Teilzeit einschränken kostet Lehrkräftestunden und Lehrkräftegesundheit
UPDATE: BLLV-Präsidentin Fleischmann spricht sich in der Bayerischen Staatszeitung klar gegen Einschränkungen der Teilzeit aus | Die Ankündigungen des Ministerpräsidenten zur Teilzeitregelung bei Lehrkräften sind kontraproduktiv und familienunfreundlich.
UPDATE VOM 2.10.2025
Die “Frage der Woche” in der Bayerischen Staatszeitung lautet: “Ist die Einschränkung der Teilzeit von Beamten sinnvoll?”
BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann sagt “NEIN” und begründet das so:
"Wir kennen diese Einschränkungen der Teilzeitmöglichkeiten – da gibt es nichts zu deuteln: Es bringt am Ende keine einzige zusätzliche Arbeitsstunde, es geht zulasten der Lehrerinnen und Lehrer und ihrer Gesundheit, es geht zulasten der Mütter, es geht zulasten der Pflege. Wir kennen die Folgen aus dem ‘Piazolo-Paket’: eine Vervielfachung der Dienstunfähigkeiten und der begrenzten Dienstunfähigkeiten. Denn es betrifft die, die keine andere Wahl haben als die Teilzeit, insbesondere, wenn man familienpolitische Teilzeit einschränkt. Es betrifft die, die Care-Arbeit leisten.
Statt den Beruf attraktiver zu machen, Betreuungsmöglichkeiten für Kinder zu schaffen und Wertschätzung für all die zu zeigen, die eh schon freiwillig Stunden aufgestockt haben, schlägt man diese jetzt vor den Kopf, wählt populistische Scheinlösungen und wird mehr verlieren als gewinnen. Familienfreundlich? Das geht ganz anders!"
>> gesamte Diskussion bei BSZ online
ORIGINALMELDUNG 25.9.2025
Nachdem Ministerpräsident Dr. Markus Söder schon öfter mit Einschränkungen bei der familienpolitischen Teilzeit von Lehrkräften gedroht hat, gibt es jetzt eine Entscheidung: Die Grenze für das Kindesalter, bis zu dem familienpolitische Teilzeit genommen werden kann, soll auf 14 Jahre reduziert werden. Außerdem sollen die Teilzeitmöglichkeiten grundsätzlich sukzessive weiter eingeschränkt werden. Damit soll die, nach Einschätzung des Ministerpräsidenten, zu hohe Zahl der in Teilzeit Arbeitenden reduziert werden. Und es sollen angesichts eines allgemeinen Fachkräftemangels und eines Lehrkräftemangels an allen Schularten, weitere Stunden und Personal gewonnen werden. So verkündete es der Ministerpräsident heute.
Dazu BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann: „Wir beobachten die Aussagen und die Ergebnisse der Klausurtagung sehr genau. Es war fast Schlimmeres zu erwarten, aber dass jetzt wieder die Zwangsmaßnahmen ausgepackt werden sollen, ist nicht nur eine Enttäuschung für die Lehrkräfte. Es wird vor allem nichts bringen. Vor allem wird der Lehrberuf dadurch nur unattraktiver statt attraktiver – Letzteres wäre dringend nötig, um wirklich etwas gegen den Lehrkräftemangel zu tun. Die Lehrerinnen und Lehrer an Grund-, Mittel- und Förderschulen haben in den letzten Jahren bewiesen, dass sie sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung mitten im Lehrkräftemangel bewusst sind. Mit Engagement, Mehrarbeit und Überstunden haben sie ihren Anteil geleistet. Sie alle muss dieser Schritt jetzt enttäuschen. Was wir jetzt brauchen, ist ein klares Bekenntnis zum Beamtentum und ein klares Bekenntnis zu den Lehrkräften.“
Es trifft die, die gar keine Wahl haben
Vor allem gibt es klare Argumente, die gegen Einschränkungen sprechen, und die mit Zahlen und Fakten belegt sind, wie BLLV-Dienstrechtsexperte Hans Rottbauer betont: „Zunächst stellt sich die Frage, wen man mit dieser Aktion trifft. Die Antwort ist klar: Es sind die Mütter. Sie müssen in der heutigen Realität immer noch die meiste Care-Arbeit leisten, oft genug neben der eigenen Berufstätigkeit – ganz entsprechend dem überholten Rollenbild, das genau von dort befürwortet wird, von wo jetzt die neuen Ideen für Zwangsmaßnahmen kommen.
