Foto: Pixabay/Markus Winkler
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Pressemitteilung: BLLV-Jahreszeugnis für Bayerische Bildungspolitik Startseite Topmeldung
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Alle wollen Leistung: Wir auch! Eine ganzheitliche Leistungsrückmeldung des BLLV

München – Wir haben es oft genug gehört – sei es bei der Diskussion um die PISA-Offensive, die Petition zur Abschaffung der „Exen“ oder die Sprachstandserhebungen: Die politisch Verantwortlichen wollen Leistung! „Fördern und Fordern“ sind gefragt! Also fordert auch der BLLV zum Schuljahresende die Leistung der Staatsregierung ein, bewertet Stärken und Schwächen und die notwendige Förderung der Schulen. Wir schauen darauf, was die Staatsregierung im Schuljahr 2024/2025 geleistet hat. Wir wollen das Lern- und Arbeitsverhalten bewerten, Stärken herausstellen, Förderbedarfe ermitteln und Entwicklungspotenziale aufzeigen. Denn im neuen Schuljahr erwarten wir „Learnings“ aus dem alten!

BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann: „Wenn wir die Leistung der Staatsregierung für die Bildungspolitik im vergangenen Schuljahr bewerten, stellen wir Förderbedarf in unterschiedlichen Bereichen fest. Als professionelle Lehrkräfte können und wollen wir diese natürlich auch genau benennen und setzen auf Förderung nach der Diagnostik.“

Dazu hat der BLLV die bildungspolitischen Aufgaben und Themen des vergangenen Jahres bewertet. „Wir freuen uns darauf, gemeinsam mit der Staatsregierung im kommenden Schuljahr neue Wege zu gehen!“, ergänzt die BLLV Präsidentin.

Verantwortung, Verlässlichkeit und Nachhaltigkeit für die Schul- und Bildungspolitik

„Wir geben der bayerischen Bildungspolitik hier in 16 Bereichen eine ausführliche Bewertung, jenseits einfacher Noten. Eine Bewertung, die Erreichtes ebenso aufzeigt wie die Entwicklungspotenziale. Eine ganzheitliche Betrachtung, nach der niemand sagen kann, die Erwartungen wären nicht klar. Auch eine Gesamtbewertung können wir mitgeben. Die kurzfristige überraschende ‘Basta-Politik‘ musse enden: ‘Die Exen bleiben‘ und ‘Die Ferien bleiben‘ und der Religionsunterricht bleibt sowieso so, wie er immer war. Damit kommen wir nicht weiter und nirgendwohin. Erst recht nicht, wenn auf der anderen Seite am Kultusministerium zahllose Dialogrunden und Arbeitsgruppen gegründet werden, während die Lehrkräfte darauf warten, dass sich endlich mal was an den Punkten ändert, die schon lange auf dem Tisch liegen. Das gilt doppelt, wenn nach all dem Dialog am Ende wieder ein ‘Basta‘ steht. Wir bleiben im Dialog, fordern aber auch Ergebnisse ein. Da helfen auch keine Schulbesuche von politisch Verantwortlichen an ‘Problemlosschulen‘, in denen man sich seine eigenen bestehenden Perspektiven selbst bestätigt. Und auch bei den Petitionen hilft kein Mauern und kein ‘Basta‘ und keine Ablehnung, denn die Forderungen der Schüler und Schülerinnen und der Förderlehrkräfte und aller anderen verschwinden nicht. Die Evidenz aus der Praxis bleibt bestehen, auch wenn man sie kontinuierlich reflexartig ablehnt“, resümiert Simone Fleischmann.

Die BLLV-Präsidentin ergänzt: „Als ‚Schülerin‘ können wir der Staatsregierung für das nächste Schuljahr nur empfehlen, sich zu fokussieren und sich ‘ehrlich‘ zu machen – nicht nur wegen des Lehrkräftemangels. Die Basiskompetenzen der Schülerinnen und Schüler müssen in den Blick genommen werden. Schule braucht verlässliche Dialogpartner, eine nachhaltige Steuerung und eine umfassende Verantwortungsübernahme. Das kann aber nicht heißen, dass die Schulen alle Verantwortung tragen – insbesondere dafür, den Karren immer wieder aus dem Dreck zu ziehen.“

Medienberichte

Zitate aus dem Zeugnis von news4teachers für MP Söder:

Beurteilung: Die Schülerin [sic] bemühte sich, den gestellten Anforderungen gerecht zu werden. Insgesamt zeigten sich jedoch wiederholt deutliche Defizite in der nachhaltigen Umsetzung bildungspolitischer Maßnahmen. Spontanität wurde häufiger mit Konzept verwechselt. Die Dialogbereitschaft ist grundsätzlich vorhanden, mündet jedoch zu selten in konkreten Ergebnissen.”

Hinweis für das neue Schuljahr: Eine Fokussierung auf Wesentliches sowie eine vertiefte Reflexion vergangener Entscheidungen sind dringend anzuraten. Förderbedarf erkannt – Maßnahmen ausstehend.”

