Hakenkreuze in der Schultoilette, rechtsextreme Hetze im Klassenchat, nationalsozialistische Kampflieder im Musikunterricht – die Süddeutsche Zeitung berichtet, dass Beratungsstellen, Schulen und das Kultusministerium einen Anstieg rechtsextremer Vorfälle an Schulen beklagen. Und damit nehmen auch die Herausforderungen für Lehrkräfte weiter zu. Auch wenn bislang einheitliche Statistiken, Zahlen und Erfassungskriterien noch fehlen: Auch BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann ist das Thema bekannt: „Hakenkreuze oder andere rechtsextreme Symbole gab es an Schulen in einzelnen Fällen schon immer. Aber jetzt tauchen sie vermehrt auf.“ Neben der steigenden Anzahl falle auf, dass die Kinder, die solche Taten begehen, immer jünger werden, bestätigt eine der 26 Regionalbeauftragten für Demokratie und Toleranz in Bayern: „Viert- oder Fünftklässler zeigen schon den Hitlergruß.“
Doch nicht nur Taten von Schülerinnen und Schülern seien ein Problem. Auch Akteure der Neuen Rechten seien in den vergangenen Monaten an mehreren Schulen in Erscheinung getreten. Die „Identitäre Bewegung“, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird, hat an verschiedenen Schulen Flugblätter verteilt, um für ihre Ideen und für neue Mitglieder zu werben.
Verhalten im Klassenzimmer als Spiegel der Gesellschaft
Die Ursachen dieser Entwicklung? Die Gesprächspartner:innen der SZ beklagen, dass sich rechtsextreme Einstellungen und eine Enthemmung, menschenverachtende Haltungen offen zu zeigen, in der gesamten Gesellschaft zunehmend verbreiten. Und auch Simone Fleischmann bestätigt, dass der Ton überall zunehmend rauer wird – nicht nur in der Schule, sondern auch in der Politik und im täglichen Zusammenleben: „Wir erleben gerade eine gesellschaftliche Polarisierung, Umgangsformen verrohen. Das erleben Eltern und das erleben Kinder. Und so schwappt es ins Klassenzimmer über. Die Scham, eine Grenze zu überschreiten, hat abgenommen.“
Auch die Beratungsstellen erleben die „zunehmende Normalisierung von Rechtsextremismus“ täglich. Immer mehr bayerische Schulen wenden sich deshalb an Regionalbeauftragten für Demokratie und Toleranz, an die sich immer mehr bayerische Schulen wenden, die von rechtsextremistisch motivierten Vorfällen betroffen sind.
Haltung zeigen im Schulalltag enorm wichtig
Was können betroffene Schulen und Lehrkräfte tun? „Egal ob es ein Hitlergruß, ein Hakenkreuz oder eine rechtsextreme Äußerung ist: Wichtig ist, dass wir das sofort im Unterricht aufgreifen“, betont Simone Fleischmann im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung. „Wenn im Pausenhof Streit war und du als Lehrerin oder Lehrer hörst, wie jemand antisemitisch beschimpft wird, dann holst du das ins Klassenzimmer und lässt die Schülerinnen und Schüler klären: Was ist hier passiert? Was ist Antisemitismus? Warum will ich so eine Äußerung nicht? Was steckt da historisch dahinter? Wie gehen wir jetzt damit um? Was bedeutet es, wenn man sowas in Bayern, in Deutschland nicht sagen darf? Damit haben wir eine aktuelle, leider schreckliche Situation, an der ganz klar wird, wie und warum unsere Verfassung so ist, wie sie ist.“
Der BLLV sieht die zunehmende Aggressivität in der Gesellschaft schon länger mit großer Sorge. Der Verband steht für ein respektvolles Miteinander. Aus dieser Überzeugung heraus ist das Manifest ‘Haltung zählt’ entstanden. Fleischmann erklärt: „Mit unserem Manifest ‘Haltung zählt’ haben wir uns klar zu einer weltoffenen Gesellschaft und einer demokratischen Grundordnung bekannt - gegen Hass, Hetze und Ausgrenzung. Dem sind wir verpflichtet und dem stellen wir uns mit Mut und Haltung. Es ist schwerer geworden diese Werte zu vertreten, aber es war auch noch nie so wichtig wie jetzt, dafür klar und sichtbar einzustehen. Wir dürfen nicht stumm werden! Wir können uns das als Menschen und als Gesellschaft nicht leisten.“