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„jetzt red i“ mit Ministerpräsident Söder am 24. September Startseite Topmeldung

BLLV fordert Wertschätzung, Transparenz und Professionalisierung

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder stellte sich bei „jetzt red i“ den Fragen der Bürgerinnen und Bürger. Richard Scheglmann, Leiter der Fachgruppe Schulleitung beim BLLV Oberbayern und selbst Schulleiter, hat einige Forderungen zum Lehrkräftemangel.

Bürgerinnen und Bürger konnten bei der BR-Sendung „jetzt red i“ ihre Fragen direkt an den Bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Dr. Markus Söder richten, der diese live beantwortete. Die Bandbreite der Themen reichte von Bayerns Olympiabewerbung über die Verkehrssicherheit auf dem Schulweg hin zu Migration und dem Krieg in der Ukraine. 

Richard Scheglmann, Leiter der Fachgruppe Schulleitung im Bezirksverband Oberbayern des BLLV und Schulleiter der Mittelschule Unterschleißheim, war in der Sendung zu Gast. Er berichtete über den massiven Lehrkräftemangel an den Mittelschulen: „Es gibt keine andere Schulart, wo so viele Lehrer fehlen wie in der Mittelschule. […] Es ist ein riesiges Loch und man flickt irgendwo rum.“

Um diesen Mangel in den Griff zu bekommen und die Lehrkräftegewinnung voranzubringen, sieht Scheglmann die Politik maßgeblich in der Verantwortung. Daher formulierte er drei konkrete Forderungen an die Staatsregierung: Mehr Wertschätzung, Transparenz und Professionalisierung.

Scheglmann fordert Wertschätzung – auch für Lehrkräfte in Teilzeit

Beim Thema Wertschätzung bezieht sich Scheglmann auf die aktuelle Debatte zur Anpassung der Teilzeitregelung von Lehrkräften. Vor wenigen Tagen hatte der Ministerpräsident verkündet, dass die Teilzeitmöglichkeiten sukzessive eingeschränkt werden sollen. Scheglmann wirft der Staatsregierung vor, es sei sehr kurz gedacht, den Lehrkräften, die aktuell in Teilzeit arbeiten, zu verordnen, dass sie in Vollzeit arbeiten sollen: „Die Lehrer, die bei uns arbeiten – tagtäglich – die müssen wertgeschätzt werden.“

Transparenz bei der Personalverteilung

Anhand eines konkreten Falls stellt der Schulleiter dar, wie problematisch intransparente Verfahren im Schulbetrieb sind und fordert mehr Transparenz bei der Personalverteilung. In seinem geschilderten Fall geht es um eine kurzfristige Zuweisung in den Sommerferien. Eine Referendarin, die gut eingearbeitet war und einen tollen Draht zu den Kindern ihrer Klasse hatte, musste kurzfristig an eine andere Schule. Solch eine Situation stellt alle Schulleiter, die eine vernünftige Planung des Kollegiums anstreben, regelmäßig vor Herausforderungen.

Professionalisierung

Auch das Thema Quereinsteiger findet seinen Platz in der Sendung. Scheglmann stellt dar, wie Menschen als Quereinsteiger an die Mittelschule kommen: „Wenn Sie ein Studium haben, dann können Sie zu mir kommen, zum Schulamt kommen – die Regierung muss schon noch mitsprechen – und dann sind Sie bei der Mittelschule Unterschleißheim mit 27 Stunden vielleicht in zwei Wochen tätig. Also da sprechen wir nicht von einem Referendariat.“ Danach ist dann das Kollegium gefragt, den neuen Kollegen zu unterstützen, sodass für die Kinder ein guter Unterricht gewährleistet werden kann. Bildungsqualität ist hier also das Stichwort. Auch BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann warnte in der Vergangenheit vor einer „Entprofessionalisierung“ des Berufs, betonte aber auch „Quereinstieg ist nicht gleich Quereinstieg“. Wenn Lösungen für den Quereinstieg mit hochwertigen Maßnahmen zur Qualifizierung verknüpft sein, wie beispielsweise im Rahmen der „Sondermaßnahme 6“, seien diese zu begrüßen.

