In einer zunehmend pluralistischen und globalisierten Gesellschaft, die von politischen und sozialen Umbrüchen geprägt ist, wird der hohe Stellenwert politischer Bildung am Lernort Schule verstärkt deutlich. In einer Zeit, in der populistische Strömungen und politische Polarisierung zunehmen, ist es von entscheidender Bedeutung, dass junge Menschen in der Schule die nötigen Kompetenzen entwickeln, um komplexe politische sowie gesellschaftliche Fragen kritisch zu hinterfragen, sich an politischen Entscheidungsprozessen zu beteiligen und die Werte der Demokratie zu schätzen. Der Schule als Lebensort von Demokratie wird hierbei für die Vorbereitung der Lernenden, sich als mündige Bürger*innen aktiv sowie reflektiv in demokratische Handlungsprozesse einzubringen, eine große Verantwortung zuteil, da sie als Ort von Begegnungen ein Abbild der Gesellschaft darstellt und demokratischen Erfahrungsraum schafft.
Der Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) zur Stärkung der Demokratieerziehung an deutschen Schulen im Jahre 2009 hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass politische Bildung weit über den Fachunterricht hinausgeht und als interdisziplinäres Unterrichtsprinzip in den verschiedenen Unterrichtsfächern sowie im gesamten Schulleben integriert werden sollte. Als fächerübergreifendes Bildungsziel ist sie eine kollektive Aufgabe, die durch die Vernetzung von Forschung und Bildung sowie eine konsequente Theorie-Praxis-Verzahnung effektiv vorangetrieben werden kann. Erkenntnisse aus der wissenschaftlichen Forschung bieten wertvolle Impulse und praxisorientierte Handlungsmöglichkeiten, die direkt in die Unterrichtspraxis einbezogen werden können, um politische Bildung nachhaltig und zielgerichtet zu vermitteln.
Dies setzt für die konkrete Gestaltung am Lernort Schule eine enge Fächerverzahnung und verstärkten kollegialen Austausch sowie die Integration einer Vielzahl von Methoden und Inhalten in den Unterricht voraus. Diese Entwicklung geht jedoch mit einer Erhöhung der Anforderungen an die Lehrkräfte einher, die eine zentrale Rolle in der Umsetzung dieses interdisziplinären Bildungsziels spielen. Ihre Professionalität, ihre Fachkenntnisse und ihre didaktischen Fähigkeiten sind entscheidend dafür, ob politische Bildung als fächerübergreifendes Prinzip in der schulischen Praxis gelingt.
Lehrerprofessionalität als Schlüsselrolle
Als zentrale Voraussetzung für die fächerübergreifende Implementierung von politischer Bildung am Lernort Schule ist die Lehrerprofessionalität mit Chancen und Herausforderungen verbunden. Um politisches Wissen sowie demokratische Werte adäquat zu vermitteln, ist es für Lehrkräfte unerlässlich, ein breites Spektrum an Kompetenzen zu besitzen. Dies umfasst nicht nur Fachkenntnisse in den jeweiligen Disziplinen, sondern auch die Fähigkeit, komplexe politische Themen auf eine Art und Weise zu präsentieren, die für die Lernenden nachvollziehbar und verständlich ist. Lehrer*innen sind demnach nicht ausschließlich für die fachliche Wissensvermittlung verantwortlich, sondern übernehmen auch die Rolle der Vermittler*innen demokratischer Werte und Impulsgeber*innen für politische Auseinandersetzungen. Hierbei sollten sie nicht nur fachspezifische Expertise einbringen, sondern auch die Kompetenz besitzen, interdisziplinäre Verbindungen zu etablieren und politische Themen in ihrer Komplexität verständlich zu vermitteln. Primäres Ziel ist es dabei, die Schüler*innen zu einer fundierten und kritischen Auseinandersetzung mit politischen Themen zu motivieren und gleichzeitig ein respektvolles sowie offenes Diskussionsklima zu fördern. Dies erfordert von den Lehrkräften die Fähigkeit, politische Inhalte so zu gestalten, dass sie einerseits die fachliche Tiefe bewahren, andererseits jedoch auch für die Lernenden zugänglich bleiben und deren politische Urteilsfähigkeit schärfen.
