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Foto: Jan Roeder
Folgerungen für angemessenen Schulbau Schulbau

Gestaltungsgrundsätze für Schulen

Wie können Schulräume anhand von Licht, Akustik, Materialien, Farben und Gerüchen gestaltet werden, um Wohlbefinden, Gesundheit und Lernen zu fördern? Martin Göb geht in diesem Beitrag vor allem auf die zentralen Bedürfnisse der Schüler:innen ein.

Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein.

Ungeachtet ihrer spezifischen Funktionen ist das wichtigste Merkmal für gelungene Architektur, dass sich die Menschen darin wohl fühlen. Das hat jenseits aller zuweilen belächelter Romantik einen sachlichen, empirisch nachweisbaren Hintergrund: Damit ein Gebäude „funktioniert“, muss es den verschiedenen Bedürfnissen und Tätigkeiten seiner Nutzer entsprechend Raum geben und dazu beitragen, deren körperliche und psychische Gesundheit zu erhalten. Dann wird es – bewusst und unbewusst – geschätzt, gerne aufgesucht und gepflegt.

Allgemein unterscheidet man folgende Bedürfnisspektren:

Generell gilt es, positive ästhetische Eindrücke aller Sinne zu ermöglichen, aus deren Zusammenklang sich der Gesamteindruck ergibt. In erster Linie sind folgende Dimensionen zu berücksichtigen:

Optik

a) Lichtführung (Sonnenlicht, künstliche Beleuchtung)
b) Farbkonzept
c) optische Veränderungsprozesse im Lauf der Gebäudenutzung/Alterung innen und außen

Olfaktorik

Die enorme (überwiegend unbewusste) Wirkung von Gerüchen auf Emotionen und damit das Wohlbefinden ist unbestritten, wird jedoch in der Praxis meist stark vernachlässigt. Baumaterialien, Belüftungssysteme sowie Oberflächen, deren Versiegelung (Farben, Lacke, Öle...) und Reinigungsverfahren definieren den Rahmen für den „Grundgeruch“ eines Gebäudes und verdienen daher auch in dieser Hinsicht eine kritische Prüfung.

Akustik

a) Schallschutz (Schutz vor Lärmimmissionen)
b) Nachhall (> 3.5)

Haptik

a) Materialien und Oberflächen von Bauteilen, die häufig berührt werden (Türgriffe, Geländer, Schalter, Wände, Bodenbeläge…): kühl – warm, hart – weich, rau – glatt, kantig – rund, naturnah – unempfindlich und leicht zu pflegen…
b) haptische Veränderungsprozesse im Lauf der Gebäudenutzung/Alterung
c) Klima (Temperatur, Luftfeuchtigkeit, CO2-Gehalt, Staub…)

Kinesthetik

a) Raumwahrnehmung im Gebäude: großzügig – beengt, unübersichtlich – strukturiert…
b) Bewegungserleben: eingeschränkt – freilassend, sicher – unsicher/gefährdet, statisch – dynamisch, kräftezehrend – mühelos (häufig zu gehende Wege im Gebäude, Treppen steigen, Türen öffnen...)

Die konsequente Verwirklichung eines förderlichen ästhetischen Gesamteindrucks lässt
sich mit folgendem Raster recht gut überprüfen:


Der Architekturpsychologe Jón Helgi Schweizer fasst die Funktionen von Schule so zusammen:

» Vermittlung von Wissen, das gemeinschaftlich für wichtig erachtet wird
» Vermittlung von Können und Kompetenzerwerb
» Förderung gemeinschaftlicher Entwicklung
» Vermittlung grundlegender Werte, die von der Gemeinschaft bejaht werden

(in: Schule bauen, S. 144ff)

Jede dieser vier Grundfunktionen wird für sich im Spannungsfeld des genannten Bedürfnisspektrums realisiert. Damit entsteht ein weiteres Kriterienraster, mit dem die Konzeption des Schulgebäudes, seiner Bestandteile und der Außenanlagen detailliert überprüft werden kann. Entsprechende Zonen sind zu realisieren – sowohl für formelle und informelle Lerntätigkeiten als auch für den betreuten Freizeitbereich.


Dies ist umso wichtiger, da erfolgreiches Lernen entscheidend von der erlebten Qualität des psychosozialen Umfeldes abhängt (> 2). Zudem entwickeln sich Schulen durch den zunehmenden Ganztagsbetrieb immer mehr vom Lern- und Arbeitsraum hin zu einem Lebensraum, in dem sich Pädagogen verschiedener Professionen und Schüler während des Großteils ihres Tages aufhalten (> 3.1).

Angesichts der an sich begrüßenswerten Trends zu Passivhausstandard und hohen Anteilen von Fassadenverglasungen muss eine verlässliche Belüftung und angenehme Temperierung aller Räume (ungeachtet der Lage im Stockwerk sowie der Ausrichtung nach Himmelsrichtungen) jederzeit, auch bei extremen Wetterlagen, gewährleistet sein. Lüftungs- und Verschattungskonzepte müssen besonders genau geprüft werden, damit sie die Bedürfnisse der Menschen im Alltag auch tatsächlich berücksichtigen. Dringend erforderlich ist es, auch eine dezentrale Feinsteuerung von Lüftung, Heizung, Beleuchtung und Verschattung sicherzustellen. Ebenso müssen alle Lernräume (teil-)verdunkelbar sein, um das Lernen mit modernen Medien zu ermöglichen.

Konkrete, wissenschaftlich fundierte Gestaltungshinweise speziell für den Schulbau erhalten Sie im folgenden Beitrag von Professor Christian Rittelmeyer.


>> Von: Martin Göb



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