Gesamtfazit des BLLV: Simone Fleischmann bringt es auf den Punkt: Zu viele Baustellen, zu wenig Fortschritt. Der BLLV bleibt gesprächsbereit – erwartet aber endlich konkrete Ergebnisse. „Die Staatsregierung sollte sich ehrlich machen – nicht nur wegen des Lehrkräftemangels“, so die Präsidentin. „Lehrkräfte tragen viel – aber nicht die gesamte Verantwortung.“



Die Bewertungen im Detail:

16 Handlungsfelder für die Bayerische Bildungspolitik

1. Gesunde Lehrkräfte für die Zukunft unserer Schulen

Überbordende Bürokratie, Zeitdruck, große und heterogene Schulklassen, verbale und körperliche Übergriffe, Lehrkräftemangel, Mehrarbeit und nicht zuletzt: kaum Unterstützung bei der Förderung von Schülerinnen und Schülern, die viel Aufmerksamkeit brauchen. Das sind nur einige der Herausforderungen, die fast jede Lehrerin und jeder Lehrer kennen und die zur Erschöpfung führen, aber auch nicht selten zu weitreichenden körperlichen und psychischen Beschwerden

Das zeigt sich klar in den Zahlen: Im Schuljahr 2022/23 erreichten nur noch 18 Prozent der Lehrkräfte den regulären Ruhestand. 82 Prozent gingen entweder auf Antrag früher in den Ruhestand oder beendeten ihren Dienst als vom Amtsarzt aus gesundheitlichen Gründen für dienstunfähig erklärte Lehrkräfte. Zum Vergleich: Im Schuljahr 2013/14 waren es noch 61 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer, die bis zum regulären Ruhestandseintritt im Dienst waren. Gleichzeitig steigen die Krankheitszahlen an.

„Wir haben an den Grundschulen inzwischen eine Vervielfachung von langzeitkranken Kolleginnen und Kollegen. Viele weitere sind nur noch begrenzt dienstfähig, das heißt, sie können die Stundenzahl nicht mehr erreichen, die vom Kultusministerium gefordert wird, weil sie einfach krank sind, weil sie überlastet sind. Wenn wir mehr auf die Gesundheit schauen würden, dann hätten wir auch mehr Stunden. Ich bin mir sicher, dass wir uns damit jede Zwangsmaßnahme sparen könnten“, betont Gerd Nitschke, 1. Vizepräsident des BLLV.

Der Grund ist einfach: „Der Lehrberuf wird sehr schnell immer herausfordernder. Gesellschaftlicher Wandel, Lehrkräfte- und Ressourcenmangel bis hin zu enormen Problemen bei der Finanzierung und Sanierung von Schulen schlagen voll durch und werden auf den Schultern der Lehrerinnen und Lehrer ausgetragen. Hier Lösungen zu finden, wäre dringende Aufgabe der politisch Verantwortlichen. Diese setzen aber weiterhin auf Druck und Zwangsmaßnahmen. Gleichzeitig fehlt oft genug die Unterstützung durch den Dienstherrn, dabei wäre es gerade angesichts des Lehrkräftemangels im Sinne der Kinder, der Eltern, der Schulen und der Gesellschaft, die bestehende Kernmannschaft an den Schulen gesund zu erhalten und ihnen den Rücken zu stärken. Das Entwicklungspotenzial der Staatsregierung bei diesem Punkt werden wir im Detail darlegen, angefangen bei den Sprachstandserhebungen – der aktuellsten Belastungsprobe für die Lehrkräfte, die Kinder und die Schulen“, so Simone Fleischmann.

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2. Unmut bei der Umsetzung der Sprachstandserhebungen

In diesem Schuljahr sorgten die Sprachstandserhebungen, die auf Ansage der Staatsregierung bei vier- und fünfjährigen Kindern durchgeführt werden mussten, für großen Unmut. Nicht nur wegen der überbordenden Bürokratie, die damit verbunden war: Im Eilverfahren wurden noch im Dezember die Gesetze geändert. Schon im Januar sollten die Grundschulen und Kitas mit der Umsetzung beginnen, obwohl nötige Informationen fehlten. „Politisch wurde durchgedrückt, dass die Tests schon in diesem Schuljahr durchgeführt werden mussten. Diese Hau-Ruck-Aktion hatte Folgen, die die Beteiligten vor Ort ausbaden mussten. Dies machte der BLLV in seiner Pressekonferenz im April deutlich“, erklärt Sabine Bösl, Schulleiterin und Leiterin der Abteilung Schul- und Bildungspolitik im BLLV.

Klar ist: Sprachförderung ist essenziell für Bildungserfolg. Sprachstandserhebungen müssen aber auch kindgerecht, differenziert und praxistauglich gestaltet werden. Abläufe und Formulare müssen dringend vereinfacht und digitalisiert werden. Anpassungen im Datenschutz sind erforderlich. Für den erheblichen Mehraufwand müssen mehr Stellen und flächendeckend Anrechnungsstunden für Testleitungen und Schulleitungen geschaffen werden. Auch die Verwaltungsangestellten an den Grundschulen benötigen zusätzliche zeitliche Ressourcen. 

