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„Spick-Stift“ mit KI zeigt: Leistungsbegriff muss endlich zeitgemäß werden

Einmal mit dem „Scannix“-Stift über die Frage fahren, schon spuckt ChatGPT die Antwort aus. BLLV-Präsidentin Fleischmann stellt klar: Bei solchen Methoden macht reproduktives Lernen endgültig keinen Sinn mehr. Leistung muss neu gedacht und definiert werden.

Findig waren Schülerinnen und Schüler schon immer, wenn’s um Methoden fürs Spicken ging. Erfahrene Lehrkräfte kennen allerdings die meisten Tricks.

Doch nun bekommt das Ganze eine neue Dimension: Eine Firma aus Wuppertal hat einen Stift auf den Markt gebracht, der ähnlich einem Textmarker kurz über eine Frage- oder Aufgabenstellung bewegt wird, und dann die von der integrierten ChatGPT erarbeitete Antwort auf einem Mini-Display ausspuckt. „Scannix“ heißt der Spickstift und wird auf TikTok offensiv mit Erfolgen beim Unterschleif beworben: "Danke ChatGPT-Stift für 15 Punkte in dem Test", heißt es da beispielsweise.

Mit einem Verbot ist es nicht getan

Diesen indirekten Aufruf zum Betrug findet BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann „bedenklich“, wie sie auf Nachfrage des Bayerischen Rundfunks betont. Doch der KI-Stift ist nicht nur ein Problem mangelnder Fairness, sondern ganz grundsätzlich für den Lernerfolg: Denn bisher hing die Qualität einer KI-Antwort stark von der Qualität des Prompts ab, also der Frage, die Schülerinnen und Schülern ChatGPT & Co. stellten. Dafür mussten sie den Stoff zumindest ansatzweise so verstanden und durchdrungen haben, dass sie ihre Frage einigermaßen präzise formulieren konnten. Dieser Anspruch fallt bei Scannix nun auch weg.

Reflexartig erklingende Rufe nach Verboten sind aus Sicht von BLLV-Präsidentin Fleischmann allerdings nicht die Lösung. Sie fordert stattdessen: „Bulimisches Lernen muss beerdigt werden!“ Denn jede Form rein reproduktiver Wissensabfrage wird mit KI endgültig sinnlos. Auch Hausarbeiten seien nicht mehr fair und sinnvoll zu benoten angesichts der Fähigkeiten generativer Text-KIs. 

Lernprozesse und Leistungsbegriff müssen sich KI-Zeitalter anpassen

Der BLLV plädiert ohnehin unabhängig von den Entwicklungen im Bereich der KI für einen Lern- und Leistungsbegriff, der verstärkt die Prozesse beim Erwerb von Wissen, Fähigkeiten und Kompetenzen in den Blick nimmt. Gerade weil Kinder und Jugendliche in einer sich dynamisch verändernden Welt aufwachsen, braucht es eine kritische Reflexion des eigenen Lernens, um sich später neuen Anforderungen, die heute noch gar nicht bekannt sind, anpassen zu können. Dafür agieren Lehrkräfte als adaptive Lernbegleiter und nicht als Ausfrager. Viele Lehrkräfte haben sich auch längst auf diesen Weg gemacht, werden allerdings immer wieder von tradierten Vorgaben bei den Prüfungsformaten ausgebremst. 

Damit muss jetzt Schluss sein, fordert Simone Fleischmann. Für sie ist klar: Das „Katz-und-Maus-Spiel“ gegen immer neue KI-Tools auf Schülerseite ist für Lehrkräfte kaum zu gewinnen. Das Verbot eines Stifts wie nun beispielsweise Scannix sei nur schwer und sicher nicht lückenlos durchsetzbar. „Prüfungsbedingungen und Prüfungsformate müssen endlich auf den heutigen Stand gebracht werden“, stellt die BLLV-Präsidentin daher klar.

» zum Bericht auf BR24: „Neue Spick-Methode: ‘Super Noten mit ChatGPT-Stift’"