Söder verteidigt den Weg der Staatsregierung

Markus Söder stellt direkt zu Beginn seiner Antwort klar: „Also erstens einmal volle Wertschätzung für Ihre Arbeit!“. Er weist darauf hin, dass deswegen das Gehalt für die Grund- und Mittelschulen auf A13 erhöht wurden. Außerdem betont er, dass es mehr Stellen gibt als je zuvor und, dass weitere Stellen 2027 geplant seien – wie bereits angekündigt.

Zur Frage der Teilzeitregelung weist er darauf hin, dass unter den Lehrkräften bis zu 60 % in Teilzeit tätig sind und verteidigt das Vorgehen, die Teilzeitregelung maßvoll anzupassen, wie vor wenigen Tagen auf Kloster Banz bereits angekündigt. Weiterhin stellt er klar, dass bei Krankheit und bei der Altersteilzeit keine Einschränkungen geplant sind. In Zeiten knapper Kassen findet der Ministerpräsident es wichtig, „eine gute Balance zu halten. Und deswegen: mehr Stellen, ja, auch mehr Bezahlung. Aber an ein, zwei Stellen kann man auch bei der Teilzeit ein bisschen Motivation leisten, damit man etwas mehr arbeitet. Ich finde es schon angemessen.“

Ein klares „Nein“ zu den Plänen des Ministerpräsidenten

Der BLLV sieht das allerdings deutlich anders, wie Simone Fleischmann erst vor Kurzem deutlich machte: „Dass jetzt wieder die Zwangsmaßnahmen ausgepackt werden sollen, ist nicht nur eine Enttäuschung für die Lehrkräfte. Es wird vor allem nichts bringen. Vor allem wird der Lehrberuf dadurch nur unattraktiver statt attraktiver – Letzteres wäre dringend nötig, um wirklich etwas gegen den Lehrkräftemangel zu tun. Die Lehrerinnen und Lehrer an Grund-, Mittel- und Förderschulen haben in den letzten Jahren bewiesen, dass sie sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung mitten im Lehrkräftemangel bewusst sind. Mit Engagement, Mehrarbeit und Überstunden haben sie ihren Anteil geleistet. Sie alle muss dieser Schritt jetzt enttäuschen. Was wir jetzt brauchen, ist ein klares Bekenntnis zum Beamtentum und ein klares Bekenntnis zu den Lehrkräften.“

BLLV Dienstrechtsexperte Hans Rottbauer stellte im gleichen Zuge klar: „Zunächst stellt sich die Frage, wen man mit dieser Aktion trifft. Die Antwort ist klar: Es sind die Mütter. Sie müssen in der heutigen Realität immer noch die meiste Care-Arbeit leisten, oft genug neben der eigenen Berufstätigkeit – ganz entsprechend dem überholten Rollenbild, das genau von dort befürwortet wird, von wo jetzt die neuen Ideen für Zwangsmaßnahmen kommen. […] Es ist von enormer Wichtigkeit, bei allen Eingriffen in die Teilzeitmöglichkeiten der Beschäftigten auf die bereits gemachten Erfahrungen zu blicken“, mahnte Rottbauer. Er erklärte: „Die unseligen, vom damaligen Kultusminister Michael Piazolo eingeführten, Notmaßnahmen an Grund-, Mittel- und Förderschulen haben überdeutlich gezeigt, was passiert, wenn man an der Teilzeitschraube dreht – egal ob bei der familienpolitischen oder der Antragsteilzeit. Die Zahlen der begrenzten Dienstfähigkeiten und Dienstunfähigkeiten haben sich verdoppelt und verdreifacht. Warum? Weil sich schlicht und ergreifend die von den Einschränkungen Betroffenen nicht anders zu helfen wissen.“