Sprachstandstests: Richtig umsetzen zum Wohle der Kinder

„Die individuelle Entwicklung des Kindes sollte im Mittelpunkt stehen – nicht die schnelle Erfassung eines Defizits. Wir brauchen eine passgenaue Förderung der Kinder mit Sprachförderbedarf. Es wird der Eindruck erweckt, dass der verpflichtende Besuch der Kita und ein Vorkurs ausreichen, um Kinder sprachlich so zu fördern, dass sie nach einem Jahr dem Grundschulunterricht adäquat folgen können. Viele Kinder brauchen mehr. Auch Gruppengrößen sind entscheidend“, so BLLV-Expertin Sabine Bösl. Der BLLV fordert kleine Gruppen im Vorkurs für beste individuelle Förderung durch professionell ausgebildetes Personal, um die Qualität sicherzustellen. 

Silvia Glaser, Leiterin der Fachgruppe Schulberatung im BLLV, ergänzt: „Hochgerechnet gingen mehr als 30.000 Zeitstunden unserer Beratungslehrkräfte und Schulpsycholog:innen dafür drauf, diese Sprachstandstests durchzuführen. Damit fehlte in der Schulberatung wahnsinnig viel Zeit für andere Beratungen. Und weil das noch nicht einmal ausreichte, wurde auch noch eine Menge Freizeit der Kolleginnen und Kollegen investiert. Das muss sich ändern! Für den Zeitaufwand müssen alle Beratungslehrkräfte und Schulpsycholog:innen, die die Sprachstandstests durchführen, Anrechnungsstunden in einem angemessenen Umfang erhalten.“

„Unser Anspruch muss sein, allen Kindern in Bayern die bestmöglichen Startchancen zu Beginn ihrer Schullaufbahn zu ermöglichen“, betonte kürzlich die Bayerische Kultusministerin Anna Stolz. Dies ist richtig und sollte auch umgesetzt werden. Bleibt zu hoffen, dass das Kultusministerium nun gründlich nachbessert und schnellstmöglich die Informationen liefert, auf die alle Grundschulen und Schulämter dringend warten.

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3. Unterstützung und Wertschätzung für die Mittelschulen

In der öffentlichen Debatte spielen die Mittelschulen oft keine große Rolle – und falls doch, werden diese in der Regel im Zusammenhang mit Defiziten und Problemen wahrgenommen. Was nicht gesehen wird ist, dass gerade diese Schulart über spezifische pädagogische Stärken verfügt, die auch für andere Schularten beispielhaft sein können – angefangen vom Prinzip der Klassenlehrkraft, von dem viele Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf profitieren, bis hin zum ganzheitlichen Bildungsansatz, der in der Mittelschule mehr gelebt wird als an anderen weiterführenden Schularten.

„Der BLLV hat einen klaren und aufmerksamen Blick auf die Situation der Mittelschulen in Bayern. Und für die Mittelschule der Zukunft braucht es deutlich mehr als nur die Diskussion über ihre Herausforderungen und ihren Stellenwert.  Es braucht vor allem Ausstattung mit zusätzlichem Personal, mit qualifizierten Lehrkräften und multiprofessionellen Teams. Wir fordern einen Ausbau und die Verstärkung der Schul- und Jugendschulsozialarbeit in der Mittelschule und es braucht vor allem eine Reform der Lehrkräftebildung, die unter anderem sicherstellt, dass wir in Zukunft genügend exzellent ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer gerade für diese Schulart haben. Um dies zu erreichen braucht es Sichtbarkeit und Wertschätzung für die Mittelschulen. Diese Wertschätzung machen wir fest an den realen Arbeitsbedingungen der Kolleginnen und Kollegen vor Ort“, so Simone Fleischmann.

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4. Auf dem richtigen Weg: Das Startchancen-Programm

In diesem Schuljahr startete Bayern mit 100 Schulen in das bundesweite Startchancen-Programm, das 10 Jahre lang läuft. Dort wo die Herausforderungen am größten sind, braucht es die größten Investitionen. Das Programm geht in die richtige Richtung und soll für mehr Chancengerechtigkeit sorgen. Die Fördermittel können dazu beitragen, dass in ausgewählten Schulen künftig der Bildungserfolg nicht mehr so stark vom sozioökonomischen Hintergrund abhängt. 

Der BLLV begrüßt das Programm ausdrücklich, fordert aber auch genügend Unterstützung für die beteiligten Schulen und Sachaufwandsträger. Bürokratie- und Berichtspflichten sollten so gering wie möglich gehalten werden, damit sich die Schulen auf ihre Kernaufgaben konzentrieren können. Auch zeitliche Ressourcen zur Entlastung sind wichtig. Schulleitungen müssen mehr Anrechnungsstunden für ihre Leitungsaufgaben bekommen und benötigen mehr Verwaltungsangestellte, um für ihre wichtige Arbeit in der Schulentwicklung Zeit zu haben. An den Schulen soll in eine zeitgemäße und förderliche Lernumgebung investiert werden. Noch sind die dafür erforderlichen Gelder nicht da. Schulen und Sachaufwandsträger warten auf die Förderrichtlinien. 