Dies funktioniert bei vielen Frauen aber nur deshalb, weil sie im Beruf in Teilzeit arbeiten. Anders ist die Belastung oft nicht zu stemmen. Dabei ist auch immer zu beachten, dass hier nicht nur die Arbeitszeit, sondern auch in erheblichem Maße die Bezahlung reduziert wird und Frauen somit auf viel Geld verzichten“, betont Rottbauer.
Statt die Möglichkeiten der familienpolitischen Teilzeit zu kürzen, müssten in Bayern zuerst die Betreuungsmöglichkeiten für Kinder dem Bedarf entsprechend ausgebaut werden, wie Rottbauer betont. Dies würde deutlich mehr Stunden und Personal für die Schulen und den Dienstherrn bringen als weitere Einschränkungen bei den Lehrkräften. Schließlich seien die meisten in Teilzeit, um die ihnen auferlegten Belastungen stemmen zu können.
Es gibt viel weniger zu gewinnen als behauptet
Außerdem ist zu klären, wie viel zusätzliche Arbeitszeit durch eine solche Einschränkung der familienpolitischen Teilzeit tatsächlich gewonnen werden kann. Denn bei genauerer Betrachtung fällt sofort auf, dass Frauen ihr Teilzeitmaß mit zunehmendem Alter der Kinder ohnehin immer weiter reduzieren: Ab einem gewissen Alter der Kinder arbeiten die Mütter meistens bereits jetzt deutlich mehr.
Hans Rottbauer plädiert dafür, sich auch der Risiken solcher Maßnahmen bewusst zu sein: „Es gibt aus unserer Sicht wenig zu gewinnen, aber einiges zu verlieren: nämlich das Vertrauen der Beschäftigten in den Dienstherrn, wenn dieser eine – zugegebenermaßen bei einigen Teilen der Bevölkerung gut ankommende – Maßnahme gegen einen großen Teil seiner Beschäftigten durchdrückt, die aber in der Realität nur sehr wenig bringt.“
Teilzeitbeschränkungen werden sich negativ auswirken
„Es ist von enormer Wichtigkeit, bei allen Eingriffen in die Teilzeitmöglichkeiten der Beschäftigten auf die bereits gemachten Erfahrungen zu blicken“, mahnt Rottbauer. Er erklärt: „Die unseligen, vom damaligen Kultusminister Michael Piazolo eingeführten, Notmaßnahmen an Grund-, Mittel- und Förderschulen haben überdeutlich gezeigt, was passiert, wenn man an der Teilzeitschraube dreht – egal ob bei der familienpolitischen oder der Antragsteilzeit.
Die Zahlen der begrenzten Dienstfähigkeiten und Dienstunfähigkeiten haben sich verdoppelt und verdreifacht. Warum? Weil sich schlicht und ergreifend die von den Einschränkungen Betroffenen nicht anders zu helfen wissen. Das von ihnen verlangte Stundenmaß ist für sie nicht zu schaffen, Möglichkeiten der Entlastung sind nicht mehr gegeben. Also bleibt nur noch der Schritt in die begrenzte Dienstfähigkeit oder Dienstunfähigkeit. Diejenigen, die die vorliegenden Zahlen gelesen haben und kennen, haben das längst erkannt und sind von weiteren Einschränkungen, vor allem bei der familienpolitischen Teilzeit, alles andere als begeistert.
