. Dazu stellt Fleischmann allerdings klar: „Eine demokratisch gewählte Partei ist nicht automatisch eine demokratische Partei.“
Was bedeutet diese Entwicklung für die Schulen? Wie können Lehrkräfte dazu beitragen, den Rechtsruck aufzuhalten und die Demokratie im Alltag wieder zu stärken? Und wie können sie junge Menschen dazu befähigen, Haltung zu zeigen – gerade dann, wenn demokratische Werte angegriffen werden? Die Antwort ist für Fleischmann klar: Demokratiebildung ist kein Auslaufmodell, sondern dringender Auftrag.
Wie Schulen dem Rechtsruck entgegentreten können
Viele Lehrkräfte erleben, wie gesellschaftliche Polarisierung in Klassenzimmern ankommt – in Diskussionen, auf dem Schulhof oder beim Elternabend. Sie müssen oft auch mit Meinungen umgehen, die demokratischen Grundwerten widersprechen, und gleichzeitig Haltung zeigen. In diesem Zusammenhang räumt Fleischmann mit einem verbreiteten Missverständnis auf, dass Lehrkräfte zur Neutralität verpflichtet seien: „Es ist Aufgabe der Lehrkräfte, demokratische und pluralistische Werte zu vermitteln. Das bedeutet: Lehrkräfte dürfen Position beziehen, wenn es um die Werte unseres Grundgesetzes geht. Sie müssen es sogar. Es gibt klare Regeln für die pädagogische Praxis, die unter einem öffentlichen Auftrag steht. Und eine ganz wesentliche Regel ist: Das Bekenntnis zur Demokratie und zu demokratischen Werten.“
Dazu verweist Fleischmann auch auf ihre Erfahrungen als Jury-Mitglied des Deutschen Schulpreises, der häufig Schulen auszeichnet, die echte Aushängeschilder für täglich gelebte Demokratie sind. Wenn Kinder und Jugendliche im Schulalltag Verantwortung übernehmen und die Schulgemeinschaft aktiv mitgestalten können – beispielsweise durch Klassenräte oder in Projektwochen – ist das ein wichtiger Grundstein für eine gelingende Demokratie und ein gutes Miteinander. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier brachte es bei der Verleihung des Deutschen Schulpreises 2023 auf den Punkt: „Jede Schule in Deutschland muss eine Schule der Demokratie sein.“
Warum Demokratie Teamarbeit ist – und Lehrkräfte Unterstützung brauchen
Fleischmann, die auch stellvertretende Bundesvorsitzende des Deutschen Beamtenbundes (dbb) ist, warnt in ihrem Vortrag allerdings davor, Schule als letzten Rettungsanker unserer Demokratie zu begreifen. 30% der Lehrkräfte im öffentlichen Dienst gaben zuletzt in Umfragen an, dass sie beschimpft, in ihrer Arbeit behindert oder angegriffen wurden. Simone Fleischmann sieht dies als Alarmsignal für die Demokratie und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Land. Sie macht sich dafür stark, dass Lehrkräfte nicht alleine gelassen werden: „Wenn der gesellschaftliche Ton rauer wird, wenn demokratische Institutionen geschwächt werden, dann braucht es neben pädagogischen Antworten auch politische Verantwortungsübernahme.“ Ihr Plädoyer: „Lehrkräfte allein werden die Demokratie nicht retten können – auch wenn wir alles dafür tun! Wir alle müssen dafür einstehen. Haltung zählt!"