Die Delegation zu Besuch im Landtag (Foto:privat)
Die Delegation zu Besuch im Landtag (Foto:privat)
Erasmus+ Austausch international: Ein Kommentar von Karin Leibl Startseite
Interkulturelle Kompetenz Künstliche Intelligenz Digitalpakt

Ein Blick über den Tellerrand – mit unseren internationalen Kolleg:innen von UNSA-Éducation

Im Rahmen des Erasmus+ Austauschprogramms waren 13 Gäste von UNSA Éducation aus Frankreich, Guadeloupe und Kanada mit dem BLLV unterwegs – in Schulen, beim Kultusministerium und im Landtag. Und es gab reichlich fachlichen Input und Austausch.

Unsa Éducation ist eine französische Dachgewerkschaft, die alle Verbände vereint, die die an Schulen beschäftigten Gruppen vertreten. So gibt es in Frankreich Verbände für Grundschullehrkräfte, für Schulleitungen, für Schulkrankenschwestern, für Verwaltungsangestellte, für Kinderpfleger:innen, für Mitarbeitende in der Schulverwaltung und Vieles mehr. Unsa Éducation als Dachverband hat sich für einen internationalen Austausch über Erasmus+ beworben und besuchte auf diesem Weg Bayern. Der BLLV organisierte die Woche.

Das Schulsystem in Frankreich

Schulpflicht herrscht in Frankreich seit 2019 ab dem Alter von drei bis sechzehn Jahren. Die Beschäftigten an der école marternelle („Kindergarten“) und der école primaire (Grundschule) haben dieselbe Ausbildung und erhalten dieselbe Bezahlung. Die Grundschule geht von der ersten bis zur fünften Klasse, dann kommt eine gemeinsame Sekundarstufe bis zur neunten Klasse. Nach einem Abschluss geht es dann weiter von der zehnten bis zur zwölften Klasse in der FOS, der Berufsschule oder dem Gymnasium.

KI in der Schule

Die Woche stand unter dem Motto der „Digitalität“ und entsprechend besuchten wir besondere Schulen: Das Oskar-Maria-Graf-Gymnasium in Neufahrn bei Freising sowie die Realschule Tegernseer Tal, beide Teilnehmende am Projekt Digitale Schule der Zukunft. Die Grundschule an der Gänselieselstraße in München, die zwei Wochen vor unserem Besuch von Ministerin Anna Stolz besucht wurde, ist Referenzschule für Medienbildung, Digitale Schule 2020, und Profilschule Informatik und Zukunftstechnologien.

„Die Franzosen“ erkunden das Bayerische System

Um sich mit dem Schulsystem, der Verwaltung und dem Dschungel zwischen Schulträger, Dienstherr und Sachaufwandsträger auseinandersetzen zu können, standen Besuche im Kultusministerium bei Amtschef Martin Wunsch an, im Landtag bei MdL Kristan von Waldenfels sowie ein Vortrag von Prof. Dr. Uta Hauck-Thum vom Lehrstuhl für Grundschulpädagogik und Grundschuldidaktik der LMU München zum Thema Lehren und Lernen in der Kultur der Digitalität. Ebenso bekamen die Gäste Input der BLLV-Expert:innen für Recht, Dienstrecht und Besoldung, Schulaufsicht, BNE, Schulpolitik, Schulverwaltung, dem Referat Digitales sowie auf besonderen Wunsch die Vorstellung der Ergebnisse der Umfrage zur Menopause des BLLV.

Touristisches war auch dabei

Begrüßt wurden die Teilnehmenden mit einer Stadtführung durch München. Nach dem Besuch der Realschule in Gmund bot sich eine Fahrt auf den Wallberg an. Da die Teilnehmenden aus dem ganzen französischen Gebiet (plus ein Kanadier) kamen, waren auch Kolleg:innen aus Guadeloupe dabei, die noch nie vorher Schnee erlebt und berührt hatten – ein besonderes Erlebnis, ihnen dabei zuzusehen, wie sie Schnee berührten! Nach dem Gespräch im Landtag gab es eine Führung durch den Landtag. An den freien Abenden erlebten die französischen Gäste auf eigene Faust die Dinge, die sie gerne kennenlernen wollten: Schwimmen im Olympiapark, ein Besuch der Allianz-Arena während eines Spiels des FC Bayern, typisch bayerisches Essen und Trinken natürlich ebenso.