Sabine Bösl ergänzt: „Im neuen Schuljahr werden 480 weitere Schulen mit dem Programm beginnen. Die Erwartungen sind hoch. Der BLLV bleibt im engen Austausch mit diesen Schulen und sieht das Programm als große Chance, wenn die richtigen Weichen gestellt und die Schulen bei der Umsetzung bestmöglich unterstützt werden.“

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5. Für mehr Bildungsgerechtigkeit in Bayern

Bayern ist Schlusslicht in Sachen Bildungsgerechtigkeit. Der Bildungserfolg hängt in Bayern nach wie vor stark vom sozialen Hintergrund ab. Mehr Bildungsgerechtigkeit zu schaffen, ist eine der wichtigsten schulpolitischen Herausforderungen. Jedes Kind sollte, unabhängig von seiner sozialen Herkunft, die gleichen Chancen auf eine erfolgreiche Zukunft haben, betont Sabine Bösl. Das Startchancen-Programm ist ein erster Schritt. Investitionen im Bildungsbereich sind auch jenseits dieses Programms wichtiger denn je und zahlen sich aus. Nicht nur, weil sie spätere Sozialkosten verringern und potenziell auch der Wirtschaftskraft zugutekommen. Jugendliche, die die Schule ohne Abschluss verlassen, werden für unsere Gesellschaft deutlich weniger leisten können. Eine Erhöhung der Investitionen in qualitativ hochwertige und effiziente Bildungsmaßnahmen mit mehr Personal ist daher dringend geboten. Alle Kinder mit all ihren Talenten werden in unserer Gesellschaft gebraucht.

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6. Echte Veränderungen der Prüfungskultur

Die Diskussion rund um die Prüfungskultur in Bayern ist in diesem Jahr wieder hochgekocht, nicht zuletzt wegen der Petition gegen die „Exen“ in Bayern. Nach dem „Basta“ Entschluss des Bayerischen Ministerpräsidenten – „die Exen bleiben“ – und der Ablehnung der Exen-Petition, stellt sich für viele die Frage, was ein Dialog über zeitgemäße Prüfungsformate und eine zukunftsfähige Lern- und Prüfungskultur in Bayern überhaupt bringen kann.

BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann: „Jegliche schulische Innovation scheitert heute an alten Prüfungsformaten, an tradierten Leistungsmessungen und dem Festhalten an einem überholten Leistungsbegriff. Die Dialogrunden zur Modernisierung von Prüfungsformaten in allen Schularten, die die Kultusministerin in diesem Schuljahr aufgesetzt hat, werfen viele Fragen auf. Die Diagnose steht, der Förderbedarf ist festgestellt, wir erwarten jetzt die Umsetzung. Unsere Forderung ist, dass man diese Schwächen in der Prüfungskultur in Bayern endlich angeht und etwas verändert, damit Schule neu gedacht werden kann."

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7. Schulleitungen stärken – Verantwortung anerkennen!

Schulleiterinnen und Schulleiter tragen täglich eine immense Verantwortung für die Bildung unserer Kinder und Jugendlichen und sie sind essenziell für die Weiterentwicklung unserer Schulen – als pädagogische Führungskräfte, im Management, als Impulsgebende und nicht zuletzt auch oft als Lehrerinnen und Lehrer in Personalunion. Gleichzeitig kämpfen über die Hälfte der Schulleitungen mit Lehrkräftemangel und unbesetzten Stellen, mit der Bürokratie und einem Mangel an Unterstützungskräften, die ihnen ihre eigentlichen Aufgaben oft fast unmöglich machen. Die Attraktivität der Arbeit als Schulleitung hat massiv gelitten. 

Immer weniger Kolleginnen und Kollegen bewerben sich auf eine Stelle als Rektorin oder Rektor. Andere ziehen sich von dieser Position abgekämpft zurück und zu viele Schulen bleiben ohne Schulleitung. „Statt sich auf Schulentwicklung und pädagogische Innovationen zu konzentrieren sind Schulleitungen gezwungen, administrative Aufgaben zu übernehmen und personelle Engpässe zu kompensieren. Wir fordern als BLLV deshalb, dass die politisch Verantwortlichen die Arbeit der Schulleiterinnen und Schulleiter anerkennen und die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um sie zu entlasten. Konkret heißt das eine Erhöhung der Leitungszeit und mehr Anrechnungsstunden für Schulleitungen, einen Ausbau der erweiterten Schulleitung, mehr Verwaltungsangestellte, eine Angleichung der Besoldung an die Verantwortung, Bürokratieabbau und eine bessere Ausstattung der Schulen“, betont BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann und ergänzt: „Hier hat die Staatsregierung im kommenden Schuljahr einiges nachzuholen.“

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8. Wertschätzung und Lösungen für den Lehrkräftemangel

Im gesamten vergangenen Schuljahr war der Lehrkräftemangel an allen Schularten erneut das prägende Thema – und damit auch die erneut von der Staatsregierung losgetretene Diskussion, deshalb die Teilzeitmöglichkeiten von Lehrkräften noch weiter einzuschränken, als teilweise ohnehin schon geschehen.

Hans Rottbauer, Leiter der Abteilung Dienstrecht und Besoldung im BLLV, kennt die Situation an den Schulen vor Ort: „Die Schulen und damit auch die Schülerinnen und Schüler mussten die Folgen dieser dramatischen Situation tragen und Kolleginnen und Kollegen vor Ort versuchten nach Kräften, den Mangel auszugleichen. Von Seiten der Politik wusste man sich leider nur zu helfen, indem man eine unleidige Diskussion über die Teilzeit vom Zaun brach, die die Kolleginnen und Kollegen weiter verunsicherte“, so Rottbauer.

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9. Zwangsmaßnahmen gegen Lehrkräfte: keine Lösung!