Die fächerübergreifende Implementierung verlangt darüber hinaus eine verstärkte Vernetzung und Zusammenarbeit zwischen den Lehrkräften mit hoher Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft, um die Unterrichtsinhalte der verschiedenen Fachbereiche aufeinander abzustimmen und gemeinsame didaktische Konzepte zu entwickeln. Dies ist insbesondere dann anspruchsvoll, wenn unterschiedliche Fachkulturen, Lehrmethoden und Zielsetzungen aufeinandertreffen.
Stärkung der Lehrkräfte als zentraler Faktor
Vor diesem Hintergrund ist die Notwendigkeit einer intensiven und kontinuierlichen Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte von hoher Relevanz. Durch gezielte Förderung der interdisziplinären Kompetenzen können Lehrkräfte ihre Rolle als Vermittler*in politischer Bildung effektiv wahrnehmen. Jedoch sollte hierbei zum einen die Sorgen bzw. Bedenken und zum anderen die zeitlichen Ressourcen der Lehrkräfte Berücksichtigung finden. Insbesondere in Situationen, in denen Lehrkräfte Unsicherheiten darüber haben, wie sie politische Inhalte sowohl objektiv als auch didaktisch und methodisch fundiert in ihren Unterricht integrieren können, ist eine adäquate Sensibilisierung und professionelle Unterstützung von grundlegender Bedeutung. Dazu gehört unter anderem, den Lehrkräften gezielte Handreichungen sowie Materialien bereitzustellen, die es ihnen ermöglichen, politische Themen aus verschiedenen Fachperspektiven zu integrieren und die spezifischen Bedürfnisse ihrer Schüler*innen zu berücksichtigen.
Zudem ist es wichtig, den Lehrern*innen ausreichend Zeit und Raum zu gewähren, um ihre Unterrichtsplanung zu reflektieren und den Austausch mit Kollegen*innen zu fördern. Ein unterstützendes und förderliches schulisches Umfeld trägt maßgeblich dazu bei, die interdisziplinäre Zusammenarbeit zu intensivieren und den Lehrkräften die Möglichkeit zu geben, ihre fachlichen Perspektiven kontinuierlich zu erweitern sowie zu stärken.
Die nachfolgende Broschüre „Demokratie Lernen von Klein an““ trägt maßgeblich dazu bei, wissenschaftliche Erkenntnisse mit praxisorientierten Empfehlungen zu verbinden. Sie stärkt das Vertrauen und die Sicherheit der Lehrer*innen, indem sie ihnen sowohl fachlich fundierte als auch methodisch reflektierte Ansätze an die Hand gibt. Dadurch wird eine effektive und reflektierte Umsetzung politischer Bildung im Unterricht ermöglicht, was einen entscheidenden Schritt zur langfristigen und nachhaltigen Stärkung der Demokratie darstellt. Lehrkräfte können ihre Rolle als Vermittler*in demokratischer Werte so gestärkt und weiterentwickelt wahrnehmen.
OStRin Havva Doksar, M.Ed.
Ludwig-Maximilians-Universität München,
Geschwister-Scholl-Institut für Politikwissenschaft

Demokratie gemeinsam stärken
Themen
Politische Bildung als fächerübergreifendes Bildungsziel – Die Lehrerprofessionalität zwischen Chancen und Herausforderungen
Ein Fachartikel von OStRin Havva Doksar, Politikwissenschaftlerin an der LMU München, zur neuen BLLV Broschüre "Demokratie lernen von klein an! - Demokratiepädagogik konkret: Eine Praxisanleitung", mit vielen leicht umsetzbaren Tipps für den Grundschulen.
Demokratie lernen von klein an!
Von der Praxis für die Praxis - ein Baukasten für Demokratielernen
In der komplett überarbeiteten 2. Auflage der BLLV-Broschüre zur Demokratiepädagogik in der Grundschule finden Lehrkräfte zahlreiche konkrete und niederschwellige Möglichkeiten Demokratie lernen in den schulischen Alltag zu integrieren.
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