Das Thema ist in aller Munde. Medien wie der Spiegel oder der Tagesspiegel berichten darüber: An britischen Schulen wird es in Zukunft Unterricht zur Bekämpfung von Frauenfeindlichkeit geben. Jugendliche an weiterführenden Schulen sollen dabei etwa über die frauenfeindliche “Incel-Bewegung” aufgeklärt werden und die Verbindung zwischen Misogynie, also Frauenfeindlichkeit oder Frauenhass, und bestimmten Formen des Medienkonsums, wie das britische Bildungsministerium erklärte.
Aber nicht erst seit der Ankündigung aus Großbritannien wird eine neue Form der Frauenfeindlichkeit immer mehr zum Thema - und das erschreckenderweise gerade unter jungen Männern, die lange Zeit für zunehmend aufgeklärt und stärker für Gleichberechtigung sensibilisiert gehalten wurden. Auf Tiktok, Youtube und Co. propagieren prominente frauenfeindliche Influencer männliche Überlegenheit und erreichen damit Millionen Nutzer. Was steckt hinter der sogenannten “Manosphere” - einer medialen Blase, in der Männer Frauen und den Feminismus für ihre Einsamkeit verantwortlich machen, oder “Pick-Up-Artists” erklären, wie sie Frauen manipulieren? Wenn man den Medien glauben darf, sind all diese Strömungen miteinander vernetzt. Sie alle vereint ein starres Hierarchiedenken, bei dem Frauen nicht als gleichberechtigt oder gleichwertig angesehen werden.
Schule als Teil der Gesellschaft
Der BR hat zu dem Thema recherchiert und dazu auch BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann befragt, die betont, wie wichtig es ist, solche Bewegungen und Strömungen auch in der Schule zu thematisieren: “Alles was draußen in der Welt passiert und natürlich alles was die Kinder und Jugendlichen belastet, kommt mit den Schülerinnen und Schülern auch zu uns in die Schule. Die Schule ist ein Spiegel der Gesellschaft und die Lehrkräfte haben die Ausbildung und die Fähigkeiten, auch schwierige Themen anzusprechen, zu moderieren und die Kinder zu unterstützen. Natürlich ist es dabei auch für die Schulen wichtig, solche Trends zu erkennen und zu verstehen. Wir sehen diese Entwicklung an den Schulen und natürlich müssen wir darüber sprechen, wie wir reagieren können.”
Vom BR darauf angesprochen, ob auch in Bayern ein solches Schulfach denkbar wäre, antwortete die BLLV-Präsidentin: “Grundsätzlich wollen und müssen wir solche gesellschaftlichen und vor allem radikalen Entwicklungen auffangen.” Sie betonte aber auch, dass es dabei immer um ein Zusammenspiel von Schule, Eltern, Medien und Gesellschaft geht und dass vor allem die Diskussion um neue Schulfächer nicht zielführend ist. “Wir können nicht immer alles durch ein neues Schulfach retten”, betonte Simone Fleischmann, denn die Frage nach neuen Schulfächern, komme inzwischen bei vielen gesellschaftlichen Entwicklungen in die Diskussion: “Warum können die Jugendlichen keine Formulare ausfüllen? Warum mangelt es an Medienkompetenz? Warum können viele Kinder nicht Fahrrad fahren? Warum ernähren sie sich nicht gesund? Warum mangelt es an Demokratieverständnis und warum tendieren viele Jugendliche zu radikalen Parteien? Wir können nicht immer alles durch ein weiteres Schulfach abdecken - und das ist auch nicht der richtige Weg.”
Vermittlung grundlegender Kompetenzen
Worum es aber gehe sei, die Themen aufzugreifen und mit den Kindern und Jugendlichen zu sprechen. “Es geht auch darum, Jungs stark zu machen. Wir müssen ihnen positive Vorbilder geben. Ihnen vor Augen führen, dass das die falsche Entwicklung ist und dass man sich als junger Mann stark aufstellen muss gegen solche frauenfeindlichen Aussagen.” Wichtig ist ihr dabei vor allem, dass das Thema zwei Kernbereiche der Bildung betrifft, die dem BLLV enorm wichtig sind und die ein integraler Bestandteil moderner Bildung als Ganzes sind: Medienkompetenz und Demokratiebildung. “Und genau das brauchen wir umfassend, damit wir Schülerinnen und Schülern das Handwerkszeug geben, mit Medien, Fake-News und radikalen Tendenzen kompetent umzugehen.” Das Thema dürfe aber nicht an die Schulen abgeschoben werden, sondern es brauche eine gesamtgesellschaftliche Antwort, die auch Eltern, Politik und Medien einbezieht.
“Demokratiebildung schon in der Grundschule und Medienkompetenz als integraler Bestandteil einer ganzheitlichen Bildung - und zwar fächerübergreifend - ist eine der wichtigsten Aufgaben zukunftsfähiger Bildung. Unseren Anspruch daran haben wir in unserem Manifest 'Haltung zählt' festgeschrieben: gegen Hass, Hetze, Geringschätzung und Diskriminierung. Gerade weil dieses zentrale Thema das wichtigste überhaupt ist, ist es Aufgabe der Schule als Ganzes und nicht eines einzelnen Faches", erklärt Simone Fleischmann.