Warum dies keine Lösung ist, macht der Dienstrechtsexperte des BLLV anschaulich klar: „Welche Folgen solche Maßnahmen haben, ist klar und deutlich an den Grund-, Mittel- und Förderschulen zu beobachten, wo die Einschränkungen der Teilzeitmöglichkeiten im Rahmen des Notmaßnahmenpaketes von 2020 einen massiven Anstieg der Zahlen bei Dienstunfähigkeiten und begrenzten Dienstfähigkeiten mit verursachten. Von Seiten des Dienstherrn versuchte man, dem Lehrkräftemangel mit einem Gesamtkonzept zur Unterrichtsversorgung zu begegnen, das diese im nächsten Schuljahr sichern soll. Eine wichtige und richtige Maßnahme, die aber nur kurzfristig greift und leider noch die wichtigen Gruppen der Fach- und Förderlehrkräfte außer Acht lässt, die ebenfalls an den Schulen fehlen. Auf lange Sicht brauchen wir aber dringend eine langfristige und nachhaltige Strategie gegen den Lehrkräftemangel, der uns noch über Jahre hinweg beschäftigen wird.“

Gerd Nitschke ergänzt: „Das Notmaßnahmenpaket des damaligen Bayerischen Kultusministers Michael Piazolo aus dem Jahr 2020 brachte nicht nur eine Einschränkung der Teilzeitmöglichkeiten für Lehrkräfte mit sich. Im Rahmen eines Arbeitszeitkontos wurden Grundschullehrkräfte außerdem dazu verpflichtet, für die Dauer von fünf Jahren eine Unterrichtsstunde mehr pro Woche zu leisten. Dagegen haben wir vor dem Verwaltungsgerichtshof geklagt und gewonnen. Seit dem 7. Juli 2025 ist dieses Urteil auch endgültig rechtskräftig. All diese Fakten sollten ein klares Zeichen an die Politik sein, Zwangsmaßnahmen endgültig ad acta zu legen.“ 

Als Schülerin ließ die Bayerische Staatsregierung hier also zuletzt eine vorausschauende Planung und eine sorgfältige Rekapitulation des Gelernten vermissen, wie der BLLV feststellen muss. Die weiteren Fortschritte werden wir hier natürlich im Blick behalten.

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10. Wir brauchen endlich eine zukunftsfähige Lehrkräftebildung

Die Anforderungen an Schule haben sich deutlich verändert - und sie werden weiterwachsen. Angehende, aber auch erfahrene Lehrkräfte fühlen sich schlecht auf aktuelle und künftige Herausforderungen vorbereitet: Der mangelnde Berufsfeldbezug, neue Herausforderungen wie Inklusion, Integration und Digitalisierung machen eine Reform der Lehrkräftebildung erforderlich.

Das zurzeit praktizierte starre Konzept verhindert auch, flexibel auf veränderte Anforderungen und Bedarfe reagieren zu können. Das bekommen wir alle deutlich zu spüren. Einerseits fehlen an einigen Schularten massiv Lehrkräfte, andererseits stehen junge Lehrerinnen und Lehrer auf der Straße.

In einem langjährigen partizipativen Prozess hat der BLLV deshalb das „Flexible Lehrkräftebildungsmodell“ entwickelt und seine Erfahrungen in die „Expertenkommission zur Weiterentwicklung der Lehrkräftebildung“ eingebracht, deren Ergebnisse im Mai 2025 vorgestellt wurden. „Das Ergebnis ist ein erstklassiges elaboriertes und konsistentes Konzept. Die Unterteilung in kurzfristige, mittelfristige und langfristige Maßnahmen schafft große Freiräume für die Umsetzung. Und das Gutachten ist geprägt von umfassenden qualitativen und quantitativen Verbesserungen. Die Umsetzung der Reformvorschläge könnte die Bildungsqualität an unseren Schulen enorm erhöhen. Darüber hinaus würden sowohl der Stellenwert der Lehrkräftebildung an den Universitäten als auch die Attraktivität des Lehrberufs an allen Schularten deutlich verbessert“, ist Simone Fleischmann überzeugt. 

Die BLLV-Präsidentin ergänzt: „Viele Punkte aus unserem Konzept sind jetzt in das Gutachten der Kommission eingeflossen. Nun beginnt ein professioneller, gut zu begleitender und von uns natürlich genau beobachteter Prozess der Implementierung dieser Ergebnisse. Es besteht die historische Chance, mit der Umsetzung der Ergebnisse aus dieser einmaligen Kommission die Lehrkräftebildung zu verbessern und die Bildungsqualität an bayerischen Schulen zu steigern. Das Ergebnis muss sein, dass die Besten in Zukunft  Lehrerinnen und Lehrer werden wollen und dann die Ausbildung bekommen, die sie brauchen, um zu exzellenten Lehrkräften zu werden.“ Wie bei vielen vom BLLV positiv bewerteten Punkten, wird hier abzuwarten sein, wie es weitergeht und die Umsetzung wird am Ende entscheidend sein für die Bewertung.