Man erreicht damit wenig bis nichts, weil die negativen Auswirkungen die positiven Effekte zunichtemachen. Somit bleibt als Resümee, dass der Plan des Ministerpräsidenten, die familienpolitische Teilzeit einzuschränken, mehr Schaden als Nutzen bringen wird. Schaden vor allem für die Betroffenen, für die Dienstherrn und zuletzt auch für eine Regierungskoalition, die sich der besonderen Familienfreundlichkeit rühmt.“
Medienberichte
Präsidentin Simone Fleischmann im Wortlaut bei news4teachers:
„Es war fast Schlimmeres zu erwarten, aber dass jetzt wieder die Zwangsmaßnahmen ausgepackt werden sollen, ist nicht nur eine Enttäuschung für die Lehrkräfte. Es wird vor allem nichts bringen.“
„Die Lehrerinnen und Lehrer an Grund-, Mittel- und Förderschulen haben in den letzten Jahren bewiesen, dass sie sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung mitten im Lehrkräftemangel bewusst sind. Mit Engagement, Mehrarbeit und Überstunden haben sie ihren Anteil geleistet. Sie alle muss dieser Schritt jetzt enttäuschen.“
„Was wir jetzt brauchen, ist ein klares Bekenntnis zum Beamtentum und ein klares Bekenntnis zu den Lehrkräften.“
Dienstrechtsexperte Hans Rottbauer im Wortlaut bei news4teachers:
„Es sind die Mütter. Sie müssen in der heutigen Realität immer noch die meiste Care-Arbeit leisten, oft genug neben der eigenen Berufstätigkeit – ganz entsprechend dem überholten Rollenbild, das genau von dort befürwortet wird, von wo jetzt die neuen Ideen für Zwangsmaßnahmen kommen.“
„Es gibt wenig zu gewinnen, aber einiges zu verlieren: nämlich das Vertrauen der Beschäftigten in den Dienstherrn, wenn dieser eine Maßnahme gegen einen großen Teil seiner Beschäftigten durchdrückt, die aber in der Realität nur sehr wenig bringt.“
„Die unseligen, vom damaligen Kultusminister Michael Piazolo eingeführten Notmaßnahmen an Grund-, Mittel- und Förderschulen haben überdeutlich gezeigt, was passiert, wenn man an der Teilzeitschraube dreht.“
„Das von ihnen verlangte Stundenmaß ist für sie nicht zu schaffen, Möglichkeiten der Entlastung sind nicht mehr gegeben. Also bleibt nur noch der Schritt in die begrenzte Dienstfähigkeit oder Dienstunfähigkeit.“
„Man erreicht damit wenig bis nichts, weil die negativen Auswirkungen die positiven Effekte zunichtemachen. Somit bleibt als Resümee, dass der Plan des Ministerpräsidenten, die familienpolitische Teilzeit einzuschränken, mehr Schaden als Nutzen bringen wird. Schaden vor allem für die Betroffenen, für die Dienstherrn und zuletzt auch für eine Regierungskoalition, die sich der besonderen Familienfreundlichkeit rühmt.“
Bayern: Söder und Stolz planen Teilzeit-Einschränkungen für Lehrkräfte
Bildung.Table nimmt zudem die Warnung von BLLV-Dienstrechtsexperte Hans Rottbauer auf, dass die durch den ehemaligen Kultusminister Piazolo verhängten Teilzeiteinschränkungen bereits zu einer deutlichen Zunahme von Dienstunfähigkeiten geführt haben, weil Lehrkräfte überlastet waren.
Söder: Handyverbot an Schulen bis einschließlich Klasse 7
Simone Fleischmann zu Teilzeiteinschränkungen bei BR 24:
“BLLV-Präsidentin Fleischmann bezeichnete es als Enttäuschung für Lehrkräfte, dass jetzt ‘Zwangsmaßnahmen ausgepackt werden sollen’. Dies werde nichts bringen: ‘Vor allem wird der Lehrberuf dadurch nur unattraktiver statt attraktiver – was aber dringend nötig wäre, um wirklich etwas gegen den Lehrkräftemangel zu tun.’”
Zum geplanten Verbot der privaten Smartphonenutzung bis zur 7. Jahrgangsstufe:
"Die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV), Simone Fleischmann, sagte dem BR, eine klare Regelung zum Umgang mit Handys sei für uns alle ganz entscheidend. Es sei ‘immer abzugleichen, welche Gefahren vom Handy ausgehen’. Es mache Sinn, hier klare Verbote auszusprechen. ‘Das tun auch andere Bundesländer. Das kann man gut nachvollziehen.’"
Auch die Tagesschau hat den Bericht aufgegriffen: >> tagesschau.de
Simone Fleischmann im Münchner Merkur:
„Man hatte fast Schlimmeres erwartet, aber Grund zur Freude gibt es keinen. Dass jetzt wieder die Zwangsmaßnahmen ausgepackt werden sollen, ist nicht nur eine Enttäuschung für die Lehrkräfte“, kritisierte sie. „Es wird vor allem nichts bringen. Vor allem wird der Lehrberuf dadurch nur unattraktiver statt attraktiver.“
Der Merkur hält auch eine Korrektur der Staatsregierung wegen der Kritik des BLLV für möglich:
“Mit Argusaugen beobachten die Lehrerverbände, ob es noch weitere Einschränkungen geben wird. In der CSU wird das nach Beobachtungen des BLLV nicht ausgeschlossen.”
