Große Vorfreude, Aufregung, ein bisschen Bammel: All das blitzt aus Kinderaugen am Morgen des ersten Schultags, wie der Bayerische Rundfunk in den Fernsehnachrichten zeigt. Und zugleich die Frage stellt, warum die Vorfreude nicht so lange währt, wie sich das eigentlich alle wünschen. Moderator Dominic Possoch sieht als mögliche Gründe: „überbordende Bürokratie, Zeitdruck, große und heterogene Schulklassen, verbale und körperliche Übergriffe, Lehrkräftemangel, Mehrarbeit, immer weniger Lehrer müssen immer mehr machen“. Er fragt BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann, ob sich bei einer derart ehrlichen Stellenausschreibung überhaupt noch jemand auf den Job bewerben würde.
„Was sie alles vorgelesen haben, ist die Realität“, stellt Fleischmann daraufhin klar. „Wir haben viele Herausforderungen, oftmals ist es überbordend, und wir sind seit Jahren insgesamt zu wenige.“ Die Folgen für die einzelnen Lehrkräfte sind dann oft dramatisch, schildert die BLLV-Präsidentin: „Manchmal ist es halt so, dass die Kollegin in der siebten Klasse in der Mittelschule nicht mehr weiß, wo sie sich die Haare raufen soll, weil sie einfach so viele Kinder hat, die so eine große Heterogenität und so viele Herausforderungen mit sich bringen. Sie merkt, sie schafft das alleine nicht. Die Realität ist also, dass uns oftmals die Ressourcen fehlen und dass die Kolleginnen und Kollegen dadurch auch krank werden.“
Hoher persönlicher Einsatz verhindert Systemversagen
Simone Fleischmann begrüßt zwar, dass die Ministerin den Personalmangel inzwischen offen benennt und sich um Abhilfe bemüht. Sie betont aber, dass Schule nur dank des hohen persönlichen Einsatzes der Lehrerinnen und Lehrer noch funktioniert: „Wir haben in den letzten Jahren die schwierigen Situationen an Grund-, Mittel- und Förderschulen nur durch Kolleginnen und Kollegen gestemmt, die aufgestockt haben, die länger gearbeitet haben, die sehr viele Vertretungsstunden gehalten haben, sehr viel Mehrarbeit geleistet haben.“
Aus Sicht des BLLV darf Bildung darauf aber nicht systematisch bauen, stellt Präsidentin Fleischmann klar: „Dafür gebührt natürlich allen Kolleginnen und Kollegen Dank. Das sagt auch die Ministerin immer wieder: Herzlichen Dank. Aber vom Dank allein können wir nicht abbeißen! Wir brauchen veränderte Rahmenbedingungen, bessere Arbeitsbedingungen für uns und somit bessere Lernbedingungen für die Kinder.“
Bildung entscheidet sich letztlich an der Wahlurne
Einfache Lösungen gibt es dafür indes leider nicht. Mit Geld allein ist es beispielsweise eben nicht getan, wie Simone Fleischmann erläutert: „Das Geld reicht nicht, weil Geld ist nur dann im Unterricht angekommen, wenn man Köpfe hat, denen man das Geld zahlen kann. Wir brauchen dringend mehr junge Leute, die Lehramt studieren, vor allem für die Mittelschulen, denn da ist leider kein Licht am Ende des Tunnels. Wir brauchen bessere Arbeitsbedingungen, vielleicht auch mal mehr Lehrerinnen und Lehrer in Doppelbesetzung: In einer Grundschulklasse mit 28 Kindern am ersten Schultag wäre ein Zwei-Pädagogen-Prinzip nötig. Geld braucht man, aber vor allem braucht man für das Geld professionelles Personal, grundständig ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer.“
Einig sind sich Moderator Possoch und BLLV-Präsidentin Fleischmann in der hohen Bedeutung, die Bildung für Bayern eigentlich haben müsste, dass die Realität dies aber offenkundig nicht widerspiegelt. Possoch stellt zur Diskussion, ob an der These, dass Kinder in der Politik schlicht nicht die Lobby haben, die sie bräuchten, vielleicht doch mehr dran ist als viele wahrhaben wollen. Simone Fleischmann setzt dazu klar auf die Mittel der Demokratie:
„Die Lobby der Kinder sind letztendlich die Eltern. Die Eltern sind Wähler und Wählerinnen und wählen die Partei, von der sie davon ausgehen, dass sie das ‘Brain‘ der Kinder, also die Bildung, ganz vorne hinstellen. Also haben Kinder eine Lobby.“
Starke Lehrer machen starke Schule und starke Kinder
Aber auch der BLLV sieht sich als Vertreter der Interessen, Bedürfnisse und Rechte der Kinder, stellt Präsidentin Fleischmann klar: „Wir sind zwar erstmal eine Lobby für die Lehrerinnen und Lehrer, aber wenn es gute Arbeitsbedingungen gibt, wenn du deinen Beruf wirklich gut erfüllen kannst, wenn du von deinem Beruf überzeugt bist, dann kannst du den Kindern beste Bildung und Erziehung geben. Insofern ist auch ein Lehrerverband eine Lobby für Kinder.“
Großen Nachholbedarf in der öffentlichen und politischen Wahrnehmung gibt es aus Fleischmanns Sicht tatsächlich aber für Schülerinnen und Schüler an Bayerns Mittelschulen: „Wer kümmert sich um diese Kinder, welche Lobby haben sie? Wir im BLLV betonen ganz stark, dass diese Kinder viel mehr brauchen als manch andere Kinder: Unterstützung, multiprofessionelle Teams, Beratungslehrer, Schulpsychologen, Förderlehrer – ganz viel zusätzliches Personal, damit wir den mannigfaltigen Herausforderungen dieser Kinder gerecht werden können.“
» zum Bericht des Bayerischen Rundfunks: „Schulstart in Bayern - Kein Platz, keine Lehrer, kein Geld“

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Wer setzt sich für die Bildung der Kinder ein?
Die TV-Nachrichten des Bayerischen Rundfunks analysieren zum Schulbeginn die Lage. BLLV-Präsidentin Fleischmann stellt klar, dass der tägliche Einsatz von Lehrerinnen und Lehrern für gute Bildung der Kinder in Bayern die Unterstützung jedes Einzelnen braucht.