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11. Klare Profilierung von Fachlehrkräften

Kultusministerin Anna Stolz hat es als eines ihrer großen Anliegen definiert, die Situation der Fachlehrkräfte an allen Schularten zu verbessern. Dafür hat sie eine eigene „Arbeitsgruppe zur Weiterentwicklung der Beschäftigtengruppe der Fachlehrkräfte“ eingerichtet, an der auch BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann und der 1. Vizepräsident des BLLV, Gerd Nitschke, teilnahmen, um sich für die Anliegen der Fachlehrkräfte an Grund-, Mittel-, Förder- und Realschulen einzusetzen und die Wertschätzung sowie den Einsatz des BLLV für die Fachlehrkräfte zu unterstreichen.

Per Brief teilte Stolz den Fachlehrkräften die Ergebnisse mit: eine Optimierung der Einsatzbedingungen, mehr Anrechnungsstunden für besondere Aufgaben, eine digitale Ausstattung der Fachräume, pädagogische Unterstützungskräfte, Nachwuchsförderung, den Ausbau der Ausbildungskapazitäten und Möglichkeiten für eine professionelle Weiterqualifizierung. Das ist es, was die Ministerin erreichen will. Ein großer Erfolg, der auch durch die intensive Beteiligung des BLLV gelang. „Das Kultusministerium hat verstanden: Bessere Arbeitsbedingungen und weitere Karrierechancen müssen her. Durch die mögliche Weiterqualifizierung zur ‘Fachberatung Inklusion in praxisorientierten Fächern’ bekommen die Kolleginnen und Kollegen die Chance, die nächste Qualifikationsebene zu erreichen“, lobt deshalb auch die BLLV-Präsidentin. Allerdings bleibt jetzt abzuwarten, wann welche Verbesserungen wirklich an den Schulen und bei den Fachlehrkräften ankommen – für den BLLV die zentrale Frage in diesem Prozess. 

„Ein großer Teil der in der Arbeitsgruppe angesprochenen Punkte ist jetzt klar benannt. Was fehlt, ist ein klarstellendes Ausführungs-KMS dazu“ so Gerd Nitschke. „Eine mündliche Ansage bei Dienstbesprechungen genügt uns nicht. Alle müssen wissen, wie Fachlehrkräfte Erleichterungen beim Einsatz erhalten, um täglich gesund für unsere Schülerinnen und Schüler da zu sein.“ Am Ende werden der BLLV und die Fachlehrkräfte die Staatsregierung danach bewerten, inwiefern sie ihr „Lernziele“ nachhalten und echte Verbesserungen erreichen.

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12. Ein pädagogisch sinnvoller und korrekter Einsatz von Förderlehrkräften

Die Situation der Förderlehrkräfte bleibt ein Dauerthema, auch weil zuletzt immer öfter Drittkräfte oder pädagogische Unterstützungskräfte unterrichtliche Aufgaben übernehmen, die ursprünglich von Förderlehrerkräften geleistet wurden. Schulleitungen stoßen an Grenzen, weil sie keine spezifischen Stunden zum Einplanen der Förderlehrkräfte bekommen, während die Förderlehrkräfte gleichzeitig oft für unterrichtliche Einsätze herangezogen werden, obwohl sie eigentlich ausschließlich für die Förderung und außerunterrichtliche Maßnahmen vorgesehen sind. 

Hier wird es in Zukunft essenziell sein, den pädagogisch sinnvollen und korrekten Einsatz von Förderlehrkräften einzufordern und klar zu kommunizieren. Gerade deshalb war es ernüchternd, dass die Petition des BLLV im Bildungsausschuss gegen die Einberechnung der Förderlehrkräfte in die Lehrerversorgung – fast wie erwartet  – von den Mitgliedern der Regierungsparteien abgelehnt wurde. Immerhin ist es dadurch aber gelungen, dass das Kultusministerium klare Statements zum Einsatz von Förderlehrkräften abgeben musste und den Abgeordneten die verbindlichen Rahmenbedingungen des Einsatzes dargelegt wurden. Positiv war im letzten Jahr, dass neue Qualifikationsmöglichkeiten geschaffen wurden, auch wenn der BLLV betonte, dass bei einer Weiterführung der Maßnahme die Kriterien und Beschreibungen konkreter und verständlicher formuliert werden müssen.

„Der BLLV setzt sich weiterhin intensiv für eine Verbesserung der Situation der Förderlehrerinnen und Förderlehrer ein“, betont Gerd Nitschke. „Besonders wichtig sind für die Kolleginnen und Kollegen eine Gleichsetzung der Unterrichtspflichtzeit, bessere Beförderungschancen, höhere Zulagen und mehr Anrechnungsstunden. Und gerade, weil unsere Förderlehrkräfte exzellent ausgebildete Spezialistinnen und Spezialisten sind, die mit enormem Engagement alles für die Kinder und Jugendlichen geben, ist ihr sinnvoller und bestimmungsgemäßer Einsatz an den Schulen nicht nur richtig und wichtig, sondern etwas, das wir im Sinne der betroffenen Kinder und der gesamten Schule sicherstellen müssen. Denn das ist die angemessene Wertschätzung für die Leistung unserer Förderlehrkräfte.“

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13. Digitalisierung: Planungssicherheit und Eigenverantwortlichkeit der Schulen statt Verunsicherung

