Die Demokratie kippt? Her mit der Verfassungsviertelstunde! Digitalisierung überfordert? Tablets erst ab Klasse 8! Ferien im Rotationsverfahren? Ja wo samma denn – wir bestimmen selbst, wann bei uns Feiertage und Ferien sind! Und wenn man mit der zunehmenden Diversität nichts anfangen kann? Einfach mal das Gendern verbieten. So komplex die Fragen sein mögen, ein Mann hat immer die richtige Antwort: der Ministerpräsident. Der sagt, wo’s langgeht. Und immer soll die Schule schnell richten, was in der Gesellschaft schiefläuft.
Beispiel Digitalisierung. Ein Megatrend. Klar muss Schule da reagieren, Grundlagen schaffen, Zukunftskompetenzen bilden. Wir spürten den Wind des Aufbruchs auch durch den Digital-Pakt Schule. Wir setzten die Segel. Schrieben schlüssige Konzepte zur Entwicklung digitaler Kompetenzen – freilich jede Schule ihr eigenes. Der Rote Faden zog sich vom Kindergarten bis zur Hochschule. Und dann heißt es: Digitale Endgeräte sind vor Klasse 8 schädlich. Da wird uns mal eben der Wind aus den Segeln genommen. Also wieder zurück auf Los? Konzepte schreddern?
Wer hat eigentlich die Expertise vor Ort? Wo bleibt unsere professionelle Eigenverantwortlichkeit? Ich kann jedes Kollegium verstehen, das sagt: Dann machen wir einfach gar nichts mehr. Dann machen wir eben Schule nach Ansage. Aber das kann es doch nicht sein. Wir wollen nicht Dienst nach Vorschrift machen, sondern unser Bestes geben. Und wir sind es, die genau wissen, was geht und was nicht, was so viele unserer Kinder und Jugendlichen so dringend brauchen.
Wo bleibt eigentlich der Rote Faden bei dieser Politik des Zick und Zack? Die Digitalisierung der Schulen wird ganz oben entschieden. Jetzt wieder so und nicht so. Und wie steht es mit der Migration? Obergrenze oder nicht? Wie sollen sich denn die Kolleginnen und Kollegen fühlen, wenn alles von ganz oben entschieden wird und sie vor Ort sich jedes Mal neu ausrichten sollen, auch wenn sie selbst genau sehen, was pädagogisch funktioniert und was nicht? Warum diese ständigen Irritationen, warum lässt man uns nicht einfach in Ruhe – machen?
Jeden Tag, so kommt das bei uns an, hat ein Politiker eine andere Idee, die wir in den Schulen umsetzen sollen. Ein neues Fach. Ein neuer Lehrplan. Weitere Schulaufgaben. Weitere Noten. Derweil erleben wir in der Gesellschaft eine Spaltung, das Anwachsen der extremen Ränder. Und Schule soll es wieder mal richten. Während viele Kinder nicht einmal mehr Kernkompetenzen erreichen.
Und was ist die Lösung? Das werde ich oft gefragt. Klar ist: Unseren Kurs zu halten, kostet Kraft. Doch der BLLV steht für Empowerment und die Expertise vor Ort. Wir sind überzeugt: Starke Lehrer machen starke Schule. Und starke Schule macht unsere Kinder stark. Wir bestärken alle Lehrerinnen und Lehrer darin, sich gegen unsinnige, polemische und populistische Aussagen von Politikern zu verwahren und zu wehren. Auch wenn Stabilität und ein klarer Kurs fehlen, lassen wir uns nicht verrückt machen. Die Lösung lautet: Wir fokussieren. Wir fokussieren auf das, was unsere Kinder brauchen. Auf die Herausforderungen der eigenen Schule vor Ort. Wenn sich die Politiker nicht bewusst sind, dass sie oft nur Wind machen und dass es oft genug Gegenwind ist, dann sagt der BLLV: Wir setzen selbst die Segel. Und wenn es nötig ist, segeln wir eben gegen den Wind. Und behalten unser Ziel im Blick.
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