Teachers feel betrayed: Söder pushes for fewer part-time jobs in Bavarian schools
Mein Bavaria zitiert BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann und den 1. Vizepräsidenten Gerd Nitschke:
"The Bavarian Teachers’ Association (BLLV) warned of severe consequences, saying more teachers may resign or take full leave to care for children or relatives. Association president Simone Fleischmann stressed: ‘We need more teachers, more support staff and more appreciation – not less.’ Her deputy, Gerd Nitschke, warned of health risks: ‘Already, more than 1,800 colleagues are on limited duty due to illness.’”
ÜBERSETZUNG:
“Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) warnt vor ernsten Folgen: Dadurch könnten mehr Lehrkräfte zeitweise aufhören zu arbeiten, um sich um Kinder oder Angehörige kümmern zu können, oder sie könnten den Beruf sogar komplett aufgeben. Präsidentin Simone Fleischmann betont: ‘Wir brauchen mehr Lehrkräfte und mehr Unterstützungskräfte und mehr Wertschätzung – nicht weniger.’ Vizepräsident Gerd Nitschke warnt vor gesundheitlichen Folgen: ‘Schon jetzt sind 1.800 Kolleginnen und Kollegen krank und nur noch begrenzt dienstfähig.’”
Simone Fleischmann und Hans Rottbauer in der Frankenpost:
„Ähnlich äußerte sich Simone Fleischmann, Präsidentin des größten bayerischen Lehrerverbandes BLLV. Auch sie hob hervor, dass die Lehrkräfte schon in der Vergangenheit die Unterrichtsversorgung gesichert hätten. „Dass jetzt wieder Zwangsmaßnahmen ausgepackt werden sollen, ist nicht nur eine Enttäuschung für die Lehrkräfte, es wird vor allem nichts bringen“, urteilte Fleischmann.
Nach Angaben des BLLV-Dienstrechtsexperten Hans Rottbauer haben schon die beamtenrechtlichen Einschränkungen des „Piazolo-Pakets“ von 2020 mit Teilzeitkürzungen und weniger Vorruhestandsmöglichkeiten dazu geführt, dass sich die Zahl der Fälle von begrenzter Dienstfähigkeit und Dienstunfähigkeit nahezu verdreifacht habe. Betroffen davon seien vor allem Frauen mit der Doppelbelastung von Familie und Beruf sowie ältere Lehrkräfte, die ein höheres Stundendeputat überlaste. „Der Plan des Ministerpräsidenten, die familienpolitische Teilzeit einzuschränken, wird mehr Schaden als Nutzen bringen“, prophezeite Rottbauer. Viele Lehrkräfte seien in Teilzeit, weil sie die Belastungen sonst nicht mehr stemmen könnten.“
Aussagen des BLLV-Präsidiums im Wortlaut in der TZ München:
“Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV), sieht schwarz: ‘Wir brauchen mehr Lehrkräfte und mehr Unterstützungskräfte und mehr Wertschätzung – nicht weniger’, betont sie laut news4teachers.de weiter. Ihr Vizepräsident Gerd Nitschke warnt vor gesundheitlichen Folgen: 'Schon jetzt verlieren wir über 500 Vollzeitkapazitäten durch begrenzte Dienstfähigkeit. 1.800 Kolleginnen und Kollegen an Grund- und Mittelschulen sind krank und nur noch begrenzt dienstfähig.'”
Print-Berichterstattung
Die Passauer Neue Presse und die Mittelbayerische Zeitung berichten in ihren Print-Ausgaben über die Pläne der Staatsregierung und gehen auf die Kritik des BLLV ein:
“Der Lehrerverband BLLV warnt derweil schon mal vor einer Zunahme der Dienstunfähigkeiten, weil das verlangte Stundenmaß für viele nicht zu schaffen sein werde.”
Die Mainpost greift in ihrer Print-Ausgabe ebenfalls die Teilzeit-Kürzung für Beamte und das von Söder verkündete Handyverbot an Schulen auf – mit den vom BLLV geäußerten Bedenken:
„Der BLLV befürchtet durch die gestrichene Teilzeit-Möglichkeit für Lehrkräfte mit älteren Kindern einen Anstieg der
Dienstunfähigkeiten, weil sich „die von den Einschränkungen Betroffenen nicht anders zu helfen wissen“.“