Planungssicherheit statt Schlingerkurs 

Die Schulen haben sich im vergangenen Schuljahr mit großem Engagement den Herausforderungen der Digitalisierung gestellt – trotz widriger Rahmenbedingungen. Antje Radetzky, Schulleiterin und Leiterin der Abteilung Berufswissenschaft im BLLV: „Positiv bewerten wir das jüngste Kultusministerielle Schreiben (KMS) zur Rolle der Systemadministrator:innen, das endlich über die eigentlichen Zuständigkeiten aufklärt. Doch ein Rollenpapier ersetzt keine Ressourcen. Viele Sachaufwandsträger berufen sich weiterhin auf den Städtetag und verweisen auf das Kultusministerium als zuständig – und umgekehrt. Die Aufgaben der Systemadministrator:innen und die Zahl der Geräte vor Ort sind in den letzten Jahren enorm gestiegen. Dazu kamen Aufgaben im Zusammenhang mit der Plattform  „BayernCloud Schule“ (ByCS), dem Bayerischen Lesescreening (BYLES), den neuen Sprachstandstests (BaSiS) und vieles mehr - die Anzahl der Anrechnungsstunden blieb jedoch gleich.“

Wie Antje Radetzky erläutert, gibt es außerdem weiterhin eklatante Lücken in der Ausstattung: „Ersatzteile für Lehrerdienstgeräte sind nicht förderfähig und Software sowie Lizenzen bleiben oft unberücksichtigt – auch, weil sie in kommunalen Haushalten nicht eingeplant wurden. Der BLLV fordert hier gezielte Nachsteuerung: Nachhaltigkeit heißt auch Wartung, Support und Fortbildung. Viele Kollegien kämpfen mit großen Netzwerken und komplexer Technik – ohne ausreichende personelle Entlastung.“

Finanzierung mit Weitblick – auch bei der Digitalisierung

„Als positives Signal werten wir das neue KI- und Medienbudget, das jeder Schule zur Verfügung steht“, so Radetzky weiter, allerdings schränkt sie ein, dass die Mittel knapp bemessen sind. Jede Schulleitung muss selbst entscheiden, welche Tools angeschafft werden sollen. Besonders für Grund- und Mittelschulen mit dünner Personaldecke und fehlenden Fachschaften bedeutet das eine hohe Belastung. Lehrkräfte, die die Schule wechseln, müssen sich oft in völlig neue Systeme einarbeiten – auch das kostet Zeit und Energie, die im pädagogischen Alltag fehlt.

Nicht zuletzt bereitet auch die Ausstattung der Lehramtsanwärter:innen Probleme: Viele erhalten ihre Ausbildungsgeräte sehr spät, manche dann nach dem Start des Schuljahres erst im Oktober und diese funktionieren dann teils erst im Januar. „Nach Aufklärung durch Datenschutzbeauftragte nutzten viele ihre Geräte dann gar nicht mehr – aus Sorge, etwas falsch zu machen. Der ursprünglich von den Seminarschulen übernommene Weg passt nicht zu den Grund- und Mittelschulen. Hier wäre eine Ausstattung mit einem Lehrerdienstgerät der Stammschule deutlich praxistauglicher und besser kompatibel mit den Gegebenheiten vor Ort“, erläutert BLLV-Expertin Radetzky.

Verunsicherung durch den Kurswechsel der Staatsregierung bei der Digitalisierung

Zusätzliche Verunsicherung brachte der abrupte Kurswechsel bei der „Digitalen Schule der Zukunft“. Das ambitionierte Leuchtturmprojekt wurde im Juni deutlich zurückgefahren: Tablets sollen nun erst ab Jahrgangsstufe 8 eingesetzt werden – entgegen der ursprünglichen Planungen. Viele Schulen, die bereits medienpädagogisch fundierte Konzepte entwickelt und umgesetzt haben, sehen sich damit ausgebremst. Dennoch gilt: Viele haben sich auf den Weg gemacht, vieles funktioniert – mit dem Mut der Schulen und dem Know-how der Lehrkräfte.

Der BLLV fordert, dass die Schulen für diesen Einsatz nicht weiter gebremst werden. Was es braucht, sind: verlässliche Zuständigkeiten, langfristige Planungssicherheit und gezielte Förderung. Lehrerinnen und Lehrer zeigen tagtäglich, dass Digitalisierung gelingen kann – wenn man sie denn lässt.

Streit um 1:1-Ausstattung mit digitalen Endgeräten: Schulen brauchen Vertrauen statt Verbote

Im aktuellen Schuljahr konnten alle staatlichen Schulen mit zwei Jahrgangsstufen der Sekundarstufe mit dem 1:1-Ausstattungsprojekt „Digitale Schule der Zukunft“ starten. Ziel war es, alle Schüler:innen mit einem digitalen Endgerät auszustatten, wobei der Freistaat bis zu 350 EUR pro Gerät erstattete. Für die Schulen bedeutete dies eine große Herausforderung, da pädagogische Konzepte, Fortbildungen, Elternarbeit, technisches Know-how und verändertes Klassenmanagement notwendig waren. Dennoch meisterten viele Schulen diese Anforderungen mit großem Engagement.

Besonders wichtig ist: Weder Lesen, Handschrift noch Schreiben wurden dadurch vernachlässigt. Vielmehr gelang es den Schulen, klassische Bildungsinhalte sinnvoll mit der digitalen Lebenswelt der Schüler:innen zu verbinden und so einen modernen, ganzheitlichen Unterricht zu gestalten.