Was uns an Unterschieden auffiel

Durch die Vielfalt an Verbänden unter dem Dach von UNSA Éducation kamen wir sehr schnell auf das Thema der Schulkrankenschwestern, die dort im Verband organisiert sind. Das wollen wir natürlich auch! Die Franzosen dagegen waren sehr verwundert, dass in Bayern mit 10 Jahren schon entschieden wird, welche Schulform das Kind besucht, und sie waren auch über unsere Viergliedrigkeit erstaunt. MdL von Waldenfels diskutierte das mit der Gruppe. Er stellte dar, dass durch eine längere gemeinsame Schulzeit die sozialen Hintergründe der Kinder weniger eine Rolle spielen würden. Er formulierte aber auch die Meinung, dass leistungsstärkere Kinder in einer heterogenen Lernumgebung nicht ihren Fähigkeiten entsprechend gefördert werden könnten. 

Im KM bekamen wir den Orientierungsrahmen künstliche Intelligenz vorgestellt. Amtschef Wunsch spricht hervorragend Französisch und entlastete die Gäste damit etwas von einer Woche mit Verkehrssprache Englisch. Es wurde dargestellt, dass das Ministerium den Schulleitungen möglichst viel Freiheit geben wolle und man vor Ort am besten mit allen an Schule Beteiligten entscheidet, wie mit Digitalität und KI umgegangen wird. Im Landtag erfuhren wir, dass man sich schützend vor die Schulen stellen wolle, indem man manche Regelungen, wie die Handynutzung auf dem Schulgelände, verschärft. Uta Hauck-Thum stellte in Übereinstimmung mit KM und Landtag dar, dass es nicht reicht, einzelne Programme einzuführen. Der Lernrahmen, das Lernverhalten, die Lernumgebung müssen sich ändern. Und Medienpädagogik spielt eine größere Rolle denn je und erfordert, dass Lehrkräfte sicher mit den neuen Technologien umgehen können.

Die Schul- und vor allem Unterrichtsbesuche begeisterten

Die Kinder an der Grundschule demonstrierten in vielen verschiedenen Gruppen, wie sie an Robotik herangeführt werden, wie sie im Laufe der Grundschulzeit immer sicherer werden und wie man auch im Förderunterricht mit Robotik arbeiten kann und die Kinder gar nicht merken, dass sie gefördert werden.

An der Realschule Tegernseer Tal war beeindruckend, wie in jeder Ecke der Schule Kinder in Kleingruppen lernten und arbeiteten. Wir besuchten eine Englischstunde, in der die Schülerinnen und Schüler zunächst anhand eines Films auf dem Tablet Informationen über die Freiheitsstatue sammelten und durch einen Multiple-Choice-Test ihren Wissenszuwachs überprüften. Anschließend gab es freies Schreiben: „Stell dir vor, du bist die Freiheitsstatue und hast plötzlich Füße. Was erlebst du?“ Die Kinder schrieben und lasen sich dann in den Gruppen gegenseitig ihre Geschichten vor. Und eine Geschichte wurde sogar vor der ganzen Klasse samt der hospitierenden Gruppe vorgelesen. Die Lehrkraft erklärte uns, dass die Kinder die Wahl haben, ob sie am Tablet oder auf Papier schreiben.

Dank an die Schulen und alle, mit denen wir sprechen durften

Am Oskar-Maria-Graf-Gymnasium in Neufahrn hospitierten wir in drei Gruppen auch im Englischunterricht. Besonders bemerkenswert war hier, dass die Lernenden immer darauf hingewiesen wurden der KI niemals persönliche Daten zu präsentieren.

Die Verknüpfung verschiedener KI-Programme mit mebis war besonders spannend für die Besucher, ebenso die exzellenten Ausführungen der jeweiligen Vortragenden an den Schulen. Hier wurde ganz großes Kino aufgefahren für unsere französischen Gäste. Den Schulen und allen, bei denen wir zu Gast sein durften, ein ganz herzlicher Dank für ihre Gastfreundschaft!

Adrien Guinemer von UNSA Éducation berichtet auf Instagram