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Modellversuch „FlowBy“ Startseite Topmeldung
Eigenverantwortung Schülerzentriert Beziehung Bildungsqualität

Schreibschrift-Debatte: Auf die Kinder eingehen statt starre Vorschriften

Das Kultusministerium lässt Kinder an 43 Grundschulen ihre Handschrift direkt aus der Druckschrift entwickeln. Für BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann ist Handschrift enorm wichtig. Lehrkräfte sollten aber selbst entscheiden dürfen, welcher Weg für ihre Kinder am besten ist.

Gerade in Zeiten von KI an Schulen, der Debatte um Smartphone und Social-Media-Nutzung und ausufernden Bildschirmzeiten bei Kindern und Jugendlichen spielt das Schreiben mit der Hand eine eminent wichtige Rolle: Es bedeutet Bildung mit Herz, Kopf – und eben Hand!

Zudem ist längst empirisch belegt: Wenn Gelerntes motorisch umgesetzt und beispielsweise niedergeschrieben wird, steigt die Merk- und Verständnisleistung: „Buchstaben lesen, schreiben und zu Wörtern verbinden zu können, ist unbedingt notwendig, denn wir wissen: Wenn du dich mit der Schriftsprache äußerst, verankerst du das, was du mitteilen willst, viel besser im Gehirn“, betont BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann daher.

Modellversuch mit Schreibwerkstätten

Nicht ganz so einig ist sich die Wissenschaft bei der Frage, welcher Weg zur persönlichen Handschrift denn der Beste ist: von der Druckschrift über die Schulausgangsschrift oder über die Vereinfachte Ausgangsschrift oder gleich direkt zur individuell verbundenen persönlichen Schreibschrift? Das Ziel ist jedenfalls eine möglichst flüssige, gut lesbare Schreibschrift auszubilden, um die Vorteile des Schreibens mit der Hand im besten Fall lebenslang nutzen zu können.

Während in Bayern die Schreibschrift lange unverrückbar schien, hat das Kultusministerium einen Vorstoß gewagt: Im Modellversuch „FlowBy“ ermöglichen 43 Grundschulen den Kindern den direkten Übergang von der Druckschrift zur persönlichen Handschrift, indem sie in „Schreibwerkstätten“ ihre eigenen Verbindungstechniken erproben dürfen.

Jedes Kind schreibt anders

Zuvor hatte sich die Kultusministerkonferenz bereits 2024 darauf verständigt, dass das Verbinden der Buchstaben nicht auf dem Blatt ersichtlich sein muss, sondern sozusagen auch in der Luft erfolgen kann. Hintergrund sind empirische Analysen des Schreibverhaltens von Grundschulkindern, bei denen sich zeigte, dass diese ohnehin Verbindungsbewegungen in der Luft machen, die nicht auf dem Papier zu sehen sind – und das eben auch bei der eigentlich ja schon verbundenen Schreibschrift. Oft sind dort die zusätzlichen Verbindungsbewegungen in der Luft sogar intensiver, weil die Kinder bei der Schreibschrift sehr viel überlegen müssen und unsicher sind. So erscheint das Schriftbild zwar flüssig, die Erstellung verläuft aber teils holpriger und mit mehr unnötigen zusätzlichen Bewegungen als bei einer individuell aus der Druckschrift entwickelten Handschrift.

Dennoch kann der Weg über eine Schreibschrift auch hilfreich und sinnvoll sein. Deswegen plädiert Simone Fleischmann im Gespräch mit Medienvertretern für einen individuellen Ansatz: „Eine absolute Norm macht keinen Sinn“, so die BLLV-Präsidentin. Lehrkräfte sollten weiter ihre pädagogische Expertise einbringen können und je nach Kindern entscheiden dürfen, welcher Weg jeweils der Beste ist. Aus Sicht des BLLV hat sich der schülerzentrierte, individuelle pädagogische Ansatz schon in vielen Bildungsfragen bewährt und verspricht eher Lernerfolge als gleichmacherischer Normenkontrollwahn.