Eigenverantwortlichkeit der Schulen bei der Digitalisierung

„Trotz dieser positiven Entwicklungen stoppte Ministerpräsident Söder Anfang Juni unerwartet die weitere Ausstattung unterhalb der 8. Jahrgangsstufe und äußerte pauschale Kritik an der Digitalisierung. Eine Ausnahme werden so genannte ‘Profilschulen‘ sein, die noch definiert werden müssen und für die die Regelung unterhalb der 7. Jahrgangsstufe gilt. Viele Beteiligte fühlten sich dadurch vor den Kopf gestoßen und verunsichert. Dabei ist unbestritten, dass es in neuen Projekten Anlaufschwierigkeiten gibt – diese müssten jedoch durch gezielte Unterstützung und nicht durch Verbote behoben werden“, so Felix Behl, Leiter des Referats Digitalisierung im BLLV.

Der BLLV fordert, dass Schulen weiterhin eigenverantwortlich entscheiden können, ab welcher Jahrgangsstufe sie die 1:1-Ausstattung umsetzen. Ein generelles Verbot für die Unterstufe ist ebenso falsch wie eine verpflichtende Einführung ab Klasse 5. Entscheidend ist, dass Schulen vor Ort selbst über den besten Zeitpunkt entscheiden dürfen. Zugleich fordert der BLLV zusätzliche Zeitressourcen für die Lehrkräfte, die diese Entwicklung federführend begleiten – besonders, wenn sie neben ihren Unterrichtsaufgaben auch organisatorische Aufgaben wie die Antragsprüfung übernehmen.

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14. Verfassungsviertelstunde: Guter Gedanke – schwierige Umsetzung

Die Einführung der Verfassungsviertelstunde ist ein wichtiges Zeichen: Demokratiebildung wird gestärkt – und zum Glück nicht benotet. Der BLLV begrüßt ausdrücklich die Gestaltungsmöglichkeiten vor Ort, die Partizipation der Schülerinnen und Schüler sowie die angekündigte Unterstützung durch das ISB-Portal (Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung) und begleitende Fortbildungen im neuen Rahmenplan.

Gleichzeitig zeigt sich in der Praxis: Die Umsetzung bleibt schwierig. In vielen weiterführenden Schulen werden Inhalte auf verschiedene Lehrkräfte verteilt und formal „abgehakt“. Doch Demokratie muss erlebt werden – und das gelingt nicht in einer Viertelstunde pro Woche.

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15. Entbürokratisierung auch im Kleinen

„Vieles wurde im Kultusministerium angegangen im letzten Jahr und einige Entwicklungen und Gespräche machten den Lehrkräften durchaus Hoffnungen auf eine positive Entwicklung. Schon im Januar haben wir aber auch bemängelt, dass bei allen Initiativen, Arbeitsgruppen und Gesprächen oft weniger Aktionismus und mehr machbare Lösungen und Verbesserungen wünschenswert wären. Das gilt in vielen der genannten Bereiche, aber nicht zuletzt auch bei der Entbürokratisierung, wo viele einfache Verbesserungen immer noch ewig brauchen, bis sie umgesetzt werden“, so Simone Fleischmann.

So ist der Umgang mit Schülerakten eines von vielen Beispielen, wo einfache Verbesserungen nicht vorankommen, wie Andreas Rewitzer, Leiter der Rechtsabteilung im BLLV, erläutert: „Wir haben dem Kultusministerium schon mehrfach  Vorschläge gemacht, wie hier sowohl vereinfacht auch als entbürokratisiert werden könnte. Konkret fordern wir, dass zwischen staatlichen Schulen alle Akten von der Einschulung bis zum Ende der Schulzeit eines Kindes weitergegeben werden. Dies würde sowohl Zeit sparen, da nichts mehr umständlich und händisch aussortiert werden müsste, als auch den aufnehmenden Schulen ein fundiertes Verständnis von neuen Schülerinnen und Schülern ermöglichen. Vor allem die Kinder und Jugendlichen würden stark davon profitieren, wenn die aufnehmenden Schulen ein umfassenderes Bild von neuen Schülerinnen und Schülern hätten. Das gilt für Herausforderungen, die gemeistert werden müssen, ebenso wie für die individuelle Förderung. Hier werden täglich wichtige Potenziale unnötig vergeben.“

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16. Wertschätzung und Fürsorgepflicht

Aber auch noch ein anderes Thema beschäftigte die Juristinnen und Juristen des BLLV im letzten Jahr häufiger. „Was uns kontinuierlich begleitet, ist die oft mangelnde Fürsorge des Freistaats gegenüber seinen Lehrerinnen und Lehrern in Fällen von verbalen Entgleisungen bis hin zu physischen Angriffen im schulischen Umfeld – sei es durch Eltern, Schülerinnen und Schüler oder durch Dritte. Oft werden solche Vorfälle, beispielsweise von vorgesetzten Stellen in der Schulaufsicht, nicht ernstgenommen oder mit lapidaren Kommentaren abgetan. Die Kolleginnen und Kollegen werden damit oft alleine gelassen. Hier ist es dringend geboten und höchste Zeit, dass endlich ein Sinneswandel eintritt und man sich so vor seine Beschäftigten stellt, wie das in anderen Beamtenbereichen auch der Fall ist“, betont Rewitzer.

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