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Kruzifix-Urteil: „Religiosität aller Kinder in den Mittelpunkt stellen“

Ein Kruzifix im Gymnasium Wolnzach ist laut Gerichtsurteil ein Verstoß gegen die Glaubensfreiheit. BLLV-Präsidentin Fleischmann begrüßt die Auseinandersetzung mit Symbolen für Werte und Überzeugungen. Schulen sollten dies für alle Religionen thematisieren.

Das Kreuz mit dem Kreuz treibt Bayern nicht erst seit dem Erlass des Ministerpräsidenten zu seinem Amtsantritt 2018 um. Bereits 2015 hatten Eltern zweiter damals minderjähriger Schülerinnen am Hallertau-Gymnasium Wolnzach gegen Kruzifixe geklagt, weil diese ein Zeichen christlicher Missionierung und ein Verstoß gegen die negative Glaubensfreiheit seien. Erstinstanzlich wurde die Klage 2020 abgewiesen, doch nun hat das Bayerische Verwaltungsgericht entschieden: Die Kreuze hätten abgehängt werden müssen.

Da die ehemaligen Schülerinnen schon vor einigen Jahren Abitur gemacht und die Schule inzwischen verlassen haben, müsse nur vor Ort ja gar nicht mehr reagiert werden, da das Urteil sich nur auf die Rechte dieser beiden Schülerinnen im Einzelfall beziehe, lässt dazu die Staatsregierung verlauten. Dennoch kocht die Debatte hoch. Zwischen reaktionärer Entrüstung über das Urteil und strategischem Kleinreden des Streits ist alles dabei.

Demokratiebildung: Werte und Symbole sind Grundlage

Aus Sicht von BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann ist Wegducken indes keine Option. „Wenn religiöse Symbole kein Thema sind, dann weiß ich nicht was der Bildungsauftrag von Schule ist“, stellt Fleischmann klar. Der Fall sei im Gegenteil ein guter Anlass, eine wichtige Aufgabe von Schule zu reflektieren: „Wenn wir Wertevermittlung und Demokratiebildung wollen, dann ist die Auseinandersetzung mit religiösen Symbolen ein zentraler Bildungsauftrag – denn Symbole sind Ausdruck von Überzeugungen.“

Dabei darf es aber eben nicht nur um das Kruzifix gehen, betont die BLLV-Präsidentin im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung: „Wir wollen eine Schule der Vielfalt, in der sich alle wohlfühlen.“

Schule muss Bedingungen für Vielfalt und Toleranz besprechen

Dabei hat Religiosität als Aspekt der Identität von Schülerinnen und Schüler eine besondere Bedeutung und damit auch die jeweilige Symbolik. „Darüber müssen wir reden“, fordert Simone Fleischmann und mahnt: „Wenn nicht wir in der Schule darüber reden, wer soll denn dann Vielfalt und Toleranz leben und thematisieren?“

Denn gerade in der aktuell aufgeheizten Debatte, in der immer wieder kulturelle und religiöse Unterschiede gegeneinander ausgespielt werden und das Trennende im Mittelpunkt steht, ist es aus Sicht des BLLV wichtig, die für ein konstruktives Zusammenleben verankerten Werte zu betonen, die viele Religionen im Kern teilen.

Religionssensible Schulkultur fokussiert das Verbindende

Ziel ist eine religionssensible Schulkultur, die übergreifende gesellschaftliche Werte vermittelt, aber zugleich auch religiöse Identitäten so behandelt, dass Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichen Hintergründen sich angenommen und zuhause fühlen. Denn nur dann ist ein offener und respektvoller Austausch möglich. 

Gesellschaft und Politik sind dabei als Vorbilder für Kinder und Jugendliche akut gefordert. Denn es geht darum, Unterschiede durchaus erkennen und auch benennen zu können – diese aber gegenseitig zu respektieren und sich zugleich gemeinsam vor allem auf das Verbindende zu konzentrieren – und so ein Zusammenleben in Vielfalt und Toleranz zu ermöglichen. 

» zum Bericht der Süddeutschen Zeitung: „Staatsregierung reagiert auf Kruzifix-Urteil - ‘Kreuze aufhängen und nicht abhängen‘“